Cosmetic Dentistry 01.03.2023

Ästhetische Optimierung eines devitalen Frontzahnes



Ästhetische Optimierung eines devitalen Frontzahnes

Foto: Dr. Thomas Willen

Mit modernen Composites können selbst herausfordernde Situationen, zum Beispiel ein stark verfärbter, endodontisch vorbehandelter Frontzahn, erfolgreich und minimalinvasiv behandelt werden. Voraussetzung ist, dass die oftmals anspruchsvolle Arbeit mit Composite beherrscht und auf wohlüberlegte Verfahrensweisen zurückgegriffen wird. Im folgenden Beitrag wird die Rehabilitation eines stark verfärbten, devitalen Frontzahnes vorgestellt. In einer Kombination aus internem Bleaching und anschließendem Aufbau mit Composite konnte der Zahn ästhetisch restauriert werden. Der Autor sensibilisiert anhand der Darstellung für ein vorausschauendes, umsichtiges Vorgehen, woraus Sicherheit und zugleich Effizienz resultieren.

Einzeln verfärbte Frontzähne können die dentale Ästhetik massiv beeinträchtigen. Für eine ästhetische Korrektur kommen je nach Ausgangssituation verschiedene Therapieoptionen infrage. Die Wahl für den individuell optimalen Therapieweg sollte von minimalinvasiven Gesichtspunkten geleitet und langfristig gedacht sein. Die maximale Schonung der Zahnhartsubstanz ist Teil einer nachhaltig orientierten Zahnmedizin. Zahnerhalt steht im Fokus, auch wenn dies gegebenenfalls mehr Zeit für die jeweilige Therapie in Anspruch nehmen kann. Im vorliegenden Fall erfolgte vor der Restauration eines verfärbten Frontzahnes mit Composite ein prärestauratives Bleaching, welches mehrere Wochen dauerte. Alternativen zu diesem Therapieweg wären ein vollkeramisches Veneer beziehungsweise die Überkronung des Zahnes. Auch bei einem Veneer (dünne Schicht- stärke) wäre ein internes Bleaching notwendig gewesen. Das Abdecken des verfärbten Zahnes wäre wahrscheinlich mit einer Krone bzw. Teilkrone auf Basis einer opaken Keramik möglich gewesen. Doch die im Vergleich zur Composite-Restauration deutlich invasivere Präparation hätte den vorbehandelten Zahn zusätzlich geschwächt.

Ausgangssituation und Therapieplanung

Die Patientin konsultierte die Zahnarztpraxis mit einem endodontisch vorbehandelten (alio loco), devitalen Zahn 12 (Abb. 1a und b). Der Zahn ist stark verfärbt und mesial mit einer Kunststofffüllung versorgt. Das Röntgenkontrollbild bestätigte eine intakte Wurzelfüllung. Außer dem ästhetischen Defizit durch die Verfärbungen war die Situation stabil und die Patientin beschwerdefrei. Ziel der Therapie war, den Zahn 12 optisch zu korrigieren. Hierbei sollte die Zahnhartsubstanz des endodontisch vorbehandelten, aber stabilen Zahnes mit guter Prognose maximal geschont werden. Verfärbungen, die nach einer endodontischen Behandlung auftreten, lassen sich oft mit dem internen Bleaching beheben. Gerade bei einem Zahn, der – abgesehen von der Trepanationsöffnung und der mesialen Füllung – nur wenig zerstört ist, kann mit dem Bleaching eine invasive Therapieform (z. B. Veneer, Krone) vermieden werden. Geplant worden ist ein internes Bleaching nach der Walking-Bleach-Methode zur prärestaurativen Aufhellung des Zahnes 12. Im Anschluss sollte die alte, ebenfalls verfärbte Füllung entfernt und der Zahn mit Composite neu aufgebaut werden. Insbesondere im Frontzahnbereich kommt hierbei dem Composite und der Schichttechnik eine wichtige Rolle zu.

