Zahntechnik 16.07.2012
Gegenüberstellung: Vollkeramik vs. Metallkeramik
Der Siegeszug der Vollkeramik scheint ungebrochen und lässt den Eindruck entstehen, dass andere Restaurationsmaterialien, wie die Metallkeramik, als überholt und nicht mehr zeitgemäß bewertet werden. Metallfreie Rekonstruktionen, basierend auf Zirkoniumdioxid als Gerüstmaterial, werden wegen der guten mechanischen Eigenschaften mittlerweile in fast jedem Dentallabor verarbeitet. Dies zeigt einerseits das große Interesse an zahnfarbenen Gerüstmaterialien, aber andererseits werden mehr als 60 Prozent der Restaurationen metallkeramisch gefertigt. Moderne Verblendkeramiken bieten hier durchaus eine zeitgemäße Alternative.
Mit der Planung einer Restauration entscheiden eine Reihe von Faktoren über die fallspezifischen Materialindikationen und deren Auswahl. Neben den allgemein üblichen Kriterien wie Ästhetik oder Herstellungskosten sind heute unbedingt ein möglichst minimaler Substanzabtrag der Zähne, die Erfolgsrate oder individuelle Faktoren wie Allergien oder Unverträglichkeiten zu berücksichtigen.
Differenzierte Betrachtungen zum Zirkoniumdioxid
Wenn man den Werkstoff Zirkoniumdioxid genauer betrachtet, so stellt sich die Frage, was heute darüber bekannt ist, welche klinischen und praktischen Erfahrungen vorliegen und was beim Verblenden mit keramischen Massen zu
berücksichtigen ist. Nach meiner Erfahrung sind die wichtigsten bekannten Punkte:
- Chipping-Probleme aufgrund der hohen Steifigkeit des Gerüstwerkstoffes
- Farbprobleme bei eingefärbten Gerüsten
- Größerer Platzbedarf bei korrekter Wandstärke der Gerüste (0,4–0,5mm Mindestschichtstärke)
- Hoher Aufwand bei der Herstellung
- Anwendung von Linern ist als Untergrund zur farbtreuen Reproduktion insbesondere bei dünnen Verblend-Schichtstärken notwendig (Abb. 1 und 2)
- Bei geringem Zahnhartsubstanzabtrag sind „keine“ signifikant besseren ästhetischen Ergebnisse gegenüber der Metallkeramik zu realisieren.
Für die erfolgreiche Anfertigung einer metallfreien Restauration ist es empfehlenswert, Verblendkeramiksysteme anzuwenden, die in physikalischer und ästhetischer Hinsicht perfekt auf den Werkstoff Zirkoniumdioxid abgestimmt sind. In den vergangenen Jahren hat sich herausgestellt, dass Glaskeramiken ohne kristalline Strukturen und einer relativ niedrigen Brenntemperatur von ca. 820 °C empfindlich für Temperaturdifferenzen innerhalb der Brennkammer und einer ungleichmäßigen Abkühlung zum Gerüst sind. Trübungen, eine verfälschte Farbwiedergabe und eine erhöhte Bruchgefahr der Verblendung sind die Folge. Hochschmelzende, feldspatbasierende Mikroverblendkeramiksysteme wie die VINTAGE ZR Keramik erfüllen solche Anforderungen an ein für diese Hochleistungsgerüste entwickeltes Verblendke-ramiksystem in jeglicher Hinsicht. Das Gefüge zeigt nach dem Brennen eine besonders homogene Verteilung der Kristallphasen in der Matrix (Abb. 3). Mit dieser Zusammensetzung erreicht man zudem eine Lichtbrechung der keramischen Prismen, die dem natürlichen Zahnschmelz sehr ähnlich ist (Abb. 4). Die hohen Brenntemperaturen von 960 °C für die Opaque Liner und eine Temperatur von 910–920°C für einen Dentinbrand gewährleisten zudem einen sicheren Verbund zum Gerüstwerkstoff Zirkonoxid und bieten alle anwendungsspezifischen Vorteile, die man bereits bei den hochschmelzenden Verblendsystemen für die Metallkeramik zu schätzen weiß (Abb. 5).
Betrachtungen zu einem modernen Keramiksystem
Welche Möglichkeiten würden sich in ästhetischer und wirtschaftlicher Hinsicht für die Anfertigung von metallkeramischen Restaurationen ergeben, wenn diese den lichtoptischen Eigenschaften (Lichtbrechungsindex) natürlicher Zähne sehr ähnlich wären? VINTAGE MP definiert eine metallkeramische Generation, konzipiert nach den aktuellsten Erkenntnissen der Keramiktechnologie. Durch einen neuartigen Fertigungsprozess wurde die hochreine Mikrokeramik an den Lichtbrechungsindex des natürlichen Zahnschmelzes und des Dentins angeglichen (Abb. 6a und b). Zielsetzung der Entwicklung dieses fluoreszierenden Metallkeramiksystems war es, darüber hinaus eine breite Indikationspalette zu schaffen, die für metallkeramische Legierungen in einem WAK-Bereich von 13,6–15,2x10-6K-1 gleichermaßen geeignet ist und insbesondere im Schmelzbereich Massen aufbietet, die den in der Natur vorkommenden Farbeffekten nachempfunden sind.
