Cosmetic Dentistry 15.04.2013

Kombinierte kieferorthopädisch-ästhetisch-rekonstruktive Therapie



Kombinierte kieferorthopädisch-ästhetisch-rekonstruktive Therapie

In diesem Beitrag wird die interdisziplinäre Behandlung einer jungen Patientin (27 Jahre) mit guter allgemeiner Gesundheit vorgestellt.

Die Ausgangssituation in diesem Patientenfall zeigt ein stark ausgeprägtes Diastema mediale der oberen Inzisivi sowie einen persistierenden Milcheckzahn rechts. Insgesamt wirkt die Oberkieferbezahnung im Verhältnis zur Kiefergröße sehr zierlich und klein. Der Wunsch der Patientin nach größeren und längeren Zähnen konnte nach kieferorthopädischem Lückenschluss (in Korrelation zur Oberkiefermitte) sowie einer Lückenöffnung im Bereich des oberen rechten Milcheckzahnes, zur Aufnahme eines Sofortimplantates sowie feldspatkeramischen Veneers bis zu den ersten Prämolaren realisiert werden.

Um gleichermaßen den funktionellen Ansprüchen zu genügen, wurden nach Abschluss der KFO die Palatinalflächen der Zähne 12, 11, 21, 22 und 23 (Full Veneer Design) mit in die Therapie einbezogen, um in der zentrischen sowie dynamischen Okklusion eine ausreichend stabile Bisslage und -Führung zu gewährleisten. Dabei wurde die habituelle Okklusion beibehalten, da größere okklusale Rehabilitationen im SZB nicht vorgesehen sind und die Patientin bei der klinischen Funktionsanalyse keine Anzeichen einer myogenen oder arthrogenen Störung aufwies. Die ästhetisch-rekonstruktive Behandlung an 14 und 24 erfolgte mit klassischen Veneerpräparationen. Die insuffizienten (Randspalten) Amalgamrestaurationen an 27, 37, 36 und 46 sollen aus finanziellen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden. Da noch keine sekundärkariösen Läsionen auf den Bissflügelaufnahmen zu erkennen waren und die Patientin auch keine Beschwerden hatte, konnte diesem Wunsch entsprochen werden.

 

1. Allgemeinmedizinische Anamnese

Erstbesuch und Erhebung der allgemeinmedizinischen Anamnese am 16.2.2011. Bezüglich Kinderkrankheiten erinnert sich die Patientin nur an Mumps, ansonsten liegen keine Grunderkrankungen vor. Die Patientin ist am 4.12.1985 geboren.

2. Zahnmedizinische Anamnese

Die letzte zahnärztliche Untersuchung fand vor ungefähr einem Jahr statt. Bis zu diesem Zeitpunkt suchte die Patientin jährlich ihren Hauszahnarzt zur  Kontrolle/Zahnreinigung auf.

Die Patientin interessiert sich für Veneers im Oberkieferfrontzahnbereich. Sie weist darauf hin, dass sie sich seit Langem am äußeren Erscheinungsbild ihrer „kleinen“ und „lückig“ stehenden Zähne störe und daher eine Verbesserung der ästhetischen Situation wünscht.

3. Einstellung des Patienten

Die Patientin entschied sich dann nach Aufklärung und eingehender Beratung für eine Sanierung mit  Feldspatkeramikveneers im Bereich der Oberkieferfront und zur Entfernung des nicht erhaltungswürdigen Milchzahnes 53 mit Ersatz durch ein Einzelzahnimplantat.

Sie legt Wert auf eine ästhetisch-funktionelle und dauerhafte Verbesserung ihrer orofazialen Ästhetik und steht einer notwendigen umfangreichen ästhetisch-rekonstruktiven Rehabilitation aufgeschlossen gegenüber.

