Implantologie 13.06.2024
Implantation bei Teenagern in der ästhetischen Zone
Auch bei jüngeren Patienten sind die ästhetisch sensibelsten Bereiche die oberen Schneidezähne. Je nach Art des Lächelns sind nicht nur der Kronenbereich, sondern auch der Gingivabereich sichtbar und das Verhältnis der sogenannten weißen und roten Ästhetik bestimmt den ästhetischen Gesamteindruck. Daher ist nicht nur die prothetische Arbeit selbst, sondern auch das Verfahren zur Erhaltung des umliegenden Gewebes wichtig, um ein harmonisches Gesamtergebnis zu erzielen.
Eine 18-jährige Patientin, die über eine wiederkehrende Fistel am Zahn 21 klagte, wurde an unsere Klinik überwiesen. Sie war im Allgemeinen gesund, nahm keine Dauermedikamente, hatte keine Allergien und war Nichtraucherin. Sie berichtete von einem Fahrradunfall, der fünf Jahre zurücklag und bei dem sie sich eine Verletzung der Oberlippe und eine Subluxation des linken oberen Schneidezahns zugezogen hatte. Nachdem das Weichgewebe genäht und der Zahn 21 repositioniert worden war, wurde sie von ihrem Zahnarzt weiterbehandelt. Vor vier Jahren kam es zu einer Verfärbung des Zahns und die erste endodontische Behandlung wurde durchgeführt. Aufgrund anhaltender Probleme wurde die Behandlung nach zwei Jahren wiederholt. Nach einer einjährigen Ruhephase traten wieder gelegentlich Probleme auf. Da der Zahn wackelte, erfolgte eine Verblockung mit den umgebenden Zähnen mittels eines Komposits. Bei der ersten Untersuchung stellten wir eine unregelmäßige Lachlinie fest. In der rechten Hälfte war die Lippe zu einer hohen Linie angehoben, in der linken Hälfte zu einer niedrigen Linie abgesenkt (der Lippenrand deckt den Verlauf der marginalen Gingivalinie ab). Diese Unregelmäßigkeit wurde durch eine Verformung der Lippe aufgrund eines Traumas verursacht (Abb. 1). Es bestand eine gute Mundhygiene (Summe PBI 12) und eine regelmäßige intermaxilläre Beziehung (Angle-Klasse I). Die Krone des Zahns 21 wurde mit Komposit an den Nachbarzähnen befestigt und wies eine dunklere Farbe auf. Das marginale Parodontium des Zahns 21 war frei von entzündlichen Veränderungen und die Tiefe des gingivalen Sulkus betrug nicht mehr als 2 mm. Ebenfalls füllten die Papillen die Interdentalräume vollständig aus (PSI 3). Im Vestibulum in der Mukogingivallinie befand sich eine chronische Fistel in Regio 21 (Abb. 2). Intraorale Röntgenaufnahmen bestätigten eine unvollständige endodontische Behandlung mit einer teilweise bis in den periapikalen Bereich reichenden Füllung sowie einer teilweisen Wurzelresorption (Abb. 3).
Behandlungsplan
Unter Berücksichtigung des Patientenalters wurde in Betracht gezogen, den Zahn zu retten. Dies hätte jedoch eine wiederholte endodontische Behandlung, möglicherweise sogar eine Replantation erfordert, wobei der Ausgang ungewiss gewesen wäre. Außerdem verlangte die Patientin selbst bereits nach der vorangehenden Behandlung eine endgültige Lösung. Es wurde daher beschlossen, den Zahn zu extrahieren und durch ein Dentalimplantat zu ersetzen. Zum Erhalt der Ästhetik des Weichgewebes ist eine Sofortimplantation sowie Sofortbelastung am besten geeignet. Wir haben diese Alternative in Erwägung gezogen, uns aber aufgrund der lang andauernden periapikalen Ent-zündung für ein weniger radikales Verfahren entschieden – eine verzögerte Implantation mit Sofortbelastung.
