Laserzahnmedizin 29.11.2012
Laser in der Parodontologie
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Die Anwendung unterschiedlicher Lasersysteme wurde und wird intensiv untersucht. Um mit dieser noch jungen und sehr komplexen Disziplin evidenzbasiert in der parodontologischen Praxis arbeiten zu können, ist es erforderlich, die Wirkungsweisen der verschiedenen Wellenlängen und Applikationsversionen zu kennen.
Bei der parodontalen Therapie stehen die Entfernung des supra- bzw. subgingivalen Biofilms und des Zahnsteins sowie der Konkremente von den Wurzeloberflächen im Vordergrund. Die Infektionskontrolle und der Erhalt des klinischen Attachments sind weitere Ziele. Ein individuelles befundorientiertes Recallsystem ist dabei indiziert. Die Hauptstütze der parodontalen Therapie sind das Scaling und Root Planing. Neben der Handinstrumentation haben sich Schallinstrumentation, Luft-Pulver-Wasserstrahl-Geräte sowie zusätzliche Anwendungen von Antiseptika und Antibiotika lokal oder systemisch etabliert. Darüber hinaus wird seit über einem Jahrzehnt die Phototherapie in der parodontalen Behandlung diskutiert. Die Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS) des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) zeigte 2005, dass 73% der Erwachsenen und 88% der Senioren mindestens an einem Zahn eine parodontale Läsion aufwiesen und dass dieses Befundbild gegenüber 1997 in beiden Alterskohorten einen Prävalenzanstieg zu verzeichnen hatte. Somit leiden etwa acht Millionen Bundesbürger zwischen 35 und 74 Jahren an einer schweren und häufig inadäquat versorgten Parodontalerkrankung.23 Zur Falldefinition einer Parodontitis konnte bislang innerhalb der internationalen Parodontalepidemiologie noch kein Konsens erreicht werden.15 Darüber hinaus werden sehr unterschiedliche Kriterien und metrische Abgrenzungen herangezogen, um die Schweregrade einer parodontalen Erkrankung zu definieren. Klar ist, dass die parodontale Infektion eine multifaktorielle, genetisch und systemisch modulierte, akute oder chronische, destruktive Infektion mit einem pathogenen Keimspektrum ist.29
Bezüglich der Ätiologie der parodontalen Erkrankung favorisieren die aktuellen und allgemein anerkannten Theorien eine Veränderung in der mikrobiellen Komposition des Biofilms mit einer Reduktion der nützlichen bzw. fördernden Symbiosen und einem Ansteigen von Pathogenen.9 Folglich sind Ziele der parodontalen Therapie, dass einerseits die mit Parodontitis assoziierten mikrobiellen Veränderungen umgekehrt und wiederhergestellt werden, andererseits dass die subgingivalen mikrobiellen Verhältnisse bei parodontal gesundem Zustand erhalten bleiben.
Instrumente der Parodontaltherapie
Der Goldstandard in der Parodontaltherapie sind das Scaling und Root Planing mittels Küretten und Scalern. Zudem ist die Anwendung unterschiedlicher Schallinstrumentationen etabliert und evidenzbasiert. Das Ziel der Handinstrumentation ist, dass Verbindungen von Ablagerungen (Konkrementen) und Wurzeloberflächen aufgebrochen werden. Dies ist zeitintensiv und für den Behandler körperlich anstrengend. Eine Instrumentation mit Schall- oder Ultraschallscalern dagegen ist zeitsparender mit nahezu ähnlichen Ergebnissen wie die Handinstrumentation.8 Je nach Geschicklichkeit und Erfahrung des Anwenders können beide Instrumentierungen trotzdem negative Effekte auf die Wurzeloberfläche haben.30
Phototherapie
Neben der konventionellen mechanischen Therapie und der Chemotherapie wird seit über einem Jahrzehnt die Wirkung der Anwendung verschiedener Lasersysteme in der parodontalen Therapie untersucht. Obwohl seit der ersten In-vivo-Anwendung von Lasersystemen in der Zahnmedizin über 40 Jahre vergangen sind, wird dem Einsatz von Lasersystemen in der Zahnmedizin wissenschaftlich erst seit gut einem Jahrzehnt mehr Aufmerksamkeit zuteil. Generell kann man den Nutzen des Laserlichtes in zwei Gruppen unterteilen: die Low-Energy-Level- und die High-Energy-Level-Lasertherapie.12 Für die High-Level-Laser-Therapie sind, bezogen auf Wellenlängen, Energieeinstellungen und Applikation, nach heutigem wissenschaftlichen Stand folgende Wirkungsweisen hervorzuheben: die Möglichkeit des Debridements, die aseptische Wirkung, die Nontoxizität sowie die Unterstützung der verbesserten Heilung und Regeneration. Für die Low-Level-Laser-Therapie ist hervorzuheben, dass sie die immer häufiger auftretende Lichttherapieform ist, da sie effektiv bei der Gewebs- und Zellstimulation ist, es zu keinen substanziellen Veränderungen im Gewebe kommt und ein photobiomodullierender Effekt festgestellt worden ist.
