Laserzahnmedizin 24.05.2013
Das Gleiche in Grün?
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Pünktlich zur Jahrestagung der DGL im September letzten Jahres in Leipzig hatte die Firma elexxion den neuen und viel beachteten Farbstoff Perio Green zur Photodynamischen Therapie mit dem Diodenlaser 810 nm präsentiert. Näheres zu dieser Innovation, erste Therapieberichte und die Herkunft des Sprichwortes „Das Gleiche in Grün“ erwartet Sie in diesem Beitrag.
Perio Green ist ein photodynamisches Produkt zur Bekämpfung von Bakterien in der Mundhöhle. Zur Aktivierung ist eine Lichtquelle im Bereich von 780–820 nm (Laser) zwingend erforderlich. Die Lichtquelle muss definierte Voraussetzungen erfüllen (Wellenlänge, Ausgangsleistung, Applikatoren). Perio Green ist ein Medizinprodukt der Klasse IIa.
Einsatzgebiete und Wirkungsweise
elexxion hat bisher die chronische, nicht chirurgische Parodontitistherapie als Ergänzung zur Entfernung harter Beläge (Root Scaling & Planing) und die Periimplantitistherapie freigegeben. Weitere mögliche Einsatzgebiete wie z.B. die Anwendung im Wurzelkanal und bei infektiösen Schleimhauterkrankungen wie z. B. Herpes werden zurzeit noch untersucht und nach erfolgreicher Prüfung freigegeben werden. Die wirksame Komponente ist der Farbstoff Indocyaningrün. Dieser heftet sich an definierte Plasmaproteine an, die in den Membranen von Bakterienzellen vorkommen.
Bei Bestrahlung mit Licht einer definierten Wellenlänge und Energie wird eine chemische Bindung des Farbstoffmoleküls aufgebrochen und ein Sauerstoffatom (Singulett-Sauerstoff) freigesetzt. Singulett-Sauerstoff ist äußerst aggressiv und verändert die Zellwand der Bakterienzellen. Das führt im Ergebnis zu deren Tod. Des Weiteren wird eine quasi antibiotische Wirkung durch die Unterbindung des Quorum sensings diskutiert. Das bedeutet, dass die interzelluläre Kommunikation unterbunden wird. Quorum sensing wird von Bakterien genutzt, um Prozesse zu koordinieren, die ineffizient wären, wenn sie nur von einzelnen Zellen durchgeführt würden, z. B. die Bildung von Biofilmen oder die Bildung von Pathogenitätsfaktoren. Die niedrige Viskosität von Perio Green gewährleistet eine sichere, vollständige selbstständige Penetration des Farbstoffes bis zum Taschenboden ohne weiteres Zutun des Behandlers. Eine anschließende Taschenspülung ist nicht notwendig. Es bleibt keine den Patienten störende Färbung des Mundes oder der Lippen nach der Therapie.
Fallbeispiel
Der erste Patient, der in unserer Praxis mit Perio Green therapiert wurde, war ein Fall, den fast alle Zahnärzte aus ihren Praxen kennen. Dieser Patient ist Nichtraucher, hat keine Diabetes, dafür normalen Stress, leidet unter einer rasanten Zahnsteinneubildung, kommt zwei- bis viermal im Jahr zur professionellen Zahnreinigung in die Praxis, reinigt die Zwischenräume täglich mit Zwischenraumbürsten und putzt seine Zähne mit einer CURAPROX super soft Zahnbürste in der Bass-Technik.
Der PSI, API und auch der PBI liefern keinen Anhalt für eine parodontale Erkrankung. Das Röntgenbild (Abb. 1) ist unauffällig, und die Sondierungstiefen von 1 bis maximal 3 mm sind im physiologischen Bereich. Konkremente wurden nicht gefunden. Also alles in Ordnung? Oder doch nicht? Denn mehrmals im Jahr wird der Patient außerplanmäßig bei mir vorstellig, um von lokalen schmerzhaften und blutenden Stellen zu berichten. Damit gehen empfindliche Zahnhälse besonders im Frontzahnbereich einher (Abb. 2 und 3).
Diese Probleme halten meist nur ein bis zwei Tage an und sind bis zum Termin in der Praxis oft wieder vollständig verschwunden. Eine Gewebeauflockerung und Rötung bleiben jedoch erhalten. Eine Blutung beim Sondieren bleibt aus, jedoch blutet es nach der PZR auffällig stark und lange nach. Also vermuteten wir eine bakterielle Infektion mit parodontalpathogenen Keimen. Der durchgeführte MIP- Basistest (Abb. 4) brachte dann Gewissheit. Eine Infektion mit erhöhter Keimanzahl von Treponema denticola konnte nachgewiesen werden.
Nach erfolgter Aufklärung willigte der Patient in die vorgeschlagene Therapie mit Perio Green ein. Ohne Anästhesie wurde nach vorsichtiger Plaqueentfernung und Bewässerung der Taschen mit Ultraschall (Abb. 5) auf niedriger Stufe zur Schaffung eines aquatischen Raumes Perio Green appliziert (Abb. 6). Danach erfolgte die obligate interne Aktivierung des Farbstoffes mit dem elexxion Diodenlaser mit 300 mW und einer 300-μm-PA-Faser für je 30 Sekunden vestibulär und oral. Danach wurden die Parodontien Zahn für Zahn je 30 Sekunden vestibulär und oral extern mit dem Glasstab T6 des elexxion pico mit dem Perio Green Programm mit 300 mW (Abb. 7) belichtet, um Schattennester zu vermeiden. Dieser Therapieschritt ist laut Herstellerangabe fakultativ. Auch an die bakterielle Belastung der Zunge und des Rachenraums wurde gedacht (Abb. 8).
Nach zwei Wochen kam der Patient zur Kontrolle in die Praxis, und ein MIP-Basisbakterientest (Abb. 9) zeigte die erfolgreiche Bakterienelimination. Die klinischen Bilder zeigten festes Gewebe in einer gesunden blassrosa Farbe (Abb. 10 und 11). Der Patient berichtete zufrieden, keine Zahnhalsüberempfindlichkeiten mehr zu verspüren, und ist nach nun mehr als sechs Monaten von Blutungen und Entzündungen verschont geblieben.
Zusammenfassung
Die ersten Ergebnisse geben Anlass zu Optimismus, dass mit Perio Green eine weitere wirkungsvolle Therapiemöglichkeit gegen die Volkskrankheit Parodontitis gefunden wurde. Gespannt sind wir auf Studienergebnisse, ob diese empirisch gewonnenen Ergebnisse wissenschaftlich bestätigt werden können. Nun bleibt nur noch zu klären, welche Geschichte sich hinter dem Sprichwort „Das Gleiche in Grün“ oder „Dasselbe in Grün“ verbirgt. Dafür gibt es zwei Deutungen:
1. Es stammt aus dem Bahnwesen. Früher hatten die Fahrscheine der verschiedenen Klassen unterschiedliche Farben. Am Bahnschalter hieß es daher: „Das Gleiche in Grün bitte!“
2. Das Kleinwagenmodell 4/12 PS von Opel ging 1924 in Serie und wurde wegen seiner ausschließlich grünen Lackierung „Laubfrosch“ genannt. Wegen der großen Ähnlichkeit zum Citroën 5CV bzw. 5HP entstand die Wendung „Dasselbe in Grün“.