4.1 Klinischer Befund – Zahnstatus

Planung





V IK V V V V V V





+/–

+ + + + + + + + + + + + + +

I–III































Befund






x w
wwv









8 7 6 5 4 3 2 1 1 2 3 4 5 6 7 8
Befund



















I–III































+/–

+ + + + + + + + + + + + + +

Planung



















Datum 16.2.2011

V = säuregeätzte Restauration (Veneer)
IK = Implantatkrone

4.2 Klinischer Befund – Aesthetik und PAR

sichtbar




2 3 1 1 3 2




ATV H.
1 1 1 1 2 1 2 1 1 1 1 1 1 1
ATV W.
1 0 0 0 1 1 1 1 1 0 1 1 1 1
Taschen
















8 7 6 5 4 3 2 1 1 2 3 4 5 6 7 8
Taschen



6
8

4





ATV W.
1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
ATV H.
1 1 1 1 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 1 1 1 1
sichtbar















Datum 4.3.2011

1. SBI (Modifizierter Sulkus-Blutungs-Index nach Mühlemann und Son): 25 Prozent
2. API (Modifizierter Approximalraum-Plaque-Index nach Lange et al.): 30 Prozent
ATV H. = Attachmentverlust Hartgewebe

ATV W. = Attachmentverlust Weichgewebe

4.3 Klinischer Befund (Funktionsstatus)

Keine Krepitationsgeräusche der Gelenke, unaufällige Öffnungs- und Schließbewegung, keine Druckdolenzen der Muskulatur bei Palpation.

Die manuelle Führung nach Lauritzen (eigenhändige, mit mäßigem Druck nach retral erfolgte Führung des Unterkiefers mittels Daumenspitze, Zeigefinger stützt jeweils am Kinn ab) ergab eine Abweichung in maximaler Interkuspidation (ohne Führung) und zentrischer Kondylenposition von 0,5 mm.

Die klinische Okklusionsanalyse sowie die Modellanalyse deuten auf leichte Parafunktion (Bruxismus) hin. Aufgrund der abrasionsbedingt fehlenden Eckzahnführung am Milch-3er rechts kommt es in der Laterotrusion zu Hyperbalancen (Mediotrusionsvorkontakten) an 36 und 37. Es zeigen sich zudem Laterotrusionsfacetten an den unteren Prämolaren und Molaren rechts. An den unteren linken Molaren finden sich leichte Protrusionsfacetten. Die beiden unteren 3er sind leicht nach distal inkliniert. 43 ist leicht elongiert. Die Verzahnung entspricht einer Angle-Klasse II/2 (keine Retroinklination der Front).

5.1 Intraoraler Fotostatus – Anfangsbefund

Hinweis:
Aufnahmedatum: 5.4.2011
Kamera: Canon EOS 500D
Objektiv: Canon Macro Lens EF 100 mm 1:2,8
Blitzsystem: Canon Macro Ring Lite MR-14EX               

6. Behandlungsplan

  • Situationsmodelle, arbiträre Übertragung, Wax-up/Kfo Set-up
  • Dentalhygiene
  • Konservierende Vorbehandlung: Die Amalgamfüllungen 27, 37, 36 und 46 sollen auf Wunsch der Patientin aus finanziellen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden.
  • KFO-Vorbehandlung (Lückenöffnung 53, Mesialisierung 12, 22, Diastemaschluss 11, 21 in Korrelation zur Oberkiefermitte).
  • Sofortimplantation mit Sofortbelastung 13 auf definitivem Zirkonabutment mit Kunststoffprovisorium.
  • Präparation für die definitive Versorgung im Oberkiefer 14–24 mit geschichteten Veneers (Feldspatkeramik) unter Beibehaltung der habituellen Okklusion (HIKP).
  • Abformung, Kieferrelationsbestimmung in HIKP, Gesichtsbogenübertragung, Anproben und definitive Eingliederung in den Folgesitzungen.
  • Versorgung 013 mit Zirkonkrone nach abgeschlossener dreimonatiger Einheilphase.
  • Nachkontrolle und Nachsorge.         

7. Behandlungsablauf

Nach erfolgter Zahnreinigung, klinischer Befundung einschließlich Studienmodelle und Erstellung des intra- und extraoralen Fotostatus wurde ein Wax-up/Mock-up von  14–24 angefertigt und der Patientin in der darauffolgenden Sitzung chairside demonstriert. (Abb. 11, 12)

Im Anschluss daran erfolgte die kieferorthopädische Vorbehandlung über einen Zeitraum von 4 Monaten alio loco (PD Lorenz Brauchli, Abteilung Kieferorthopädie, Zentrum für Zahnmedizin, Basel) mittels Teil-Multi-Band (Lückenöffnung 53, Mesialisierung 12, 22, Diastemaschluss 11, 21) in Palatinaltechnik. (Abb.13, 14, 15)

Die Abbildung 16 zeigt den Zustand nach Abschluss der KFO. Das hoch inserierende Lippenbändchen (Frenulum labii superior) scheint durch den Diastemaschluss leicht nach apikal migriert und soll nach Absprache mit dem behandelnden
Kieferorthopäden vorerst nicht exzidiert werden. Die Lücke 13 ist wie gewünscht auf 8 mm geöffnet und bietet somit ausreichend Platz zur Insertion eines Standardimplantats mit Ø 4,3 mm.

