Laserzahnmedizin 09.03.2012

Physikalische Herpes-simplex-Virus-1-Therapie mit dem Diodenlaser



Physikalische Herpes-simplex-Virus-1-Therapie mit dem Diodenlaser

In der Fachliteratur werden Therapieerfolge in den Herpes-simplex-Virus-1(HSV-1)-Behandlung mittels der Laserbehandlung sehr kontrovers diskutiert. Einerseits werden Patientendokumentationen präsentiert, die mit einer sofortigen oder zeitnahen Schmerzausschaltung und einer drastischen Verkürzung der Herpesphasen gekoppelt sind (Förster, Cernavin, Deumer 2010), andererseits stehen dem Berichte gegenüber, die die Lasertherapie als Triggerfaktor von Herpes-simplex-Virus-1 Rezidiven bezeichnen (Groß 2003). Es ist von allgemeinem klinischen Interesse, den Ursachen der stark divergierenden Therapieerfolge nachzugehen.

Die Durchseuchungsrate der deutschen Bevölkerung mit dem HSV-1 ist sehr hoch, sie liegt bei ca. 90% (Whitley 2002). Die regelmäßig eingesetzten Chemotherapeutika in der Behandlung der HSV-1-Infektion sind allgemein anerkannt, jedoch dürfen die nephro- und hepatotoxischen Nebenwirkungen nicht unberücksichtigt bleiben. Bei der Aciclovirtherapie kommt es zu einer deutlichen Herabsetzung der Antikörper Cytokin und Interferon y (Hayashi et al. 1997). Zuletzt bleibt zu erwähnen, dass unabhängig der hohen Durchseuchungsrate dem HSV-1-Virus schwerste allgemeine Erkrankungen zugeordnet werden (Hashido et al. 1997; Liu et al. 2001; Whitley et al. 2001). Zu alledem muss man hervorheben, dass 98% aller befragten Patienten mit den bisherigen Behandlungsmethoden nicht zufrieden sind und eine Schmerzausschaltung subjektiv nicht wahrgenommen haben (Deumer Masterarbeit 2010). Die Bläschen sind sehr schmerzhaft, und das umliegende Gewebe ist stark berührungs­dolent. Die betroffenen Patienten unterliegen einem starken Leidensdruck.
Diese Anwendungsbeobachtung sollte zum einen der Frage nachgehen, inwieweit der Krankheitsverlauf durch standardisierte Laserparameter verkürzt werden kann, und zum anderen die Frage beantworten, ob eine Analgesie unabhängig der Hautpigmentierung und dem Lippenrot bei einheitlichen Laserparametern erreicht werden können.

Material und Methode

Die Anwendungsbeobachtung stellt die physikalische Therapie der Diodenlaserbehandlung, 810nm, unter Festlegung der Fragestellung Schmerzausschaltung und Verkürzung der Herpesstadien schematisch dar (n = 101 Patienten). Für diese Beurteilung der symptomatischen Verläufe der HSV-1-Infektionen wurden die Ausgangsphasen eins bis drei nach der Schematisierung von Whitley (2001) einbezogen. Die Datengewinnung bzw. Behandlung erfolgte in der Zeit zwischen Juni 2008 bis Juni 2010. Die Laserparameter waren, unabhängig der Patientenparameter (Hauttyp) und der Herpesphasen (Stadium eins bis drei nach Whitley), bei jeder Behandlung identisch. Es erfolgten jeweils zwei Behandlungen im Abstand von 24 Stunden (± vier Stunden).
Die Laserparameter aus eigener Vorstudie (Deumer Masterarbeit 2010, Abb. 1) waren:
– Diodenlaser Q810, A.R.C.
– Wellenlänge: 810nm
– Betriebsart: Dauerstrich (cw)
– 1 Watt
– Behandlungsdauer : 30s/cm2
– Faser: 300µm
– Abstand zur Hautoberfläche: 8mm

