Implantologie 23.09.2011

Der Einsatz von Implantaten bei ­schwierigen Indikationen



Der Einsatz von Implantaten bei ­schwierigen Indikationen

Foto: Bicon

Chirurgische und prothetische Besonderheiten

Im folgenden Fachbeitrag soll gezeigt werden, wie in der Praxis selten vorkommende Indikationen mit Implantaten gelöst werden können. Weiterhin soll auf die positiven Auswirkungen des Implantatdesigns auf das erzielbare ästhetische Ergebnis eingegangen werden.

Anforderungen an das Implantatdesign

Grundvoraussetzung zur Erzielung langfristig stabiler Rot-Weiß-Ästhetik um Implantate ist, wie bei natürlichen Zähnen und auch sonstigen prothetischen Versorgungen (Kronen, Brücken, Teleskope), die Vermeidung von Knochenabbau. Für eine ästhetisch erfolg­reiche Behandlung ist daher der Erhalt des periim­plan­tären Knochens, der für die Unterstützung des Weichgewebes und den Erhalt der Interdentalpapille verantwortlich ist. Hieraus resultieren folgende Forderungen an ein Implantatsystem:


1.    Zur Vermeidung von auf Fehlbelastungen beruhendem Knochenabbau ist die homogene Kaukrafteinleitung auf das Knochen-Implantat-Interface erforderlich. Zu bevorzugen sind daher Implantate mit ­Plateau-Design. Bei diesen bildet sich zwischen den Plateaus Lamellenknochen mit dem typischen Ha­vers’schen-System, der dem Implantat eine erhöhte Widerstandskraft während der Kaukrafteinwirkung bietet (Lemons J. et al. 2003, 2004).
2.    Zur Vermeidung von entzündungsbedingtem Knochenabbau um Implantate (Periimplantitis) ist eine bakteriendichte Verbindung von Implantat, Abutment und Suprakonstruktion erforderlich. Weiterhin müssen bei zweiteiligen Implantaten gewebereizende Mikrobewegungen zwischen Implantat und Abutment verhindert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass dies am sichersten mit Konusverbindungen zwischen Implantat und Abutment erreicht werden kann (Zipprich H. et al. 2007).

Falldarstellung

Im Folgenden wird ein Patientenfall präsentiert, der mit dem Bicon-Implantatsystem gelöst wurde. Die Abbildungen dokumentieren den Fall von der Freilegung bis zur prothetischen Versorgung des Patienten. Der Patient stellte sich mit einer Lücke zwischen den Zähnen 23 und 24 mit dem Wunsch des Lückenschlusses in der Praxis vor. Nach Besprechung verschiedener  prothetischer Versorgungsmöglichkeiten entschied sich der Patient für eine Einzelkrone auf Implantat. Die vorhandene Lücke zwischen den Zähnen 23 und 24 sollte mit einer Einzelkrone und dem Verfahren der Integrierten-Abutment-Krone versorgt werden. Hierfür wurde ein Bicon-Implantat mit einem Durchmesser von 4,0mm und einer Länge von 11,0mm inseriert. Zur Erzielung einer ästhetischen Gingivakontur wurde das Implantat 2mm subkrestal platziert, sodass das Knochenfach 13,0mm tief gebohrt werden musste.

Die Pilotbohrung erfolgte mit 2,0mm Durchmesser bei 1.100U/min unter externer Kühlung mit physiologischer Kochsalzlösung. Diese Bohrung gibt Länge, mesio-distale und lingual-vestibuläre Position für alle weiteren Arbeitsschritte der Knochenaufbereitung vor. Das Knochenfach wurde anschließend mit den an der Spitze nichtschneidenden Winkelstückbohrern in 0,5mm-Schritten bei 50U/min auf den gewählten Implantatdurchmesser von 4,0mm und auf die mit der Pilotbohrung vorgegebene Länge von 13,0mm erweitert. Diese Aufbereitungsmethode ist aufgrund der sehr niedrigen Umdrehungszahl der Winkelstückbohrer atraumatisch möglich. Es ­besteht keine Gefahr der Überhitzung des Knochens. Weiterhin können aufgrund der nichtschneidenden Bohrerspitzen Perforationen und Nervtraumatisierungen sicher vermieden werden. Eine weitere positive Eigenschaft der niedrigen Umdrehungszahl ist, dass sich der abgetragene Knochen sehr gut mit den Winkelstückbohrern für augmentative Maßnahmen entnehmen und sammeln lässt. Nach Abschluss der Knochenaufbereitung wurde das Implantat in das Knochenfach eingeklopft, der Implantatschacht mit einem Einheilpfosten aus chirurgischem Teflon verschlossen und das Implantat mit dem aus den Bohrlöchern gewonnenem autologen Knochen vollständig bedeckt. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Implantatoberfläche sich mit Blut benetzt. Dadurch bildet sich ein stabiles Blutgerinnsel zwischen den Plateaus des Implantates und die Einheilung kann sofort beginnen. Im Gegensatz zu Schraubenimplantaten kommt die Primärstabilität über multiple Punktkontakte entlang der Plateaukanten zum Knochen zustande. Dadurch werden flächige Knochenkompressionen, wie sie beispielsweise beim Eindrehen von Schraubenimplantaten auftreten, die vor Einheilungsbeginn zunächst einen Knochenabbau verursachen, vermieden.