Implantation Oberkiefer

Extraktion 53, Sofortimplantation nach lokaler Anästhesie (Articain 1:100.000, Aventis) wie folgt: 013 Replace Select Tapered RP Länge 13 mm (Nobel Biocare). Lokale Augmentation bukkal im Bereich der Fossa canina nach Bildung eines Mukoperiostlappens mit DBBM und Kollagenmembran (BioOss, BioGide, Geistlich Pharma AG, Wohlhusen),  Nahtverschluss mit 7.0 monofilamentem Polyvinylidenfluorid (SERALENE, SERAG-WIESSNER, Deutschland). (Abb. 17b,17a, 17c)

Aufsetzen eines verschraubten Abdruckpfostens. Abformung mit individuellem Löffel und Polyetherabformmaterial (Impregum, ESPE) im offenen Modus, um den verschraubten Implantatabdruckpfosten wieder lösen zu können. Implantatverschluss mit 3 mm HA. Registrieren der schädelbezüglichen Position des Oberkiefers mittels eines arbiträren Gesichtsbogens (Artex 3-D, Girrbach Dental, Pforzheim). Bestimmung der Idealwinkel der Zähne aus frontaler Sicht mit dem Clinometer nach Dr. Behrend (AmannGirrbach GmbH, Pforzheim), Bissregistrat in IKP (Beauty Pink Wax X Hard, Moyco Union Broach, USA; Bosworth Superbite, USA). Gegenkieferabformung (UK) mit Alginat (Aroma Fine DF III, GC, Japan), Farbnahme mit VITA Farbring (VITA LUMIN VACUUM, VITA, Deutschland). (Abb. 18)

Provisorische Implantatkrone

Entfernung des Healingabutments. Aufsetzen des individuell gefrästen und eingefärbten definitiven Zirkonabutments. Eingliederung des angelieferten Kunststoffprovisoriums (Sinfony, 3M ESPE, Deutschland) mittels TempBond und Modifier, Kontrolle auf Randpassung, exakten Sitz sowie Nonokklusion (statisch und dynamisch) während der dreimonatigen Einheilphase. (Abb.19)

Veneerpräparationen

Präparation der Zähne im Oberkiefer in lokaler Anästhesie (Articain 1:100.000, Aventis) unter Zuhilfenahme einer Lupenbrille (4,5fache Vergrößerung, Zeiss). Präparation 14–24 zur Aufnahme von Feldspatkeramikveneers (Hohlkehldiamant 886-012 M, ökoDENT und Finierer FG 8878/014, Komet). Zweifache Abdrucknahme der präparierten Zähne mittels Einfadentechnik: Einbringen eines Retraktionsfadens (Ultrapak 00, Ultradent). Wartezeit bis zur Abdrucknahme mit den gelegten Fäden etwa 10 Minuten. Die Abdrucknahme erfolgt mittels eines A-Silikons in Doppelmischtechnik einzeitig: Umspritzung der präparierten Zähne mit dünnfließendem Material (Express Ultra-Light Body, 3M ESPE) und Einbringen des schwerfließenden Materials (Express Penta Putty, 3M ESPE) in einen individuell hergestellten Abdrucklöffel (Profibase, VOCO, Deutschland). Registrieren der schädelbezüglichen Position des Oberkiefers mittels eines arbiträren GesichtsbogenS (Artex 3-D, Girrbach Dental, Pforzheim). Bestimmung der Idealwinkel der Zähne aus frontaler Sicht mit dem Clinometer nach Dr. Behrend (AmannGirrbach GmbH, Pforzheim), Bissregistrat in IKP (Beauty Pink Wax X Hard, Moyco Union Broach, USA; Bosworth Superbite, USA). Gegenkieferabformung (UK) mit Alginat (Aroma Fine DF III, GC, Japan). Provisorische Versorgung der präparierten Zähne mittels Silikonschlüssel (über Wax-up gezogen) und Pro Temp 3 Garant A1 (ESPE). Ausarbeitung  am Stuhl und Eingliederung als verblocktes Provisorium nach Kontrolle der Randpassung und Okklusion. Eingliederung der Veneerprovisorien durch punktförmige Schmelzätzung mit 35%iger Phosphorsäure, befestigen mit lichthärtendem ungefüllten Klebekunststoff (Heliobond, Vivadent, Liechtenstein). (Abb. 20, 20b)