Composite-System: Gründe für die Materialwahl

Als Material der Wahl hat sich das Universal-Composite G-ænial® A’CHORD (GC) seit circa vier Jahren klinisch gut bewährt. Es kann in jedweder Situation angewandt werden, sodass in der Zahnarztpraxis in der Regel keine anderen Füllungscomposite mehr notwendig sind. Eine nähere Betrachtung des cleveren Farbsystems zeigt die Vorzüge auf. G-ænial A’CHORD integriert – im Gegensatz zu anderen Composites – fünf Core-Farben, mit denen sich die gesamte Ästhetik der klassischen 16 VITA®-Farben darstellen lässt. Das reduziert den Materialeinsatz in der Praxis. Zudem ist das Material leicht polierbar, wodurch der Herstellungsprozess zeitsparend und wirtschaftlich abläuft. Ergänzend dazu stellt das System weitere Grundfarben sowie opake Farben und Schmelzfarben zur Verfügung. So ist es möglich, sowohl in der Einfarbtechnik als auch in der Dreifarbtechnik eine effiziente und hochästhetische Schichtung zu erzielen. G-ænial A’CHORD bietet eine hohe Sicherheit beim Schichten und verzeiht kleine Schichtungenauigkeiten besser als andere Composite-Systeme, bei denen schon kleinste Fehler in der Schichtstärke das ästhetische Ergebnis deutlich beeinträchtigen können. Das liegt maßgeblich an der natürlichen Fluoreszenz von G-ænial A’CHORD, erzeugt durch eine besondere Füllstofftechnologie. Gleichwohl ist das Material einfach zu handhaben. Theoretisch ist es möglich, nur mit Standardfarben zu arbeiten, da sich diese optisch gut der Zahnsubstanz anpassen. Bei ästhetisch anspruchsvollen Fällen kommen zusätzlich Schmelz- und Dentinfarben zum Einsatz. Das Composite klebt nicht am Instrument, lässt sich einwandfrei modellieren – sowohl mit dem Instrument als auch in der Pinseltechnik – und gut an die Kavitätenwand adaptieren. Aufgrund der besonderen Füller-Technologien von GC (Full-Coverage Silane Coating [FSC] und High-Performance Pulverized CERASMART [HPC]) lässt sich G-aenial A’CHORD gut polieren und verfügt über eine hohe, dauerhafte Glanzbeständigkeit. Letztlich ist jedoch auch das beste Composite kein Garant für den Erfolg. Vorbehandlung und Schichttechnik sind individuell auf den Patientenfall abzustimmen.

Vorbehandlung Zahn 12: Internes Bleaching

Das Röntgenkontrollbild bestätigte eine suffiziente Wurzelfüllung an Zahn 12 als Voraussetzung für das Walking-Bleach-Verfahren. Um eine Zugangskavität für das Bleichmittel zu schaffen, wurde die Wur- zelkanalfüllung von palatinal bis etwa 2 mm unter die Schmelz-Zement-Grenze reduziert. Es erfolgte ein koronaler Verschluss mit Aufbaukunststoff (Core Paste, ADSystems), um einer Penetration von Bleichmittel in das Parodont vorzubeugen. Nach der Abdichtung des Zahnes begann das eigentliche Bleaching. Die Zahnoberfläche wurde gereinigt und die Schmierschicht mit Phosphorsäure entfernt. Erfahrungsgemäß unterstützt ein Ätzen (Ultra-Etch™, Ultradent Products) vor dem Auftragen bzw. dem Einbringen des Bleachingmaterials den Aufhelleffekt. Im Anschluss wurde die Bleachingsubstanz (Natriumperborat- Wasser-Gemisch) in sahniger Konsistenz mit dem Spatel in das Lumen eingebracht, mit Flow-Composite (Vertise™ Flow, Kerr) in der „Donut-Technik“ die Kavität verschlossen. Die Patientin konsultierte die Praxis wöchentlich zur Kontrolle. Das Bleaching-Verfahren ist über einen Zeitraum von drei Wochen zweimal wiederholt worden. Anschließend entsprach die Farbe des Zahnes 12 – bis auf einen leichten zervikalen Grauschleier – den Nachbarzähnen. Für die folgenden zwei Wochen wurde ein Calciumhydroxid-Präparat in den Zahn eingelegt, um den pH- Wert zu neutralisieren (Abb. 2).

Restauration Zahn 12: Composite-Schichtung

Für die Erneuerung der Füllung an Zahn 12 wurde im ersten Schritt ein palatinaler Silikonschlüssel (KENT PRESS PLUS BITE, KENT DENTAL) gefertigt. Dies wäre im vorliegenden Fall nicht unbedingt notwendig gewesen, da noch relativ viel Zahnsubstanz erhalten war. Doch es gilt, vorausschauend zu denken und etwaige Risiken im Vorfeld abzuwägen. Hätte mehr Zahnsubstanz präpariert werden müssen, als zunächst angenommen, wäre der Aufwand für ein Schichten ohne Silikonschlüssel sehr hoch. Daher empfiehlt es sich, im Zweifelsfall den kleinen Umweg über einen Silikonschlüssel zu nehmen. Bei der eigentlichen Schichttechnik helfen kleine Tricks, um auf effizientem Weg zum guten Ergebnis zu gelangen. Nach Entfernen der alten Füllung wurde eine Matrize (Hawe Adapt™ Teilmatrizen, Kerr) angelegt, um den Nachbarzahn während der Vorbehandlung vor Phosphorsäure zu schützen. Nach dem Konditionieren der Zahnoberfläche von 12 mit einem Universaladhäsiv ist die Matrize entfernt worden. Nun konnte der Zahn mit dem Universal-Composite G-ænial A’CHORD aufgebaut werden (Abb. 3). Für die Schichtung bietet sich die Arbeit mit einem Heidemann-Spatel, einem Pinsel oder einem speziellen Schichtinstrument (z. B. OptraSculpt Pad, Ivoclar) an. Der palatinale Zugang an Zahn 12 wurde mit einer opaken Farbe (G-ænial A’CHORD A03) verschlossen und mithilfe des Silikonschlüssels die palatinale Wand mit der Schmelzmasse G-ænial A’CHORD JE (Junior Enamel) aufgebaut (Abb. 4a und b).