Potenzielle Vorteile der Lasertherapie
Hypothetisch werden der Laseranwendung bakterizide, detoxische und hämostatische Effekte zugeschrieben. Zudem ist ein besserer Zugang zu anatomisch schwierigen Regionen möglich. So sind die Laser einfach zu handhaben und bieten dem Patienten eine komfortablere Behandlung. Darüber hinaus gilt die Biostimulation als ein Effekt der Laseranwendungen in der Parodontologie. Es stellt sich die Frage, ob Lasersysteme in der Parodontologie als Adjuvanz oder Monotherapie die Anforderungen der Parodontaltherapie wie Infektionskontrolle, Kürettage, Debridement, Progressionsstopp und Erhalt des klinischen Attachments erfüllen können. Möglicherweise stellen die Lasersysteme im Biofilmmanagement sogar eine gewebeschonende Alternative dar.
Wellenlängen
Da Laseranwendungen sehr komplex sind, müssen dem Anwender die Wirkungsweisen der verschiedenen Wellenlängen auf unterschiedlichem Gewebe in der Praxis bekannt sein. Einem Lasergerät kommt dabei eine feste Wellenlänge zu. Beispielsweise hat ein Nd:YAG-Laser eine Wellenlänge von 1.064nm, ein Er:YAG-Laser hat hingegen eine Wellenlänge von 2.940nm, ein ErCr:YSGG-Laser besitzt eine Wellenlänge von 2.780nm und Diodenlaser zeichnen sich durch unterschiedliche Wellenlängen (z.B. 700nm oder 980nm) aus (Abb. 1). Diese verschiedenen Wellenlängen haben entsprechend unterschiedliche Wirkungen auf das parodontale Gewebe, die Zahnsubstanz oder den Knochen. Hat ein Diodenlaser eine hohe Absorption in Melanin, so weist ein Er:YAG-Laser eine hohe Absorption in Wasser anstatt in Melanin auf. Was das bedeutet, lässt sich an einem einfachen Versuch darstellen. Angenommen es befindet sich ein aufgeblasener kleinerer schwarzer Luftballon in einem aufgeblasenen gelben Luftballon und man „schießt“ mit einem Nd:YAG-Laser auf die Ballons, dann wird der schwarze Ballon explodieren, nicht jedoch der gelbe Ballon. Da die Nd:YAG-Laser eine hohe Absorption auf dunkel pigmentierte Gewebe haben, hat der Laserstrahl eine Transmission durch den gelben Ballon und eine Absorption im schwarzen Ballon. Reflektion, Absorption, Streuung und Transmission sind wichtige Eigenschaften der Laserstrahlung. Folglich ist die Wahl des Lasersystems der wichtigste Schritt für eine erfolgreiche zahnmedizinische Anwendung.
Welche Lasersysteme eignen sich in der Parodontologie?
CO2-Laser (10.600nm)
Der CO2-Laser hat einen sehr hohen Energieausstoß, insbesondere im cw-Modus (continuous wave). Aufgrund seiner hohen thermischen Eigenschaft ist er weder für die Konkremententfernung noch für Wurzeloberflächendebridements geeignet. Miyazaki et al. untersuchten 2003 in einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie die Effekte des CO2- (2W, cw) und des Nd:YAG-Lasers als Monotherapie im Vergleich zum Ultraschallscaling. Lediglich bei der Taschentiefe kam
es beim CO2-Laser, beim Nd:YAG-Laser sowie bei der Ultraschallanwendung zu einer signifikanten Reduktion der Sondierungstaschentiefen. Eine Reduktion der Bleeding-on-Probing-Werte wie auch eine Verbesserung der „Klinischen Attachment Level“-Werte konnten nur bei dem Nd:YAG-Laser und dem Ultraschallscaler festgestellt werden.