Wachsanprobe

Entfernung der provisorischen Versorgung und sorgfältige Reinigung der präparierten Zähne. Aufsetzen der Wachsveneers in 14, 12, 11, 21–24 (Chromowax 0 nach Wohlwend, Benzer Dental, Zürich). Kontrolle auf Randpassung, exakten Sitz sowie Überprüfung der Ästhetik und Phonetik. (Abb. 21)

Testveneeranprobe

(Feldspatkeramik, Creation CC, KLEMA) mit Try-In Gel (Variolink II, Ivoclar, Liechtenstein) mit zwei Farben (A1 und Bleach Dentin A), Ästhetikkontrolle im Beisein des ausführenden Zahntechnikers: Einzelzahnkontrolle in ästhetischer Hinsicht unter Berücksichtigung der entsprechenden Ästhetikparameter und Notierung eventueller Korrekturen. (Abb. 22)

Einsetzen

Eingliederung der definitiven Versorgung im OK. Entfernung der provisorischen Versorgung und sorgfältige Reinigung der präparierten Zähne. Darstellung der Präparationsgrenze mit Retraktionsfäden (Ultrapak 00, Ultradent). Anprobe der fertiggestellten Arbeit mit Try-In Gel (Variolink II, Ivoclar, Liechtenstein). Abschließende Kontrolle auf Passgenauigkeit, exakten  Sitz sowie statische und dynamische Okklusion. Zum Einsetzen der Veneers wird nach vorherigem Abstrahlen (RONDOflex plus, KaVo) mit Aluminiumoxidpulver der Korngröße 27 µm (RONDOflex plus, KaVo) und Schmelzätzung mit 35% Phosphorsäure (Ultraetch, Ultradent) eine adhäsive Befestigung der zuvor geätzten (VITA CERAMICS ETCH 5%, VITA Zahnfabrik, Deutschland) und silanisierten (Monobond-S Silan, Ivoclar, Liechtenstein) Feldspatkeramikveneers mit Syntac Classic (Ivoclar, Liechtenstein) und Variolink II (Ivoclar, Liechtenstein) vorgenommen. Ausführliche und detaillierte Besprechung des ästhetischen Ergebnisses mit dem Patienten. Abschlusskontrolle sämtlicher funktioneller und ästhetischer Parameter, Abdruck- und Bissnahme zur Herstellung einer Tiefziehschiene als temporäre Retentionshilfe und zum Schutz der keramischen Veneers (fehlende Eckzahnführung rechts). (Abb. 23)

Abformung Implantat 

Abformung 013 in lokaler Anästhesie (Articain 1:100.000, Aventis) auf Abutmentniveau mit der bereits beschriebenen Einfadentechnik. Registrieren der schädelbezüglichen Position des Oberkiefers mittels eines arbiträren Gesichtsbogens (Artex  3-D, Girrbach Dental, Pforzheim). Bestimmung der Idealwinkel der Zähne aus frontaler Sicht mit dem Clinometer nach Dr. Behrend (AmannGirrbach GmbH, Pforzheim), Bissregistrat in IKP (Beauty Pink Wax X Hard, Moyco Union Broach, USA, Bosworth Superbite, USA). Gegenkieferabformung (UK) mit Alginat (Aroma Fine DF III, GC, Japan)

Einsetzen

Anprobe der vom Labor angelieferten und verblendeten (Creation CC, KLEMA, Österreich) implantatgetragenen Zirkonoxidkrone 013 (Zirkonzahn, Italien) im Beisein des ausführenden Zahntechnikers: Einzelzahnkontrolle in ästhetischer Hinsicht unter Berücksichtigung der entsprechenden Ästhetikparameter und Notierung eventueller Korrekturen. Eingliederung mit provisorischem Zement (Freegenol, GC, Tokio, Japan). Abdruck- und Bissnahme zur Herstellung einer Aufbissschiene im Oberkiefer (Michiganschiene). (Abb. 24)

Nachsorge

Nachkontrolle und Erhebung der Abschlussbefunde. Aufnahme in das Nachsorgeprogramm. Kontrolle der Aufbissschiene und Überprüfung der statischen (Zentrikkontakte der tragenden Höcker) und dynamischen Okklusion.

