Implantologie 11.11.2013

„Innovativ, biokompatibel und röntgendurchlässig“

„Innovativ, biokompatibel und röntgendurchlässig“

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PEEK ist die chemische Bezeichnung für Polyetheretherketon. Das Hochleistungspolymer zeichnet sich durch exzellente mechanische sowie chemische Eigenschaften aus. In der Humanmedizin wird das Material seit Langem für verschiedene Implantate eingesetzt. Künstliche Schädelplatten, Finger- und Kniegelenkkomponenten oder Zwischenwirbelkörper (Cages) sind nur einige Beispiele für die vielfältige Verwendung des Materials im Rahmen der Langzeitimplantation.

Seit mehreren Jahren wird PEEK zunehmend auch im Dentalbereich verwendet. Die Kombination von höchster Biokompatibilität und idealen mechanischen Eigenschaften machen das Material besonders attraktiv für die Dentalmedizin und die Zahntechnik (CAD/CAM-gestützte Gerüstherstellung). Im vorliegenden Beitrag wird die Verwendung eines äußerst biokompatiblen Gerüstmaterials beschrieben.

Gegenüber den traditionell verwendeten Werkstoffen hat PEEK eine Reihe an Vorteilen: Es ist ein hochreines Material ohne Füllstoffe mit knochenähnlicher Elastizität; dabei ist es absolut korrosionsfrei, röntgentransparent und verfügt über eine geringe Wasseraufnahme. Auch nach mehr als zehn Jahren Implantationszeit und mit der Erfahrung von mehr als vier Millionen Implantaten weltweit gibt es bisher keinerlei Hinweise, die auf eine allergische Reaktion gegenüber dem Material hindeuten. Im vorliegenden Fall verwendeten wir das PEEK der Firma JUVORA Ltd. aus England. Dieses cremefarbene und ungefüllte PEEK – ohne jegliche Füllstoffe und Zusätze – ist ideal für die Herstellung von abnehmbarem und bedingt abnehmbarem Zahnersatz. Aufgrund der stoßdämpfenden Eigenschaften eignet sich dieser Hochleistungswerkstoff auch sehr gut in der Implantattechnik für umfassende Versorgungen, welche auch direkt verschraubt werden können.

Klinischer Fall

Der Patient stellte sich in der Praxis der Zahnärztinnen Dr. Eiber-Fäth und Dr. Schramm in Stein bei Nürnberg vor. Vorhandene Brücken mussten entfernt werden. Einige stark geschädigte Zähne wurden extrahiert. Anschließend konnte mit einer neuen Planung zur Versorgung von Ober- und Unterkiefer begonnen werden. Der Patient hatte sich mit Informationsmaterial über den Hochleistungswerkstoff PEEK kundig gemacht. Nach dem Aufzeigen diverser zahntechnischer und materialtechnischer Alternativmöglichkeiten hat sich der Patient für den Werkstoff PEEK entschieden. Ein teleskopgetragener Zahnersatz wurde im Ober- und Unterkiefer geplant.

 

 

Versorgung und Einprobe

Die Primärteleskope wurden im CAD/CAM-Verfahren aus Zirkonoxidkeramik hergestellt. Anschließend wurde ein Schlüssel angefertigt, um den einwandfreien Sitz der Primärteile im Mund zu überprüfen und zu gewährleisten. Darüber erfolgte die Abdrucknahme mit einem individuellen Löffel. Nach der Herstellung des Meistermodells wurden die fertigen Primärteleskope des Ober- und Unterkiefers eingescannt und mittels CAD-Software die Sekundärkonstruktion designed. Die Sekundärstruktur im Oberkiefer kann materialtechnisch ohne Bügel gestaltet werden. Trotz der hohen Anzahl von Teleskopen entschieden wir uns dennoch aufgrund der paradontalen Vorschädigung für einen Transversalbügel, auch um die spätere Erweiterbarkeit zu gewährleisten. Im Unterkiefer konstruierten wir klassisch einen Sublingualbügel. Die Passung nach dem Fräsen war sehr gut und die Sekundärstruktur wurde nun minimal aufgepasst und im Artikulator überprüft. Wir verwendeten zum Aufstellen der Zähne bereits vorgeschliffene Facetten. Das Ausschleifen des Zahnkörpers war somit nicht mehr nötig. Dadurch konnten wir auch die Farbstabilität der Facetten sicherstellen. Die Einprobe verlief sehr positiv. Der Patient war begeistert, sowohl vom geringen Gewicht als auch vom unkomplizierten, geschmeidigen und verkantungsfreien Eingliedern der Prothese.

Fertigstellung

Da wir mit lichthärtenden Kompositen arbeiten, wurde der Vorwall aus einem transparenten Silikon hergestellt. Die Vorbehandlung der Basis erfolgte mit einem zugelassenen und getesteten Bonder. Nach dem Auftragen des lichthärtenden Opakers wurden die Zähne mit einem lichthärtenden Komposit befestigt. Als sehr hilfreich erwies sich ein transparentes Vorwallmaterial. Das Befestigen der Facetten im Vestibulärbereich erleichterte sich dadurch. Anschließend wurde die restliche Basis mit rosa Kunststoff fertiggestellt. Die Polierbarkeit des Materials erwies sich als völlig problemlos. Bei der Auswahl der verwendeten Materialien hielten wir uns an die von der Firma JUVORA vorgegebenen und hinsichtlich der Kompatibilität, besonders in Bezug auf den Haftverbund, getesteten Werkstoffe.

Fazit

Der Einsatz des neuen Materials war für alle Beteiligten sehr erfolgreich. Den Patienten überzeugte der hohe Tragekomfort bedingt durch das geringe Gewicht und die Elastizität der Zahnersatzgerüste. Dies ermöglichte die leichtgängige Handhabung bei der Ein- und Ausgliederung sowie einen spannungsfreien Sitz. Durch die hervorragenden mechanischen Eigenschaften des Materials PEEK ist eine gute und gleichmäßige Friktion zu realisieren. Das gewählte PEEK-Material erlaubt neue Behandlungsansätze auf vertrauten zahntechnischen und zahnärztlichen Fertigungswegen. PEEK reagiert chemisch nicht mit bereits vorhandenem Zahnersatz und ist deshalb auch ideal für Allergiepatienten geeignet. Das Material weist dazu eine hohe Beständigkeit gegenüber Verschleiß und Abrieb auf. Die Erarbeitung einer Frässtrategie im hauseigenen Fräscenter für unsere Röders-Maschine war durch bereits vorhandenes Know-how mit geringem Aufwand verbunden. Die in unserem Portfolio vorhandenen Werkzeuge konnten mit in den Prozess eingebaut werden. Somit ersparten wir uns die Anschaffung neuer kostspieliger Sonderwerkzeuge. Aufgrund der ständigen Erweiterung der Indikationen und der umfangreichen klinischen Tests hat das Material aus unserer Sicht ein sehr hohes Zukunftspotenzial.

Autoren: ZT René Aumüller, Dr. med. dent. Ingrid Eiber-Fäth

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