Nd:YAG-Laser (1.064nm)
Untersuchungen mit dem Nd:YAG-Laser im Bereich der Parodontologie wurden erstmalig 1992 veröffentlicht. In diesem Jahr konnten Arcoria et al. (1,5 oder 3,0W, 100mJ oder 200mJ, 15Hz) in einer In-vitro-Studie subgingivale Konkremente ohne thermische Schädigungen von der Wurzeloberfläche entfernen. Morlock et al. (1,25–1,5W, 62,5–75mJ, 20Hz) stellten 1992 in einer In-vitro-Studie hingegen Kraterformationen und Körnungen sowie Schmelzungen und Karbonisationen nach der Nd:YAG-Laserstrahlung fest. Im gleichen Jahr zeigten Cobb et al. in ihrer In-vivo-Studie (1,75–3,0W, 87,5–150mJ, 20Hz), dass mit der Laserbehandlung zwar ein Rückgang der pathogenen Bakterienanzahl eingetreten war, aber die Konkremente nur ineffektiv entfernt werden konnten und thermische Schäden an der Wurzeloberfläche entstanden. Slot et al. 2009 untersuchten in einem Review die Effizienz des gepulsten Nd:YAG-Lasers in der nicht chirurgischen Parodontaltherapie. Sie führten ein Screening von Titeln und Abstracts von 285 PubMed- und 38 Cochrane-Artikeln durch, von denen gerade acht Titel den vorgegebenen Studienkriterien entsprachen. Die Effektivität der Nd:YAG-Laser-Monotherapie wurde mit der Handinstrumentation oder der Anwendung von Ultraschallgeräten in der Plaqueentfernung und klinischen Parametern (Taschenentzündung, Taschentiefen) verglichen. Die Mehrzahl der untersuchten Studien zeigte keinen vorteiligen Effekt der gepulsten Nd:YAG-Laseranwendung im Vergleich zur konventionellen Therapie. Man nahm an, dass keine Evidenz vorliegt, den Nd:YAG-Laser in der Parodontaltherapie den konventionellen Methoden (Handinstrumentation und Ultraschall) vorzuziehen. Beispielweise untersuchten Quadri et al. (2010) den Langzeiteffekt einer einzigen Applikation des wassergekühlten Nd:YAG-Lasers in Kombination mit Scaling und Root Planing (SRP) im Vergleich zu SRP allein. Fazit dieser Studie war, dass die einfache Applikation von Nd:YAG-Lasern in Kombination mit der Handinstrumentation einen positiveren Langzeiteffekt für die Parodontalgesundheit hat als die Anwendung von Handinstrumentation allein. Der Nd:YAG-Laser kann somit als eine zusätzliche Behandlung, nicht jedoch als zu bevorzugendes alleiniges Therapieinstrument, zur konventionellen Parodontaltherapie verwendet werden.
Diodenlaser (700–980nm; Abb. 2)
Die ersten Veröffentlichungen über die Anwendungen unterschiedlicher Diodenlaser in der Parodontaltherapie erfolgten 1997. Moritz et al. (1997; 2,5W, 50Hz, 805nm) wiesen in ihren In-vivo-Studien eine höhere bakterielle Elimination aus den parodontalen Taschen und eine bessere Heilung nach Anwendung des Diodenlasers in Kombination mit SRP nach. Während der Diodenlaserbestrahlung der Wurzeloberfläche stellten dagegen Kreisler et al. (0,5–2,5W, cw, 809nm) 2002 in einer In-vitro-Studie einen risikohaften Temperaturanstieg in der Pulpa fest. Schwarz et al. (2003a) (1,8W, Pulsmodus, 810nm) zeigten in einer In-vivo-Vergleichsstudie an 40 einwurzeligen Zähnen, dass die Diodenlaseranwendung (Abb. 3) für die Konkremententfernung ineffektiv sei und Schädigungen an der Wurzeloberfläche erzeugte. Er:YAG-Laserscaling (Abb. 4) und Handinstrumentation, jeweils als Monotherapie, waren im Gegensatz zum Diodenlaserscaling gleich erfolgreich in der Konkremententfernung. Lediglich der Er:YAG-Laser konnte in vivo ohne Schädigungen an der Wurzeloberfläche agieren. Lin J et al. (2011) verglichen in einer Split-mouth-Design-Studie die Diodenlaseranwendung in Kombination mit der konventionellen Therapie zur Handinstrumentation allein. Dabei verwendeten sie einen 810-nm-Diodenlaser (2W). Die diodenlaserunterstützte Kürettage resultierte, verglichen zur konventionellen Therapie, in statistisch signifikanten Verbesserungen in den Taschentiefen (Abb. 5), im Blutungs- und Gingivaindex sowie in den klinischen Attachmentlevels mit mehr Therapiekomfort für die Patienten und weniger Zeitbedarf.