Diskussion

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um eine aufwendig ästhetisch-rekonstruktive Rehabilitation, mit deren Ergebnis sich die Patientin vollumfänglich zufrieden zeigt. Eine kieferorthopädische Vorbehandlung war aufgrund der mangelnden Lückenbreite 13 angezeigt. Gleichzeitig sollte das Diastema mediale in Korrelation zur Oberkiefermitte 11/21 geschlossen werden. Dem Wunsch der Patientin nach größeren und längeren Zähnen konnte dann mit sieben keramischen Veneers (bis zu den ersten Prämolaren) entsprochen werden. Um gleichermaßen den funktionellen Ansprüchen zu genügen, wurden die Palatinalflächen der Zähne 12, 11, 21, 22 und 23 (Full Veneer Design) mit in die Therapie einbezogen, um in der zentrischen sowie dynamischen Okklusion eine ausreichend stabile Bisslage und -Führung zu gewährleisten. Dabei wurde die habituelle Okklusion beibehalten, da größere okklusale Rehabilitationen im SZB nicht vorgesehen sind und die Patientin bei der klinischen Funktionsanalyse keine Anzeichen einer myogenen oder arthrogenen Störung aufweist. Die ästhetisch-rekonstruktive Behandlung an 14 und 24 erfolgte mit klassischen Veneerpräparationen. Die insuffizienten Amalgamrestaurationen (Randspalten)  an 27, 37, 36 und 46 sollen aus finanziellen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden. Da noch keine sekundärkariösen Läsionen auf den Bissflügelaufnahmen zu erkennen waren und die Patientin auch keine Beschwerden hat, konnte diesem Wunsch entsprochen werden. Alternativ wäre die Behandlung ausschließlich mit Kompositaufbauten oder kombiniert mit bukkalen Veneers und Kompositaufbauten auf den Palatinalflächen durchführbar gewesen. Die gegenüber Keramik verminderte Abrasionsresistenz und einen damit verbundenen zyklischen Erneuerungsbedarf der Kompositrestaurationen sprach wiederum für die prothetische Versorgung. Zudem zeichnet sich Keramik durch bessere biologische (Plaqueakkumulation) und materialspezifische Eigenschaften (Farbe, Transluzenz und Beständigkeit) gegenüber Komposit aus.

