Kinderzahnheilkunde 23.07.2025

Prinzessinnen- und Ritterzähne: Workflow von Kinderkronen inklusive Pulpotomie



Ein fünfjähriges Mädchen nimmt auf dem Behandlungsstuhl Platz. Die Mutter berichtet über ein Loch im Backenzahn. Der klinische Befund zeigt eine Approximalkaries am Zahn 84 mit Einbruch der Randleiste. Wie lässt sich dieser Zahn adäquat und langfristig versorgen? Der folgende Beitrag stellt den Behandlungsworkflow zur Versorgung mit einer konfektionierten Kinderkrone inklusive Pulpotomie vor.

Prinzessinnen- und Ritterzähne: Workflow von Kinderkronen inklusive Pulpotomie

Foto: Getty Images – unsplash.com

Bei kariösen Läsionen ist eine therapeutische Intervention häufig unumgänglich. Oberflächliche kariöse Läsionen stellen in der Regel keine besondere Herausforderung dar und können meist durch Versiegelung, Arretierung oder in fortgeschritteneren Fällen durch Exkavation und anschließender Füllung behandelt werden.1 Anders verhält es sich jedoch bei pulpanahen oder kavitierten Dentinläsionen. Das Hauptziel der Versorgung kariöser Zähne in der ersten Dentition besteht darin, den Milchzahn bis zu seiner physiologischen Exfoliation zu erhalten und gleichzeitig sicherzustellen, dass im Verlauf des Milchzahnlebens keine weiteren invasiven Eingriffe erforderlich sind.

Der langfristige Erfolg der gewählten Therapieform sowie des verwendeten Materials hat daher höchste Priorität. In der Regel werden direkte Restaurationen bevorzugt, da sie eine schnelle und effektive Lösung bieten. Bei Zähnen mit ausgedehnter, mehrflächiger Karies stellt jedoch die Versorgung mit konfektionierten Kronen die überlegene Alternative dar, um einen langfristigen Behandlungserfolg zu gewährleisten (Abb. 4). 

Indikation

Im Vergleich zur Behandlung erwachsener Patienten muss die Indikation für eine Kronenversorgung im Milchgebiss deutlich früher gestellt werden. Dies ist zum einen auf die charakteristische Anatomie der Milchzähne zurückzuführen – insbesondere ihre ausgeprägte Pulpenkammer und dünnere Zahnhartsubstanz – und zum anderen auf die typischerweise rasch progrediente Kariesentwicklung. So kann bei einer approximalen Läsion mit Einbruch der Randleiste an einem Milchmolaren in der Regel bereits von einer Caries profunda ausgegangen werden (Abb. 1).

Auch das Vorliegen multipler kariöser Defekte an einem Zahn sowie eine hohe Kariesaktivität bei sehr jungen Kindern können die Indikation für eine Kronenversorgung im Milchgebiss begründen. Eine absolute Kontraindikation für die Versorgung mit einer Kinderkrone besteht bei irreversibler Pulpitis, apikaler Parodontitis oder einem geringen Verlust an Zahnhartsubstanz.

Bild von einem Quotenzeichen
Konfektionierte Stahlkronen zeichnen sich durch ihre hohe Langlebigkeit und reduzierte Kosten aus. Beim Einsetzen sind sie wenig techniksensitiv [...]

Wahl der Kinderkrone – Vor- und Nachteile

Grundsätzlich lässt sich im Milchgebiss zwischen konfektionierten Stahlkronen und zahnfarbenen konfektionierten Kinderkronen unterscheiden. Letztere bestehen in der Regel entweder aus Zirkonoxid oder aus keramisch modifiziertem Kompositmaterial. Die Wahl der geeigneten Kronenart sollte unter Berücksichtigung sowohl funktioneller als auch ästhetischer Aspekte erfolgen. Eine Übersicht über die jeweiligen Vor- und Nachteile bietet Tabelle 1.

Ablauf

Im ersten Schritt wird sowohl klinisch als auch radiologisch überprüft, ob Anzeichen einer Entzündung vorliegen. Die Behandlung des betroffenen Zahnes beginnt mit einer geeigneten Lokalanästhesie. Anschließend erfolgt die okklusale Reduktion des Zahnes mit einem knospenförmigen Diamantenbohrer, die Schichtstärke wird entsprechend dem verwendeten Kronenmaterial angepasst (Abb. 2). Daraufhin wird die Karies vollständig exkaviert. Sollte eine Pulpotomie erforderlich sein, wird in diesem Schritt die Trepanation durchgeführt. Unter Verwendung eines sauberen rotierenden Instruments wird die Kronenpulpa und Pulpa am Kanaleingang entfernt. Zur Blutstillung eignet sich Eisen(III)-sulfat oder sterile Wattepellets. Eine nicht stillbare Blutung oder eine nekrotische Pulpa erfordern entweder eine Wurzelkanalbehandlung oder die Extraktion des Zahnes.

Nach gründlicher Säuberung der Kavität erfolgt die Abdeckung der Kanaleingänge und des Kavitätenbodens mit Mineral Trioxide Aggregate (MTA) sowie die anschließende Aufbaufüllung. Alternativ kann auch Zinkoxid-Eugenol-Zement zur Abdeckung der Pulpenwunde verwendet werden.

Im nächsten Schritt wird der Zahn für die Versorgung mit einer konfektionierten Stahlkrone mesial und distal separiert (Abb. 3), und es wird die passende Kronengröße gewählt. Bei der Versorgung mit einer Zirkonoxidkrone muss zirkulär mehr Zahnhartsubstanz entfernt und eine äquigingivale oder subgingivale Präparation durchgeführt werden. Nach erfolgreicher Einprobe kann die Krone zementiert werden. Überschüsse sollten sorgfältig entfernt werden. Ein Sonderfall stellt die Hall-Technik dar, bei der auf eine Präparation des Zahnes verzichtet und gegebenenfalls nur separiert wird.

Fazit

Eine frühzeitige zahnärztliche Vorstellung kann Karies im Milchgebiss wirksam vorbeugen und gleichzeitig die Grundlage für ein dauerhaftes Vertrauensverhältnis zwischen Kind und behandelndem Zahnarzt schaffen. In der Therapie der Milchzahnkaries sollten bevorzugt etablierte Verfahren mit nachgewiesener Langzeitprognose zur Anwendung kommen.

Konfektionierte Stahlkronen zeichnen sich durch ihre hohe Langlebigkeit und reduzierte Kosten aus. Beim Einsetzen sind sie wenig techniksensitiv und bieten den Vorteil, den koronalen Anteil des Zahnes vollständig zu umfassen und abzudichten. Insbesondere bei sehr jungen, kariesaktiven Patienten stellen Kinderkronen eine zuverlässige und langlebige Restaurationsform dar.

Autoren: Dr. Rebecca Otto und Dr. Antonia Neumann

1 Uhlmann, Ulrike. Kinderzahnheilkunde: Grundlagen für die tägliche Praxis, 2019

Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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