Parodontologie 19.04.2016
Die parodontale Therapie ist überholt und braucht ein Update – Teil 1
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Teil 1: Therapie der parodontalen Entzündung durch Vermehrung der regenerativen Mikroorganismen
Der Autor geht davon aus, dass die lokal keimreduzierende Therapie am Parodontium eine lokal temporäre Therapie ist. Nach seiner Auffassung hat Parodontitis einen multifaktoriellen Ursachenkomplex.
Die Reduktion nur einer Ursache verbessert die Situation, ist aber zur kausalen Therapie nicht ausreichend. Die parodontale Therapie hat drei Teilbereiche:
1. Therapie der parodontalen Entzündung mit Effektiven Mikroorganismen
2. Therapie des Bone Remodeling parodontal lokal – Therapie des lokalen Knochenstoffwechsels
3. Therapie des Bone Remodeling systemisch, ganzheitlich – Materialbereitstellung für Knochenumbau.
Die Erde ist ca. 4,6 Milliarden Jahre alt. Das auf Ribonukleinsäure (RNA) und Desoxyribonukleinsäure (DNA) beruhende Leben begann vor ca. 4 Milliarden Jahren in Form von Mikroorganismen.10 Der Mensch ist die einzige überlebende Art der Gattung Homo und seit 200.000 Jahren fossil belegt.9 Das ist in der Evolutionsgeschichte ein sehr kurzer Zeitraum. Mikroorganismen sind somit 20.000 Mal älter als Menschen. Sie sind die Urgeschöpfe unseres Planeten und auf-grund der wesentlich längeren Evolution angepasster und überlebensfähiger als Menschen.14, 15
Der Mensch trägt eine Billiarde Mikroorganismen auf und in sich. Mathematisch und mikroskopisch betrachtet, ist der Mensch im Grunde mehr Mikrobe als Mensch. Auf eine Zelle kommen bis zu 100 Mikroorganismen.3 90 Prozent der Mikroorganismen leben auf den Oberflächen, Mund, Haut und Darm.2
Altes Denkschema
Für die Entstehung der entzündlichen Formen marginaler Parodontopathien wird dem Biofilm und der ungenügenden Mundhygieneeffektivität des Patienten die höchste Bedeutung als ätiologischer Faktor beigemessen.1 Es entstehen im Biofilm Lebensbedingungen, die für bestimmte Mikroorganismen besonders geeignet sind, und generell erhöht sich die Menge der Mikroorganismen.13 Es verändert sich die Quantität und Qualität der Mikroorganismenzusammensetzung.7, 5, 17
In der Therapie von Entzündungen ist das Hauptaugenmerk auf eine Keimreduzierung gerichtet. Es ist eine generelle Keimreduktion. Somit werden nützliche genauso wie schädliche Mikroorganismen reduziert.6 Die Devise lautet „Krieg den Mikroben“.17 Das Modell „Bakterien als Krankheitserreger“ hat sich weitgehend durchgesetzt.16 Mikroben werden für die meisten Krankheiten verantwortlich gemacht.15
Der neue Denkansatz in der Therapie der Entzündungen
Doch mehr und mehr wird festgestellt, dass es gar keine mikrobiellen Feinde gibt. Stattdessen entdecken wir, dass viele unserer tödlichen Leiden mit schlechter Ernährung, Trinken, flachem Atmen, Bewegungsmangel, Genussmittel und anderen Lebensgewohnheiten zusammenhängen. Damit hat sich das Schlachtfeld im Krieg gegen Krankheiten extrem verlagert. Der tödliche Feind des Menschen ist der Mensch selbst.15 Folglich sollte hier die Therapie ansetzen.