Vorrangig stand jedoch zunächst die chirurgische Entfernung des nicht erhaltungswürdigen Milcheckzahnes 53 mit sofortiger Implantation und Sofortbelastung (nach Anfertigung eines individuellen Zirkonabutments innerhalb von 10 Tagen) mit provisorischer Kunststoffkrone [2,3]. Der chirurgische Eingriff erfolgte zunächst lappenlos/transgingival in Regio 13. Im weiteren Verlauf der Implantation wurde jedoch aufgrund einer Dehiszenz des Alveolarfortsatzes im Bereich der Fossa canina dann eine lokale Augmentation mit entsprechender Lappenbildung (Inzision in der befestigten Schleimhaut) unumgänglich. Die prothetische Versorgung sollte, wie bereits erwähnt, hohen ästhetischen und biologisch-funktionellen Ansprüchen gerecht werden und wurde deshalb mit geschichteten Veneers aus Feldspatkeramik durchgeführt [4]. Das Einzelzahnimplantat sollte nach der Einheilphase auf Abutmentniveau abgeformt werden. Alternativ wäre eine erneute Abformung mit Abdruckpfosten und individuellem Löffel möglich gewesen. Um jedoch die Weichteilsituation optimal wiederzugeben und eine mögliche Kompromittierung der Hart- und Weichgewebe durch das Herauslösen und spätere Wiedereinsetzen des Abutments zu umgehen, lag der Vorteil der erstgenannten Methode auf der Hand. Für die Versorgung des Einzelzahnimplantates wurde ein Zirkonkäppchen angefertigt und entsprechend mit einer Zirkonverblendkeramik aufgeschichtet. Die erste Anprobe zeigte zwar ein farblich noch unbefriedigendes Ergebnis (zu hohe Farbsättigung und Opazität), welches dann aber nach Korrektur im zahntechnischen Labor entsprechend nachgebessert werden konnte. Zeitgleich erfolgte entsprechend dem kontralateralen Eckzahn 23 eine Verlängerung der etwas zu „kurz“ geratetenen Eckzahnkrone. Alternativ hätte auch eine Presskeramikrestauration angefertigt werden können. Die besseren ästhetischen Eigenschaften gegenüber der Zirkonrestauration wären hier von Vorteil, als nachteilig wäre die vorgesehene adhäsive Befestigung zu werten, welche einen späteren Zugang zur Suprastruktur nicht mehr (Abutment) zulässt. Aufgrund der hohen ästhetischen Anforderungen der Patientin und des Behandlerteams schied die Variante Titanabutment VMK-Krone schon im Vorfeld aus. Aufgrund des dünnen gingivalen Biotyps kam es nach der Eingliederung an den Zähnen 12, 22 und 23 zu Rezessionen, welche auf das Legen der Retraktionsfäden während der Präparation und/oder bei der adhäsiven Befestigung zurückzuführen sind, sich jedoch noch im schmelzbegrenzten Anteil des unteren Zahndrittels befinden (kein freiliegendes Wurzeldentin). Im Bereich der Interdentalpapille 11/21 zeigte sich unmittelbar nach dem Einsetzen ebenfalls eine leichte Rezession, welche sich jedoch in den folgenden Wochen dann noch vollständig ausformte. Sollte diese Reaktion an den Zähnen 12, 22, 23 ausbleiben oder eine Progression beobachtet werden, wäre als Lösungsvorschlag eine plastische Rezessionsdeckung mittels Tunneltechnik und Bindegewebstransplantat eventuell in Kombination mit Schmelzmatrixprotein (Emdogain) denkbar. Da sich die Rezessionen noch im Schmelzbereich befinden, käme ebenso ein nochmaliges Bleaching in Betracht. Da nun keine Zahnhalsüberempfindlichkeiten vorhanden sind und die Patientin sich nicht daran stört, soll im Moment auf weitere Maßnahmen diesbezüglich verzichtet werden. Einem regelmäßigen Recall steht die Patientin sehr aufgeschlossen gegenüber. Abschließend betrachtet, stellt sich die durchgeführte Sanierung auch für den Behandler in ästhetischer als auch funktioneller/rekonstruktiver Sicht als Erfolg dar. Die im Anschluss an die Behandlung angefertigte Nachtschiene schützt die Restaurationen/Zähne gegen prothetische Komplikationen einerseits, beugt aber auch unkontrollierten Zahnbewegungen/Zahnwanderungen nach abgeschlossener KFO vor. Das hoch inserierende Lippenbändchen soll nach Rücksprache mit dem behandelnden Kieferorthopäden vorerst nicht exzidiert werden, da nach abgeschlossener Behandlung gute approximale Kontaktverhältnisse sowie eine ausreichend stabile Okklusion gewährleistet ist. Beim Vergleich der Ausgangs- und Schlusssituation zeigt sich eine Migration des Frenulums apikalwärts, weshalb ein Rezidiv im Bereich der mittleren Schneidezähne (Lückenöffnung, Drehung) kaum zu erwarten ist. Eine prophylaktische Frenulektomie schien dem Behandler, wie bereits erwähnt, nicht notwendig, da die Weichteilsituation nach Lückenschluss und ästhetisch funktioneller Rehabilitation als ausreichend stabil bezeichnet werden kann. Durch das engmaschige Recall wäre bei den ersten Anzeichen eines Lückenrezidivs ein rechtzeitiges Eingreifen mittels Exzision problemlos durchführbar. Zusätzliche Sicherheit könnte gegebenenfalls ein Retainer gewährleisten. Von Nachteil wäre hierbei die Notwendigkeit der adhäsiven Befestigung an den keramischen Oberflächen 13–23 (Full Veneer Design) sowie eine erschwerte häusliche  Mundhygiene durch die Verblockung der Interdentalräume. Es liegen zudem keine funktionellen Störungen vor. Durch die eingefassten Palatinalflächen konnte eine gute Führung im Front- und Eckzahnbereich erzielt werden. Die Mundhygiene der Patientin ist sehr gut. Dies lässt auf eine zuverlässige Langzeitprognose der hier vorgenommenen Behandlung schliessen.