Photodynamische Therapie (PDT)
Die Photodynamische Therapie basiert auf dem Phänomen, dass lichtabsorbierende Sensoren von Bakterien aufgenommen werden können. Werden diese mit Licht aktiviert, werden cytotoxischer Sauerstoff und freie Radikale generiert. In-vitro-Studien zeigten vielversprechende Resultate, allerdings werden die klinischen Effekte in der Parodontaltherapie sehr kontrovers diskutiert. Rühling et al. (2010) untersuchten die Effekte der PDT in der parodontalen Erhaltungstherapie. Sie kamen zu dem Schluss, dass bei verbliebenen Taschen die PDT nicht der konventionellen Therapie vorgezogen werden sollte, wenngleich sie das Potenzial für eine bedeutende alternative Therapie hat. Allerdings waren die klinischen Effekte zu gering, um daraus eine definitive Schlussfolgerung ziehen zu können. Polansky et al. (2009) untersuchten die Effektivität der PDT als Mono- und als zusätzliche Therapie zur Ultraschallinstrumentation (Abb. 6). Die Monotherapie mit PDT war nicht so effektiv wie die kombinierte Therapie mit Ultraschall, da es zu keiner zusätzlichen Reduktion der Blutungsindizes oder der Taschentiefensondierungswerte kam. Braun et al. zogen 2008 in einer Kurzzeitstudie das Fazit, dass die zusätzliche Anwendung der PDT zum konventionellen Debridement zu einer Verbesserung der klinischen Werte führen kann. So sehr auch die unterschiedlichen Studien das Potenzial der Photodynamischen Therapie als Zusatz zur konventionellen, nicht chirurgischen Parodontaltherapie positiv bewerteten, braucht man dennoch weitere klinische Studien, um die Sicherheit und Effizienz im Management der biofilmassoziierten Erkrankungen zu bestätigen.
Er:YAG-Laser (2.940nm)
Die erste Studie mit einem Er:YAG-Laser in der Parodontaltherapie führten Aoki et al. 1994 durch. Sie konnten eine effektive Entfernung von Konkrementen darstellen. Schwarz et al. untersuchten 2001 den Effekt der Er:YAG-Laseranwendung auf die Wurzeloberfläche in vivo und in vitro. Mit einer Energieeinstellung von 120mJ bis 180mJ bei 10Hz wurden die Wurzeloberflächen therapiert. Im Gegensatz zu den Wurzeloberflächen, die in vitro behandelt wurden, konnte elektronenmikroskopisch dargestellt werden, dass es in vivo keine Defekte nach der Er:YAG-Laseranwendung auf der Wurzeloberfläche gab (Abb. 7 und 8). Aoki et al. (1994) untersuchten ebenfalls die thermischen Effekte der Er:YAG-Laseranwendung auf die Wurzeloberfläche und die Pulpa. Bei Wasserkühlung kam es zum Temperaturanstieg im Wurzelzement um 2,4 Grad und in der Pulpa um 0,8 Grad. Ohne Wasserkühlung erreichte der Temperaturanstieg im Wurzelzement 39 Grad und in der Pulpa 18,4 Grad. Bereits ab einem Temperaturanstieg um 5,4 Grad kommt es zu irreparablen Schäden im Gewebe. Um die Jahrtausendwende wurden vermehrt Studien über die Anwendung von Er:YAG-Lasern in der Parodontaltherapie durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Er:YAG-Laseranwendung in Hart- wie auch in Weichgeweben sehr effektiv bezüglich der Ablation ist und bakterizide Effekte unter klinischen Bedingungen aufweist. Für Patienten ergab sich der Vorteil, dass diese Therapieform mit nur minimalen Schmerzen, wenn nicht sogar schmerzfrei verlaufen kann.11
Langzeitstudien Er:YAG-Laser
Schwarz et al. (2003b) veröffentlichten eine Split-mouth-Design-Studie über die Unterschiede zwischen Handinstrumentation und Er:YAG-Lasermonotherapie über zwei Jahre. Als Resultat zeigten sich signifikant bessere Werte bezüglich des Blutungsindexes, der Sondierungstaschentiefen der Rezessionen sowie des klinischen Attachmentlevels. Crespi et al. veröffentlichten 2007 eine ähnlich aufgebaute Studie im Split-mouth-Design mit einem Vergleich zwischen Ultraschallinstrumentation und Er:YAG-Laser. Auch hier konnte dargestellt werden, dass die Er:YAG-Lasermonotherapie über zwei Jahre signifikante Verbesserungen in den Sondierungstaschentiefen und Gewinn in klinischen Attachmentlevels, speziell in moderaten und tiefen Taschen hat. Im Jahr 2007 veröffentlichten Schwarz et al. eine experimentelle Tierversuchsstudie, um die Charakteristika der parodontalen Wundheilung nach nicht chirurgischer Er:YAG-Lasermonotherapie zu erfahren. Wurde bei der ersten Testgruppe lediglich die supragingivale Plaquekontrolle durchgeführt, therapierten sie bei der zweiten Testgruppe mit dem Er:YAG-Laser subgingival mit 80–160mJ und 10Hz. Die Ergebnisse zeigten in der ersten Testgruppe eine vollständig verbliebene Infektion der marginalen Gingiva (Abb. 9), wohingegen die zweite Testgruppe eine komplette Heilung aufwies (Abb. 10).
