Implantologie 02.03.2016
Versorgung des Freiendsattels flapless auf einteiligen Implantaten
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Einem 77-jährigen Patienten (Nicht-raucher, Blutdruck eingestellt) wurden zwölf Wochen nach Extraktion des Zahnes 45 alio logo drei einteilige Implantate (nature Implants) flapless primärstabil inseriert. Nach der achtwöchigen Einheilphase wurde der Zirkonkronenblock 45 und 46 zementiert. Einer erneuten Bisskontrolle folgend, konnte nach weiteren vier Wochen Soft-Loading die Behandlung abgeschlossen werden.
Vorbehandlung
Bereits in der Abheilphase nach der Extraktion wurden in einem ersten Aufklärungsgespräch anhand des OPGs die Behandlungsalternativen und das zugrunde liegende Implantatkonzept besprochen. Des Weiteren wurde eine professionelle Reinigung der Zahnfleischtaschen vorgenommen. Wie die Implantationsgesellschaften empfehlen, wird der Patient spätestens einen Tag vor der Operation aufgeklärt und mittels Kugelmessaufnahme die Implantatlänge bestimmt. Für eine bessere Knochenregeneration wurde die Einnahme von Vitamin D3 rezeptiert. Als Prämedikation nahm der Patient eine Stunde vor der Operation 1. Mio. IE Amoxicillin und 50 mg Prednisolon. Einteilige Implantate bieten auch bei geringen Durchmessern von 3 mm eine hohe Stabilität und schließen eine bakterielle Besiedlung von Microgaps aus (Zipprich et al., 2007). Zudem ist es biologischer und stabiler, zwei Implantate pro Molar zu setzen, wenn die entsprechenden Abstände eingehalten werden.
Behandlung
Nach einminütiger Mundspülung mit Chlorhexidin, prophylaktischer Gabe von 400 mg Ibuprofen sowie lingualer und bukkaler Injektion mit UDS 1:200.000 wurde die Knochenkavität mit dem gelben Dreikantbohrer (single use) ohne Kühlung mit 200 Umdrehungen flapless aufbereitet und vorkomprimiert (Abb. 1). Bei einem sehr spitzen Kieferkamm empfiehlt sich die Ankörnung mit dem Spiralbohrer (single use). Danach wurde die Knochenkavität auf mögliche Perforationen mit einer Sonde kontrolliert (Abb. 3) und abschließend mittels Knochenvorformer entsprechend dem Gewindedesign des Implantats, im Sinne eines Bone Splitting sowie Bone Condensing, aufgedehnt (Abb. 2). Die Primärstabilität des Knochenvorformers bestimmt den Durchmesser des zu verwendenden Implantats, jedoch nicht die Knochenbreite.
Nach erneuter Kontrolle des Implantatbettes mit der Sonde wurde das einteilige Implantat erst per Hand eingedreht (Abb. 4). Anschließend wurde mit der Drehmomentratsche und einer Primärstabilität von 35 Ncm das Implantat soweit inseriert, dass die Einbringhilfe die Gingiva berührt. Die verbleibenden Flächen des ein Grad konischen Sechskant-Abutments von 3 mm Höhe supragingival besaßen ausreichend Retention für den Zahnersatz. Die zwei nachfolgenden Implantate des Zahnes 46 wurden ana-log inseriert (Abb. 5).
Die anschließende Röntgenkontrolle erfolgte mittels OPG (Abb. 6). Hierbei wurde die Lage der Implantate zum Nervus mandibularis sowie zum Foramen mentalis und die Implantattiefe im Knochen kontrolliert und dokumentiert. Eventuelle Korrekturen, die nach der Röntgenkontrolle durchgeführt wurden, wie eine tiefere Insertion der Implantate, werden im OP-Protokoll schriftlich fixiert. Nach dem Aufbringen der PEEK-Abformkappen erfolgte die geschlossene Abformung mit Impregum (Abb. 7). Als Provisorium diente eine flache Schienung der Implantate mit Tetric Flow.
Bewegungen der Implantate über 0,1 mm in den ersten acht bis zwölf Wochen verhindern nachweislich die Osseointegration. Um unnötige Belastungen der Implantate durch die Zunge und/oder die Nahrung in dieser Zeit zu vermeiden, ist der Patient angehalten, weiche Kost zu essen.
Acht Wochen später wurde aufgrund der guten Primärstabilität der spannungsfrei sitzende Zirkonkronenblock direkt auf die Abutments der einteiligen Implantate anprobiert. Anschließend wurden beim Zahnersatz die Früh- und Bewegungskontakte eingeschliffen sowie poliert und dieser definitiv eingeklebt (Abb. 8). Abschließend wurde mit dem Patient die Interdentalhygiene mit Interdentalbürsten eingeübt. Nach vierzehn Tagen erfolgte eine weitere Höhen- und Endkontrolle der Implantatversorgung. Als Periimplantitisprophylaxe wurde dem Patienten zahnärztliche Kontrollen und professionelle Zahnreinigung alle sechs Monate empfohlen.
Eine
umfassende Analyse evidenzbasierter klinischer Studien bezüglich einteiliger
Implantate belegt, dass einteilige Implantate große Vorteile besitzen wie die
Ähnlichkeit der biologischen Breite von natürlichen Zähnen (Judgar et al.,
2014/Hermann et al., 2001), die geringere krestale Knochenverlustrate gegenüber
zweiteiligen Implantaten (Caram et al., 2014) – aufgrund der Implantatinsertion
– die nicht vorhandene Mikrospaltproblematik (Zipprich et al., 2007/Canullo
et al., 2014) und die Sofortversorgung und
Sofortbelastung von primärstabilen Implantaten (> 20 bis 45 Ncm) bei geeigneter Indikationsstellung und sorgfältiger
Patientenauswahl ohne höhere krestale Knochenverlustrate (Strub et al., 2012/Papspyridakos et al.,
2014).
Die Vorteile des verwendeten Implantatsystems von nature Implants liegen in dem sehr kleinen, effizienten und übersichtlichen Instrumentarium und der einfach zu erlernenden Anwendungsweise mit nahezu keiner Indikationseinschränkung. Außerdem eignen sich einteilige Implantate auch für die Behandlung einer immer älter werdenden, multimorbiden Patientengruppe aufgrund ihrer niedrigen Komplikationsrate. Weitere Vorteile sind die übersichtliche Anzahl an Implantatvarianten auch mit 15 Grad abgewinkelten einteiligen Implantaten, für 8 mm breite Lücken bei schrägen Kieferkammverläufen, das besonders knochenschonende Gewindedesign und die tangential auslaufende Abutmentgeometrie, die dem Zahnarzt alle Freiheit bei der Festlegung der Präparationsgrenze lässt und die Zementitis vorbeugt.
Die beschriebene Verwendung einteiliger Implantate zur Versorgung des einseitigen Freiendfalls verkürzt und vereinfacht aufwendige Behandlungsabläufe, reduziert die Kosten und stellt für den implantologischen Anfänger den idealen Einstieg in die Implantologie dar.
Eine ausführliche Literaturliste gibt es hier.