Intraoraler Schlussbefund

Schlussbefunde

Funktionsstatus

Die manuelle und klinische Funktionsanalyse ergab keinen auffälligen Befund. Die manuelle Führung ergab eine  Abweichung in maximaler Interkuspidation (ohne Führung) und zentraler Kondylenposition (mit Führung) von 0,5 mm. Keine Krepitationsgeräusche der Gelenke, unaufällige Öffnungs-  und -Schließbewegung, keine Druckdolenzen der Muskulatur bei Palpation

Rote Ästhetik

Das vordere Lippenbändchen ist nach kieferorthopädischem Lückenschluss leicht nach apikal migriert. Die zu Anfang geplante Exzision ist nicht mehr indiziert. Der Gingivaverlauf ist harmonisch (hohe Lachlinie). An 12, 22 und 23 zeigen sich iatrogen (Retraktionsfäden) verursachte Rezessionen (dünner Biotyp), welche von der Patientin jedoch nicht als störend empfunden werden und gegebenenfalls durch ein externes Bleaching zu einem späteren Zeitpunkt angepasst werden könnten. (Abb. 30)

Die Inzisalkanten folgen dem Verlauf der Unterlippe (positive Lachlinie). (Abb. 31, 32)

Zahnlänge: Die OK-Front erfüllt nun die Wünsche und Vorstellungen der Patientin. Das aktive Lächeln entblößt die gesamte Länge der Frontzähne. Der Inzisalkantenverlauf folgt der Stellung der Unterlippe (berührungsaktives Lächeln). (Abb. 32a)

Zahnform: Die größeren und längeren Schneide- und Eckzähne fügen sich harmonisch in  das Gesamtbild der Restbezahnung ein und schenken der Patientin ein attraktives Erscheinungsbild.

Die vormals kleinen zierlichen Schneidezähne konnten nach abgeschlossener KFO-Behandlung durch eine minimalinvasive Präparation (Full Veneer Design) und durch eine entsprechende proportionale Angleichung erfolgreich rehabilitiert werden. Der nichterhaltungswürdige, persisitierende Milchzahn konnte nach Entfernung mittels Sofortimplantation/ Sofortbelastung ersetzt werden. Die Zahnstellung wird durch eine Nachtschiene stabilisiert. (Abb. 33)

Zahnform: Form und Größe, Charakterisierung durch den ausführenden Zahntechniker (Transparenz, Transluzenz) sowie die Oberflächenstruktur (Textur) der keramischen Veneers zeigen ein ansprechendes Erscheinungsbild. Das Längen-Breiten-Verhältnis beträgt nun circa 80% (Länge 11,5 mm, Breite 9 mm).

Zahnfarbe: Die Zahnfarbe entpricht nun den Vorstellungen der Patientin (Bleach Dentin A, Creation, KLEMA, Österreich).

Zahnstellung: Die Diastemata mediale und laterale konnten durch die Einzelzahnrestaurationen geschlossen werden. Durch die palatinale Einfassung an 13–23 konnte gezielt eine gute Front-Eckzahnführung in die Fullveneer-Restaurationen eingearbeitet werden.

Zusammenfassung der ästhetischen Problematik: Es zeigt sich nun hinsichtlich der Länge (Lächeln), Form, Farbe, Stellung der Zähne sowie der rosa Ästhetik ein ansprechendes dentogingivales Erscheinungsbild. Die unteren Frontzähne haben nun leichten Kontakt auf den Palatinalflächen der oberen Eck- und Schneidezähne. Der Overbite beträgt durch die vergrößerten mittleren Restaurationen 5 mm. Der Overjet 4 mm. (Abb. 34)

Schlussröntgen OPT. (Abb. 35)

Vergleich Ausgang und Abschluß (Abb. 1a und Abb. 32a)

Literaturangaben

[1] Hein S, Geller W
Prep Veneers & Non Prep Veneers. Keramische minimalinvasive Restaurationen. Quintessenz 2010: 73–89.

[2] Rosenquist B, Grenthe B
Immediate placement of implants into extraction sockets: implant survival.
Int J Oral Maxillofac Implants 1996; 11:205–209.

 

[3] Schwartz-Arad D, Chaushu G
The ways and wherefores of immediate placement of implants into fresh extraction sites: a literature review. J Periodontol 1997; 68:915–923.

[4] Magne P, Belser U
Adhäsiv befestigte Keramikrestaurationen. Berlin: Quintessenz, 2004.

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