Extraktion mit Erhaltung der Gewebe
Zahn 21 wurde unter Lokalanästhesie mit 2 ml Articainhydrochlorid 40 mg/ml und Epinephrin (Spracain, Zentiva®) extrahiert (Abb. 4). Nach der Extraktion und Exkochleation wurde die Extraktionswunde revidiert. Die vestibuläre Wand der Alveole war bis auf den apikalen Teil erhalten (Abb. 5). Dies war eine gute Voraussetzung für die natürliche Regeneration des Knochens, daher füllten wir das Zahnbett nur mit einem antibiotikahaltigen Kollagenkegel (Cone Genta, Resorba®) auf. Der extrahierte Zahn wurde als provisorischer Ersatz verwendet. Die Wurzel wurde etwa 2 mm unterhalb der Schmelz-Zement-Grenze abgeschnitten, sodass dieser Teil im Weichgewebe eingebettet war. Die Zahnkrone wurde mit Flow-Composite (Tetric EvoFlow, Ivoclar) an den Nachbarzähnen befestigt und das Weichgewebe mit resorbierbarem Nahtmaterial vernäht (Abb. 6). Nach 14 Tagen überprüften wir die Einheilung und fixierten den Zahn erneut mit einem mehrsträngigen Draht von der Palatinalseite aus (Abb. 7). Die Implantation wurde für den Folgemonat geplant.
Verzögerte Implantation und Sofortbelastung
Da eine Sofortbelastung des Implantats geplant war, wurde zuerst ein Abdruck der Situation angefertigt. Die Vorabformung wurde zur Herstellung einer provisorischen Krone verwendet (Abb. 8 und 9). Nach dem Entfernen der Krone waren eine perfekt epithelisierte Extraktionswunde und erhaltene Interdentalpapillen zu sehen (Abb. 10 und 11). Die Drahtschiene, mit der die Zahnkrone zeitweilig fixiert worden war, wurde als Kontrollelement für das Einsetzen des Implantats vorübergehend zurückbehalten. Unter Lokalanästhesie wurde der Mukoperiostlappen palatinal angehoben und teilweise vestibulär mobilisiert (Abb. 12). Anschließend wurde ein 14 mm langes Implantat (BioniQ, LASAK) mit einem Durchmesser von 4 mm eingesetzt und nach dem Entfernen des Trägers ein provisorischer Aufbaupfosten (Durchmesser 4,0 mm, Länge 3 mm; LASAK) befestigt (Abb. 13 und 14). Nach dem Anpassen des Aufbaupfostens wurde eine provisorische Krone aus dem selbsthärtenden Bis-Acrylat-Kunststoff (Acrytemp, Zhermack®) hergestellt und das Weichgewebe mit resorbierbarem Material (Glycolone 4/0, Resorba®) vernäht. Bei dem Follow-up nach einem Monat sind bei der Patientin keine Probleme aufgetreten. Der provisorische Zahnersatz war in das umgebende Gewebe integriert und die Ästhetik des Weichgewebes ist erhalten worden, einschließlich der Position der Papillen (Abb. 15).
Die endgültige Prothetik
Vier Monate nach der Implantation und der Sofortbelastung wurde die provisorische Krone entfernt und entsprechende Abdrücke mit der klassischen Technik (Aquasil Ultra+, Dentsply Sirona) genommen. Anschließend wurde im Labor eine vollkeramische Krone (IPS e.max Press, Ivoclar) angefertigt. Die Krone wurde mit einer Schraube befestigt und mit 20 Ncm angezogen, wobei der Schraubenkanal mit Teflon und Flow-Composite (Tetric EvoFlow, Ivoclar) verblendet wurde. Die prothetische Arbeit war ästhetisch und funktionell zufriedenstellend (Abb. 16). Nach der Fixierung der Krone wurde eine Röntgenkontrollaufnahme angefertigt und die Patientin wurde über die Hygiene rund um das Implantat belehrt (Abb. 17). Zudem wurden weitere Recalls in jährlichen Abständen angeordnet. Bei der letzten Kontrolluntersuchung ist die Ästhetik der Arbeit und des umgebenden Gewebes zufriedenstellend (Abb. 18 und 19). Das Röntgenbild zeigt ebenfalls eine verheilte Alveole, ohne resorptive Veränderungen (Abb. 20).
Zusammenfassung
Dieser Fallbericht dokumentiert einen erfolgreichen Zahnersatz im ästhetischen Bereich bei einer jüngeren Patientin. Durch minimalinvasive chirurgische Eingriffe und die Schonung des umliegenden Gewebes konnte ein bestmögliches ästhetisches und gleichwohl funktionelles Ergebnis erzielt werden.
Autor: Doc. MUDr. Martin Starosta, Ph.D.
Dieser Artikel ist im IJ Implantologie Journal erschienen.