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Recht 17.11.2025

Schwangerschaft in der Praxis – Wann ein Beschäftigungsverbot wirklich gerechtfertigt ist



Schwangere oder stillende Zahnärztinnen und Kieferorthopädinnen dürfen nicht automatisch vom Behandlungsstuhl ferngehalten werden. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt ihre Gesundheit, soll aber zugleich ihre berufliche Teilhabe sichern. In vielen Praxen herrscht dennoch stetige Unsicherheit, ob die Behandlung von Patientinnen und Patienten während Schwangerschaft oder Stillzeit fortgesetzt werden darf. Die Antwort lautet: Ja – sofern keine unverantwortbare Gefährdung besteht.

Schwangerschaft in der Praxis – Wann ein Beschäftigungsverbot wirklich gerechtfertigt ist

Foto: Salomi art – stock.adobe.com

Gesetzlicher Ausgangspunkt: Schutz ja, aber keine pauschalen Verbote

Das MuSchG verpflichtet Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass schwangere und stillende Frauen ihre Tätigkeit fortsetzen können. Grundlage ist die individuelle Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG.

Sie soll klären, welche Risiken im konkreten Fall bestehen und wie sie vermieden oder ausreichend minimiert werden können.

Ein Beschäftigungsverbot darf erst dann ausgesprochen werden, wenn trotz geeigneter technischer, organisatorischer oder persönlicher Schutzmaßnahmen eine unverantwortbare Gefährdung verbleibt. Nach § 9 Abs. 2 S. 2 MuSchG liegt diese nur vor, wenn das Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung im Verhältnis zur möglichen Schwere des Schadens nicht mehr vertretbar ist. Das Gesetz verlangt somit keinen vollständigen Ausschluss jedes denkbaren Risikos, sondern eine sachgerechte Abwägung.

Typische Risiken in zahnärztlichen und kieferorthopädischen Praxen

In zahnärztlichen und kieferorthopädischen Praxen stehen insbesondere chemische und biologische Einflüsse im Mittelpunkt der Gefährdungsbeurteilung. Zeigt sich eine erhöhte Infektionsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, greifen Biostoffverordnung und arbeitsmedizinische Vorsorge. Bei regelmäßigem direktem Kontakt zu Kindern wird der Immunschutz gegen Pertussis, Masern, Mumps, Röteln und Varizellen überprüft. Bei Tätigkeiten mit regelmäßigem und umfangreichem Kontakt zu Körperflüssigkeiten oder mit erhöhter Verletzungs- bzw. Aerosolgefährdung erfolgt zusätzlich die Prüfung auf Hepatitis B und C. Für impfpräventable Erreger wird ein Impfangebot auf Kosten der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers unterbreitet.

Nach aktuellem arbeitsmedizinischem Kenntnisstand besteht bei Einhaltung der geltenden Schutzmaßnahmen keine unverantwortbare Gefährdung. Der Betriebsarzt der Zahnärztekammer Berlin, Priv.-Doz. Dr. Dr. Gerber, kommt in einer Veröffentlichung vom März 2025 zu dem Ergebnis, dass bei sachgerechtem Einsatz dieser Schutzmaßnahmen keine unverantwortbare Gefährdung für schwangere oder stillende Zahnärztinnen und Kieferorthopädinnen besteht.

Was Praxisinhaber beachten sollten

Ein pauschales Beschäftigungsverbot für schwangere oder stillende Zahnärztinnen oder Kieferorthopädinnen lässt sich weder medizinisch noch rechtlich begründen. Praxisinhaber/-innen sollten deshalb:

  • Für jede Tätigkeit im Vorfeld eine Gefährdungsbeurteilung vorhalten,
  • die erforderlichen Schutzmaßnahmen dokumentieren und regelmäßig überprüfen,
  • die Arbeitsabläufe gegebenenfalls anpassen, bevor über ein Beschäftigungsverbot entschieden wird.

Erst wenn trotz aller Schutzmaßnahmen eine unverantwortbare Gefährdung verbleibt, ist ein Beschäftigungsverbot zulässig.

Fazit

Das Mutterschutzgesetz verlangt keine pauschalen Verbote, sondern verantwortungsvolle Einzelfallentscheidungen. In zahnärztlichen und kieferorthopädischen Praxen ermöglicht eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung in aller Regel die Weiterbeschäftigung schwangerer und stillender Behandlerinnen am Behandlungsstuhl. So werden Gesundheitsschutz und berufliche Teilhabe gleichermaßen gewährleistet – und unnötige Benachteiligungen vermieden.

KN Kieferorthopädie Nachrichten 11/25

KN Kieferorthopädie Nachrichten


Dieser Beitrag ist in der KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.

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