Er:YAG-Laser – Mikrobiologie
In der Untersuchung von Derdilopoulou et al. (2007) wurden mikrobiologische Befunde nach Parodontaltherapie mit Küretten, Er:YAG-Laser, Schall- und Ultraschallinstrumentation bei Patienten mit chronischer Parodontitis in den Fokus gestellt. Alle Therapiemethoden resultierten in einer vergleichbaren Reduktion der evaluierten parodontalen Pathogenen. So war das Ansteigen der bakteriellen Befunde sechs Monate nach der Therapie nur gering unterschiedlich. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) schreibt in ihrer Stellungnahme zur Laseranwendung in der Parodontologie, dass es nicht möglich ist, unter praktischen Bedingungen Zahnstein und Konkremente mit den meisten konventionellen Lasertypen (Argonlaser, Diodenlaser, Nd:YAG-Laser, Ho:YAG-Laser, CO2-Laser) zu entfernen. Wenn man diese Systeme trotzdem für die Parodontaltherapie einsetzen würde, könnte dies zu extensiven Nekrosen in Wurzelzement und Dentin führen. Vielversprechende Resultate gibt es bei Laseranwendungen im 3-nm-Bereich (Er:YAG-, ErCr:YSGG-Laser). Histologische Studien konnten zeigen, dass es hier nicht zu Verletzungen der Wurzeloberfläche kommt. Ein Attachmentgewinn konnte noch bis zu zwei Jahre später nachgewiesen werden. Die Ergebnisse sind mit denen des SRP mittels Handinstrumenten oder Schallinstrumenten vergleichbar. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit einer Prozesskontrolle durch Fluoreszenzdiagnostikmethoden. Eine Review zur Er:YAG-Laseranwendung in der Parodontaltherapie wurde 2008 veröffentlicht. Fragestellung war der klinische Effekt der Er:YAG-Laserapplikation in der nicht chirurgischen Parodontaltherapie im Vergleich zum mechanischen Debridement bei Patienten mit chronischer Parodontitis. Die elektronischen Datenbanken PubMed und Cochran Library wurden nach Studien bis einschließlich 2007 durchsucht. Am Ende waren zwölf Publikationen (elf Studien) den Kriterien der Autoren für diesen Review entsprechend. Die Resultate ergaben, dass sowohl die Er:YAG-Lasermonotherapie als auch die traditionelle mechanische Therapie mit Handinstrumentation oder Schallinstrumentation die gleichen Ergebnisse kurzzeitig sowie nach bis zu zwei Jahren aufwies. Es wurde zudem festgestellt, dass es nur eine insuffiziente Evidenz bezüglich des Einsatzes von CO2-Lasern, Nd:YAG-Lasern, Nd:YAP-Lasern oder unterschiedlichen Diodenlasern gibt. Der Er:YAG-Laser scheint dabei die am besten geeigneten Charakteristiken für die nicht chirurgische Parodontaltherapie zu besitzen. Die Forschung bescheinigt ihm die gleiche Sicherheit und Effektivität, die von Ultraschall- und Handinstrumentation bekannt ist (Abb.11–17).