Nach dreimonatiger gedeckter Einheilung erfolgte die Röntgenkontrollaufnahme vor Freilegung der Implantate (Abb. 1) und der intraorale Befund (Abb. 2). Nach Aufklappung war der schwarze Einheilpfosten zu sehen (Abb. 3). Der Einheilpfosten wurde entfernt (Abb. 4) und anschließend in den Implantatschacht ein Positionierungspin eingesteckt (Abb. 5). Dieser dient als Führungsstift für Instrumente (Sulkus-Reamer, Impression-Reamer), mit denen der Knochen über der Implantatschulter, zur Erzielung des gewünschten prothetischen Ausgangsprofils (Emergence Profil), nachbearbeitet werden kann. Weiterhin lässt sich mit dem Positionierungspin die Osseointegration der Implantate sehr gut überprüfen. Nach Abschluss der Freilegung wurde der Gingivaformer eingesetzt und das Zahnfleisch vernäht (Abb. 6). 14 Tage nach Freilegung stellte sich das OP-Gebiet reizlos dar (Abb. 7 und 8) und das für die Herstellung der Krone am besten geeignete Abutment wurde ausgewählt (Abb. 11). Anschließend wurde in den Implantatschacht der Titan-Abdruckpfosten des zweiteiligen Bicon-Abformsets mit Fingerdruck platziert (Abb. 9) und die Kunststoff-Abdruckhülsen aufgesteckt (Abb. 10). Die Abformung wurde mit einem geschlossenen individuellen Löffel unter Verwendung eines Polyether-Abformmaterials durchgeführt. Im Labor wurde das Abutment für die Herstellung der Integrierten-Abutment-Krone (IAC) vorbereitet. Nach Modifikation des Abutments, was sich für den Techniker sehr einfach und ohne Rücksicht auf einen internen Schraubenkanal umsetzen lässt, wird das Abutment direkt mit keramikähnlichen Hochleistungskunststoffen verblendet. Abutment und Krone bilden eine spaltfreie Einheit und werden desinfiziert in den Implantatschacht inseriert (Abb. 13). Weitere Vorteile der IAC gegenüber Keramikverblendkronen sind die kostengüns­tigere Herstellung und die problemlose Reparaturmöglichkeit (Kontaktpunkte, Verblendfrakturen etc.) sowie das zementlose Einsetzen der Restauration bei gleichem ästhetischen Erfolg.

Für das Einsetzen einer IAC muss eine Einsetzhilfe aus Kunststoff mit dem Kronen-Alignment-Device hergestellt werden. Sie dient zum einen der axialen Kraftübertragung auf den Abutmentpfosten in den Implantatschacht und zum anderen schützt er die Restauration beim Einklopfen. Die Einsetzhilfe wird auf den Bicon-Multifunktionsgriff aufgeschraubt und auf dem okklusalen Anteil der Restauration platziert. Durch leichtes Einklopfen mit einem chirurgischen Hammer wird die Oxidationsschicht auf den sich berührenden Metalloberflächen gebrochen und es kommt zur Kaltverschweißung zwischen Abutmentpfosten und Implantatschacht (aktivierte Konusverbindung). Wenige Tage nach Implantatabformung konnte die IAC, mithilfe der an­gefertigten Einsetzhilfe, in das gereinigte und getrocknete Implantatfach (Abb. 12), eingesetzt werden. Die für Patient und Behandler ästhetisch ansprechende Versorgung ist in den Abbildungen 14 bis 16 zu sehen.

Zusammenfassung

Der Bericht verdeutlicht die Abhängigkeit einer erfolgreichen Implantatbehandlung vom Implantatdesign. Mit dem richtigen Implantatdesign lassen sich Implantate auch bei besonderen Indikationen sicher und erfolgreich in der Praxis einsetzen. Sie stellen eine ausgezeichnete Alternative für konventionelle Zahnersatzverfahren, wie festsitzender und herausnehmbarer Zahn­ersatz auf vorhandene Zähne, dar. Weiterhin wurde verdeutlicht, welche ­bedeutsame Rolle eine bakteriendichte Verbindung zwischen Abutment und Implantat für die Vermeidung von Periimplantitis hat und wie durch ein ­doppeltes Platform Switching auf Implantat- und Abutment-Niveau ideale Voraussetzungen für ästhetische Ergebnisse geschaffen werden.

Verschiedene Studien haben gezeigt, mit welchem Erfolg das Bicon-Implantatsystem aufgrund seines außergewöhnlichen Designs auch bei geringem Knochenangebot eingesetzt werden kann. Die Vermeidung von Periimplantitis wird durch den bakteriendichten Verbindungsmechanismus erzielt. Eine hervorragende Rot-Weiß-Ästhetik wird durch das im ­Bicon-Implantatsystem umgesetzte doppelte Platform Switching erreicht. Weiterhin ermöglicht der einzigartige schraubenlose Verbindungsmechanismus des Bicon-Implantatsystems die extraorale Zementierung von Einzelkronen auf dem Abutment bzw. die Herstellung der Verblendung direkt auf dem Abutment (IAC). Somit können Störfaktoren (z.B. Zementreste, Kronenränder etc.), die Ursache für Entzündungen am periimplantären Gewebe sind, effektiv vermieden werden.

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

Mehr Fachartikel aus Implantologie

ePaper