Aufbau der Palatinalfläche ohne Überschüsse

Erneut wurden eine horizontale Matrize sowie Holzkeilchen angelegt. Anschließend konnte die Matrize im oralen Bereich in L-Form umgeklappt und mit einem Schaumstoffschwämmchen an die palatinale Wand gedrückt werden (Abb. 5a und b). Mit diesem kleinen Trick lassen sich palatinale Überschüsse effektiv vermeiden und viel Nacharbeit sparen.

Aufbau einer präzisen Approximalfläche

Es folgte der Aufbau der mesialen Leiste komplett mit der Standardfarbe (G-ænial A’CHORD A03). Die Leiste wurde in horizontaler Richtung in zwei Schritten aufgebaut. Zunächst wurde palatinal Composite bis zum Kontakt aufgebracht und polymerisiert, um eine passgenaue approximale Kontaktfläche zu gewährleisten. Im nächsten Schritt wurde die mesiale Leiste komplett modelliert und, noch vor dem Aushärten des Composites, die Matrize nach palatinal durchgezogen (dynamische Matrizentechnik). Erst danach erfolgte die Aushärtung. So lässt sich die approximale Fläche hochpräzise rekonstruieren (Abb. 6). Der schwierigste Teil der Formgebung war somit abgeschlossen und der „Rahmen“ für den Composite-Aufbau definiert. Um einen Grauschleier zu vermeiden, wurde eine erste Schicht der opaken Farbe (G-ænial A’CHORD A03; Abb. 7) modelliert und anschließend der Zahn mit Standardfarbe A3 aufgebaut. Um die von den natürlichen Nachbarzähnen vorgegebenen White Spots nachzubilden, kam die Bleach-Farbe (G-ænial A’CHORD BW) zum Einsatz. Vervollständigt wurde die Schichtung mit Schmelzmassen (G-ænial A’CHORD JE; Abb. 8).

Ausarbeitung und Politur

Dank des formgetreuen Schichtkonzeptes nahm das Ausarbeiten wenig Zeit in Anspruch. Das Composite lässt sich gut bearbeiten, ohne auszubrechen. Daher erfolgte das grobe Ausarbeiten mit dem Skalpell, gefolgt von Soflex-Scheiben und Rotring- Diamanten, mit denen eine natürliche Struktur geschaffen worden ist. Für die Politur haben sich Polierspiralen (EVE DIACOMP® plus TWIST, Ernst Vetter) bewährt. Damit kann eine glatte Oberfläche generiert werden, ohne die zuvor bewusst angelegte Mikrotextur einzuebnen. In Kombination mit einer Diamantpolierpaste (DiaPolisher Paste, GC) und Ziegenhaarbürstchen entstand auf effizientem Weg eine kompakte Oberfläche mit dezenter Oberflächentextur und natürlichem Glanz (Abb. 9). Abschließend wurden die Ränder der Restauration mit einer feinen Sonde auf glatte Übergänge geprüft, die approximalen Kontakte mit Zahnseide und die Füllung im palatinalen Bereich auf etwaige Störkontakte in zentrischer und dynamischer Okklusion kontrolliert.

Behandlungsergebnis und Fazit

Die Composite-Restauration fügt sich optisch wunderbar an die natürliche Zahnsubstanz an. Die Patientin ist mit dem Ergebnis der Behandlung sehr zufrieden. Der Zahn 12 fügt sich nach dem Bleaching optisch harmonisch in die Zahnreihe ein. Die Composite-Füllung ist als solche nicht wahrnehmbar. Sowohl in den lichtoptischen Eigenschaften als auch in der Oberflächentextur konnte die natürliche Zahnhartsubstanz optimal imitiert werden. Der endodontisch vorbehandelte, devitale Zahn konnte trotz massiver Verfärbung ohne invasive Maßnahmen minimalinvasiv und ästhetisch restauriert werden und kann voraussichtlich für längere Zeit erhalten bleiben. Auch wenn die gesamte Therapie etwas mehr Zeit beanspruchte, wurde letztlich die natürliche Zahnhartsubstanz maximal geschont. Zusätzlich zum Erfolg des internen Bleachings ist sicherlich die Composite-Schichtung als entscheidender Baustein für das ästhetische Ergebnis zu nennen. Moderne Universal-Composites wie G-ænial A’CHORD (GC) bereichern das Praxisportfolio mit ihrer vielseitigen Anwendbarkeit, dem vereinfachten Handling, dem sicheren Workflow und der hohen Ästhetik.

 Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 1+2/2023 erschienen.

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