Die erkrankte Hautoberfläche wurde in der Maßeinheit cm2 mithilfe einer Schablone bestimmt. Die vielfältige dreidimensionale Oberflächentopografie der Haut wurde in der Berechnung nicht berücksichtigt und auch in der Behandlung vernachlässigt, d.h. der Faserabstand zur Hautoberfläche bezog sich auf die gesunden Hautrandbereiche der Effloreszenz. Das ödematös veränderte Gewebe und die erhabenen Papeln und Vesikel blieben im Abstand zur Hautoberfläche unberücksichtigt. Die Faserführung erfolgte senkrecht zur Hautoberfläche. Die Laserbehandlung begann im gesunden Randbereich und verlief dann mit kreisförmigen Bewegungen zum Zentrum der Hauteffloreszenz. Die Patienten wurden wie folgt aufgeklärt:
1.    Keine Berührung der Wunde.
2.    Desinfektion der Hände.
3.    Dexpanthenol-Salbe bei trockenen Lippen, Auftragung mittels Wattestäbchen.
4.    Verwerfen aller bislang angewendeten Kosmetika und sonstiger Utensilien, welche direkt mit der Infektion in Kontakt gekommen sind.

Datenerhebung

In der Gesamtheit der untersuchten Patienten entfallen 88% (89 Patientinnen) auf das weibliche und 12% (12 Patienten) auf das männliche Geschlecht (Abb. 2). Die These, dass Frauen häufiger die HSV-1-Symptomatik als Männer zeigen, wird durch die Fallzahl erst einmal bestätigt. Sie bleibt jedoch durch alleinige Auswertung dieser Anwendungsbeobachtung unbelegt. Die Altersverteilung der einbezogenen Patienten im Untersuchungszeitraum zeigt, dass der HSV-1-Infektion in jedem Alter auftreten kann (Abb. 3). Es wird hierbei nicht unterschieden, ob es sich um Patienten mit einer Erstinfektion oder um Patienten mit einem Rezidiv handelt. Die größte Gruppe der behandelten Patienten mit 95% bilden die älter als 18-Jährigen. Dies ist nicht verwunderlich, da die HSV-1-Infektion eine persistierende Infektion ist, die Triggerfaktoren für ein Rezidiv benötigt (Gross et al. 2003). Diese äußeren Einflüsse, wie zum Beispiel Sonneneinwirkung und Stress, sind in der Regel im Erwachsenenalter manifestiert. Des Weiteren darf nicht unbeachtet bleiben, dass die Form meiner Datenerhebung die Kleinkinder nicht erreicht haben dürfte. Der Behandlungsbeginn umfasste die Herpes-Stadien eins bis drei. Die Krustenphase wurde vom Therapiebeginn ausgeschlossen, da dies das Therapieziel war. Die Phase eins zu erfassen, war sehr schwierig (Abb. 4). Nach einer Inkubationszeit von sechs bis acht Tagen entstehen die Bläschen in weniger als zwölf Stunden (Lamey und Biagioni 1996). Bis auf 7% der Patienten war es mir nicht möglich, dieses Stadium zu therapieren. Es wurden 68% der 101 Patienten im Stadium zwei behandelt. Typischerweise findet man zunächst klare Bläschen, die sich später eitrig eintrüben (Braun et al. 2007). Die Einteilungsmöglichkeiten der Krankheitsstadien erlauben eine Gliederung in die Papel- und Vesikelphase (Gilbert et al. 2007). In meiner statistischen Auswertung wurde keine Unterteilung der Bläschenqualität vorgenommen, sondern nur als Stadium zwei, das Bläschen-Stadium, bezeichnet. War im klinischen Krankheitsbild ein Verschmelzen der Vesikel und nässende Wunden zu erkennen, so wurde es der Phase drei zugeordnet, das mit 25% in die statistische Erhebung einfloss.

Schmerzausschaltung

Im Rahmen meiner Anwendungsbeobachtung beschäftigte ich mich besonders damit, ob eine Analgesie unter der physikalischen Therapie, Laserbehandlung, möglich ist. Diese Frage wurde durch die standardisierte Lasereinstellung intensiviert. Die gewählte Lasereinstellung bezog sich auf Daten meiner Masterarbeit (Deumer 2010), die gute Behandlungserfolge widerspiegelte. Eine Unterscheidung der unterschiedlichen Hautpigmentierungen und der Vielzahl des Lippenrots blieb unberücksichtigt (Moll 2005). Die Schmerzausschaltung mit dem Diodenlaser lag bei 97% (n = 101, Abb. 5 und 6). Die Ergebnisse decken sich mit der Schmerzausschaltung mittels ­Laserbehandlung in anderen Fachbereichen (Lampert, Gutknecht, Deumer 2010; Simunovic 2000; Bernatzky 2007; Schwabe 2002). Obwohl 67% aller Patienten innerhalb der ersten Stunde schmerzfrei waren und insgesamt bei 97% aller Patienten eine analgesierende Wirkung erreicht wurde, muss dieses Ergebnis sehr kritisch beurteilt werden, da Schmerz eine komplexe subjektive Sinneswahrnehmung ist. Die entstehenden Aktionspotenziale in den Nozizeptoren werden peripher über die Axone und Dendriten auf das 2. Neuron im Rückenmark umgeschaltet. Dort gelangen sie über die Formatio reticulare zum limbischen System. In dieser zentralen Schaltstelle werden die Aktionspotenziale als Schmerz wahrgenommen (Raßler 1995, Abb. 7).