Bei der Entwicklung standen sechs Faktoren im Vordergrund:
- Ästhetik: Eine große Variation von Effekt-Farben mit Opaleszenz und Fluoreszenz
- einfaches Handling: Gute Modellier-eigenschaften und Brennstabilität
- Physikalische Eigenschaften: Große Kompatibilität mit metallkeramischen Legierungen: hochgoldhaltige, edelmetallreduzierte und edelmetallfreie Legierungen
- Farbtreue nach mehreren Bränden: Glass-coated Pigments
- Unterschiedlicher Lichtbrechungsindex von Dentin-/Schneidemassen in Analogie zu den natürlichen Zähnen
- Großer WAK-Bereich: 13,6–15,2x10-6K-1
Bei der Herstellung wurden besonders temperaturresistente Farbpigmente, sogenannte Glass-coated Pigments, entwickelt, deren Gefüge auch nach mehreren Brennvorgängen im Vergleich zu herkömmlichen Keramiken in der Kristall- und Glasphase kaum Veränderungen zeigt (Abb. 7). Die Angleichung des Lichtbrechungsindexes erleichtert auch einem weniger versierten Anwender, die lichtoptischen Eigenschaften natürlicher Zähne treffsicher wiederzugeben. Optische Effekte im Inzisalbereich, wie die Wiedergabe eines weißlichen Saums entlang der Inzisalkante, entstehen so bei korrekter Wiedergabe der Morphologie durch die ähnliche Lichtbrechung des keramischen Materials von selbst. Die feine Partikelstruktur bewirkt eine sehr gute Deckkraft und eine gute Standfestigkeit. Diese Eigenschaften machen es erstmals möglich, eine farbliche Gleichschaltung zu den vollkeramischen Systemen VINTAGE AL und VINTAGE ZR zu erreichen. „Ein Konzept für drei Keramiksysteme.“ Ob metallunterstützt oder metallfrei ist bei dem VINTAGE System somit nicht entscheidend (Abb. 8).
Die Qualität und die Haftungseigenschaften der gebrauchsfertigen Pastenopaker wurden ebenfalls erheblich gesteigert. Allein das Auftragen der ersten Opakerschicht mit Base Opaque bietet eine außergewöhnliche Deckkraft und einen sehr warmen Farbton, den man mit einer matten Vergoldung vergleichen kann. Mit einer Schichtstärke von nur 0,05mm werden die Farbprobleme durch das oxidierte Metallgerüst grundlegend eliminiert und eine perfekte farbstabile Keramikbasis sichergestellt (Abb. 9). Die gebrauchsfertigen VINTAGE MP Shade Opaker basieren auf einer ähnlich feinen Partikelstruktur wie der Base Opaque und schaffen eine äußerst deckende, homogene Farbschicht. Bereits nach einem Auftrag werden Kronen und Brücken einfach und schnell entsprechend der gewünschten Zahnfarbe grundiert. In Kombination angewendet, ist ein vollständiges Abdecken der Gerüste mit einer Schichtstärke von nur 0,1 mm sichergestellt. Gerade bei geringen Platzverhältnissen bleibt genügend Raum für die nachfolgende Schichtung (Abb. 10). Die glanzgebrannten und fertiggestellten VINTAGE MP Restaurationen zeigen unter allen Lichtverhältnissen ein natürliches Aussehen und sind optisch kaum von vollkeramischen Lösungen zu unterscheiden (Abb. 11).
Fazit
Vollkeramik/Zirkon
Zirkoniumdioxid ist ein zahntechnischer Werkstoff mit wichtigen Indikationen, der das Leistungsspektrum der Restaurationsmöglichkeiten erheblich erweitert. Dennoch muss einschränkend festgestellt werden, dass die ihm zugedachte Rolle als Substitut zahntechnischer Legierungen nur bedingt und keinesfalls vollständig ausgefüllt wird. Dem Werkstoff Zirkoniumdioxid fehlt die Biegeelastizität einer Metalllegierung.
Metallkeramik / VINTAGE MP
Metallkeramiken verfügen demgegenüber über einen hohen Sicherheitsfaktor, der auf über 50 Jahren klinischer Erfahrung basiert. Eine Tatsache, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Zurzeit werden trotz des vollkeramischen Siegeszuges mehr als 60 Prozent der Restaurationen als konventionelle VMK-Variante gefertigt. In diesem Zusammenhang wird zudem von einer deutlichen Zunahme der NE-Legierungen berichtet. Die bislang wesentlichsten Nachteile der Metallkeramik, wie das starke Durchscheinen der Opakerschicht sowie ein insgesamt gröberes ästhetisches Erscheinungsbild, werden bei VINTAGE MP durch den Einsatz der „glass-coated pigments“ und der Nanostruktur ausgeschaltet. Eine Schlüsselstellung kommt dabei der speziellen Zusammensetzung des Opakers und seiner Abstimmung mit den neu entwickelten Dentinmassen zu. In Verbindung mit den auf die natürlichen Vorgaben abgestimmten Lichtbrechungsindizes entsteht mit diesem Metallkeramiksystem die Möglichkeit, hochwertige Restaurationen zu erstellen, wie man sie bisher nur von metallfreien Restaurationen erwartete.
Meinen herzlichen Dank richte ich an dieser Stelle an Herrn ZTM Bernhard Egger, Füssen, und Herrn ZTM Andreas Dücomy für ihre fachliche Unterstützung zu diesem Fachbeitrag.
Autor: ZTM Ingo Scholten