Was haben wir bislang in der parodontalen Therapie erreicht
„Das größte Verdienst der Medizin im 20. Jahrhundert ist die Entdeckung der Zivilisationskrankheiten.“8 Wenn ein gesundheitliches Problem auftritt, konzentriert sich bisher eine medizinische Behandlung auf Maßnahmen gegen die Symptome. Doch für die Annahme, dank des Fortschritts in der Zahnmedizin seien Krankheiten wie die Parodontitis beherrschbar, gibt es trotz gewaltiger Anstrengungen auf diesem Gebiet keinerlei Anhaltspunkte.12 Es ist inzwischen schon für jeden offensichtlich, dass die herkömmliche Behandlung der Symptome allein an ihre Grenzen gestoßen ist.13
Die Abbildung 1 zeigt den Vergleich von drei großen IDZ-Studien im Zeitraum 1993 bis 2007. Die Ursache Parodontitis für Zahnverlust ist ständig weiter am Ansteigen. Auch der Vergleich DMS III (5.040 Zufallspersonen) und DMS IV (4.600 Zufallspersonen) zeigt eine Zunahme der Parodontitis in Tabelle 1. In den ca. 70 Jahren Antibiotika und „Krieg den Mikroben“ haben wir viele Schlachten gewonnen, doch den Krieg werden wir definitiv verlieren. Mikroorganismen passen sich an und entwickeln sich, viel besser und schneller als wir uns dies vorstellen können.15 Wir könnten weiter neue Medikamente zu ihrer Bekämpfung entwickeln. Aber irgendwann wird es eine „Superbazille“ geben – von uns Menschen in der Entwicklung vorangetrieben.16
Therapie der parodontalen Entzündung durch Effektive Mikroorganismen
Allgemein
Vielleicht ist es an der Zeit, damit aufzuhören, die Medizin als Krieg gegen die Natur zu sehen. Vielleicht sollten wir einen neuen Ansatz finden, wie wir die Frage der menschlichen Gesundheit betrachten.8 Mikroorganismen sind unsere Freunde. „Krieg den Mikroorganismen“ heißt zu verlieren.15 Zwischen Mensch und Mikroorganismen besteht eine untrennbare Beziehung. Von den Mikroorganismen sind etwa 20 Prozent nützliche Bakterien, 30 Prozent schädliche Bakterien und die übrigen 50 Prozent sind neutrale Bakterien.16
Was aber bislang verkannt wurde – die Schlüsselrolle spielen die neutralen Bakterien.5 Wie die Vergangenheit gezeigt hat, bringt eine generelle Verringerung der Virulenz der Keime nur einen vorübergehenden Effekt, weil das prozentuale Verhältnis schädliche, nützliche und gute Mikroorganismen erhalten bleibt.8
Um einen dauerhaften Therapieerfolg zu erreichen, müssen wir die Lebensbedingungen für die Mikroorganismen verändern und die guten Mikroorganismen vermehren. Die Erkrankung Parodontitis signalisiert die Unfähigkeit des individuellen Abwehrsystems. Wenn das individuelle Abwehrsystem es nicht schafft, sich gegen die Masse der degenerativen Mikroorganismen zu behaupten, warum nicht die regenerativen Mikroorganismen selbst zu Hilfe nehmen?2 Nach dem Dominanzprinzip wird dann die zahlenmäßig stärkere regenerative Gruppe die destruierenden abbauenden Mikroorganismen verdrängen. Effektive Mikroorganismen (EM) wirken dabei über verschiedene Mechanismen. Sie verdrängen die pathogenen Mikroorganismen nach dem Dominanzprinzip, neutralisieren den pH-Wert auf 7,4, produzieren Enzyme, die für die Verdauung von Speiseresten in der Mundhöhle erforderlich sind, verhin- dern Gärung und Fäulnis, reduzieren Mundgeruch, beeinflussen positiv den Biofilm, verhindern Zahnsteinbildung, reduzieren die Entstehung von Zahnhalsüberempfindlichkeiten, fördern die Sekundärdentin-Entstehung und produzieren Antioxidantien.11
Behandlungsablauf
Zu Therapiebeginn und zum Abschluss der Therapie erfolgt eine Diagnostik. Diese umfasst: Untersuchung, aMMP-8-Test, Röntgen, Fotos, Taschenmessung, Furkationsbestimmung, Zahnlockerungsmessung, Hygieneindex, Entzündungsindex.
1. Professioneller Part:
– Schaffung hygienischer Verhältnisse (inklusive Restaurationsränder)
– Korrektur von Fehlbelastungen und Frühkontakten
– regelmäßige professionelle Reinigung im jeweils individuell erforderlichen Abstand – Biofilmmanagement
– Einbeziehung periapikaler Läsionen in die Therapie
2. Home Part: Umstellung des Patienten in seiner häuslichen Pflege auf Effektive Mikroorganismen
Der Patient putzt morgens und abends mit der EM-Zahncreme. Einmal täglich empfehlen wir, die Interdentalbürste in die EM-Zahncreme einzutauchen und so die Interdentalräume zu reinigen. Bei einer Parodontitis ist es notwendig, den gesamten Patienten in die Therapie der Entzündung einzubeziehen. Es gibt kein extraindividuelles Abwehrsystem für die Zähne, sondern es gibt nur ein einheitliches System – und dieses schwächelt.
Zur Unterstützung des Abwehrsystems sollten die drei stark mit Mikroorganismen besiedelten Bereiche in die parodontale Therapie einbezogen werden. Wir nutzen in der Therapie mit EM für den Mund EMIKO Zahncreme, für den Darm EMIKO SAN und für die Haut (Waschen, Duschen, Haarewaschen) EMIKO Seife. Die mikrobielle Umgestaltung erfolgt allmählich und benötigt bis zu drei Monate. Der regelmäßige professionelle Part und die Therapie des Bone Remodeling führen zu deutlicher Taschenreduktion, wodurch sich die regenerative Situation für die Effektiven Mikroorganismen weiter verbessert.
Effektive Mikroorganismen sind eine instabile Gruppe von 80 natürlich vorkommenden Mikroorganismenarten aus fünf Familien, die ständig aktiviert werden müssen.
Die vollständige Literaturliste finden sie hier.