Verkürzung der Herpesepisode

Darüber hinaus sollte die Anwendungsbeobachtung überprüfen, ob über eine einheitliche Lasereinstellung bei HSV-1-Infektionen die Hautpigmentierung, insbesondere das Melanin und das Lippenrot, vernachlässigt werden dürfen. Eine Lippenherpes-Episode dauert unbehandelt mindestens sieben bis zehn, teilweise bis zu 14 Tagen. Die HSV-1-Infektion ist in ihrem Verlauf typischerweise durch fünf Phasen gekennzeichnet (Whitley et al. 2001).  Die Inkubationszeit der HSV-1-Infektion beträgt sechs bis acht Tage. Die Bläschen entstehen dann in weniger als zwölf Stunden. Übertragen wird das Virus durch die Tröpfchen- und Schmierinfektion. Vom Ort der Infektion wandert das Virus über Nervenbahnen in das Ganglion Trigeminale, wo es dann sein genetisches Material in den Zellkern ablegt (Matz 2004). Unter der Lasertherapie wurde nach zweimaliger Behandlung das Krustenstadium mit 94% (n = 101) erreicht (Lampert, Gutknecht, Deumer 2010; Abb. 8). Es ist erkenntlich, dass die Behandlung mit dem Diodenlaser bei 94% der Patienten zu einer eindeutigen Verkürzung der HSV-1-Symptome führte und zum anderen, dass die einzelnen Phasen der HSV-1-Infektion teilweise übersprungen wurden (siehe Abb. 9–12).

Zusammenfassung

Diese Anwendungsbeobachtung sollte klären, ob es empfehlenswert ist, eine standardisierte Lasereinstellung bei HSV-1-Infektionen anzuwenden. Ist die Vernachlässigung von Hauttypen ratsam oder muss dieser Parameter berücksichtigt werden. Die Lippe ist pigmentlos oder besitzt nur vereinzelte Melanineinlagerungen. Die Schmerzfreiheit unter der Behandlung liegt bei 97% (n=101). Die Ergebnisse decken sich mit der Schmerzausschaltung mittels Laserbehandlung in anderen Fachbereichen (Simunovic 2000, Bernatzky 2007, Schwabe 2002). Darüber hinaus sollte verdeutlicht werden, inwieweit die Laserbehandlung bei standardisierten Parametern in den Krankheitsverlauf der HSV-1-Infektion eingreift. Ausgangssituationen waren die HSV-1-Phasen eins bis drei (Einteilung Whitley). Als Bewertungskriterium für eine erfolgreiche Behandlung wurde das Stadium vier ­festgesetzt. Die Diodeneinstellung war: 810nm, 1 Watt, 300µm Faser, 30s/cm2, Dauerstrichbetrieb. Der Hauttyp wurde vernachlässig. Bei 94% der Patienten (n = 101) unabhängig des Behandlungsbeginns konnte bereits nach zwei Tagen das Krustenstadium dokumentiert werden.

Fazit

Zuletzt bleibt zu erwähnen, dass die Diodenlaserbehandlung mit großer Begeisterung von 97% (n = 55) der Patienten aufgenommen wurde (Deumer Masterarbeit 2010), ob allerdings die Diodenlaserbehandlung eine ­erfolgreichere Behandlungsmethode als mit herkömmlichen Therapien darstellt, bleibt durch diese Anwendungsbeobachtung unbelegt. Jedoch zeigt dieser Anwendungsbericht, dass das Krankheitsbild HSV-1-Infektion noch viele Diskussionsansätze bietet.

Literatur beim Verfasser.

Mehr Fachartikel aus Laserzahnmedizin

ePaper