Laser in Parodontalchirurgie
Mizutani et al. (2006) untersuchten die parodontale Wundheilung nach einer Lappen-OP mit Anwendung von Er:YAG-Lasern an Hunden im Vergleich zur konventionellen Lappen-OP. Sie konnten feststellen, dass das Debridement und die Degranulation effektiver mit dem Er:YAG-Laser durchgeführt werden kann, da hier-bei keine thermischen Schäden entstehen und die Behandlung signifikant schneller verlaufe. Die Menge des neu geformten Knochens war signifikant größer in der Er:YAG-Lasergruppe als in der Kürettengruppe. Somit konnte die Er:YAG-Laserbestrahlung sicher bei der Lappen-OP angewendet werden, mit dem Potenzial neuen Knochen zu formen. Gaspirc et al. veröffentlichten 2007 eine Fünf-Jahres-Studie über das klinische Langzeitergebnis nach einer Lappen-OP mit Er:YAG-Laseranwendung im Vergleich zur konventionellen modifizierten Widmann-Lappen-OP. Bei der Er:YAG-Lasergruppe kam es in den ersten drei Beobachtungsjahren zur größeren Sondierungstaschentiefen und größerem klinischen Attachmentgewinn. Die Resultate konnten bis zu fünf Jahre gehalten werden. Zudem bestätigte Ishikawa 2009, dass die momentan erhältlichen Er:YAG-Lasersysteme eine gute Effizienz in der Knochenbearbeitung mit größerer Präzision als bei rotierenden Instrumenten aufweist.
Integration der Laseranwendung in der Praxis – organisatorische und wirtschaftliche Aspekte
Die Integration von Lasern als mögliche Therapietechnik ist aus wissenschaftlicher Sicht mit dem heutigen Wissensstand nicht mehr infrage zu stellen. Die größere Problematik liegt vielmehr in der individuell unterschiedlichen Organisation der einzelnen Praxis. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei beschränkt auf die Möglichkeiten der anwendbaren Wellenlängen. Es empfiehlt sich vor dem Kauf eines Lasers genau zu definieren, wo er eingesetzt werden soll. Den Patienten gegenüber ist es empfehlenswert, ein entsprechendes Kommunikationsprofil für das gesamte Praxisteam zu entwickeln und entsprechend mit Plakaten, Infoblättern oder -briefen sowie entsprechenden PowerPoint-Präsentationen und Flyern einzuführen.
Da in Deutschland die Anwendung von Lasern in der Zahnmedizin nicht zu den Leistungen des gesetzlichen Gesundheitssystems gehört, muss die Laseranwendung daher privat abgerechnet werden. Die private Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) enthält eine Gebührenposition, die die Laseranwendung auf genau definierte Therapieschritte beschränkt. Dort nicht genannte Therapieschritte müssen entsprechend analog berechnet oder frei als Wunschleistung vereinbart und abgerechnet werden. Es empfiehlt sich, die GOZ diesbezüglich genau zu studieren.
Vor- und Nachteile der Laseranwendung in der Parodontologie
Die Vorteile der Laseranwendung in der Parodontologie sind von der photophysikalischen Charakteristik, der guten Ablation, Detoxifikation und Hämostase über den bakteriziden Effekt, das selektive Therapieren des Weichgewebes und der guten Eigenschaften in der Knochenbearbeitung bis hin zu den minimalen thermischen Effekten wellenlängenabhängig. Zudem erfährt der Patient einen besseren Komfort während der Therapie und in der Heilungsphase. Die Nachteile der Laseranwendung in der Parodontologie sind in erster Linie die hohen Investitions- und Betriebskosten. Da jede Wellenlänge sich unterschiedlich auf die verschiedenen Gewebe auswirkt, muss der Anwender das angestrebte Einsatzgebiet des Lasers wissen. Zusätzlich erfordert die Anwendung von Lasern eine intensive Beschäftigung mit allen physikalischen und medizinischen Aspekten dieser speziellen Therapieform. Dadurch entsteht für den Lasernutzer ein nicht unerheblicher Zeitaufwand, zumal nur wenige akademische Institutionen qualitativ hervorragende Aus- und Weiterbildungen anbieten.
Zusammenfassung
Schlussendlich kann festgehalten werden, dass es in der Parodontaltherapie nach heutigem Wissensstand zwei Applikationswege gibt: den dekontaminierenden, nicht ablatierenden Weg (Root Planing und Scaling klassisch und zusätzliche Anwendung beispielsweise mit dem entsprechenden Diodenlaser) und den Weg der Monotherapie mit dem entsprechenden Er:YAG-Laser ohne Veränderung der Wurzeloberflächenmorphologie. Die bislang bekannten histologischen Befunde zeigten auch gute Eigenschaften bezüglich der schadensfreien Biofilmentfernung. So ist der Therapieerfolg über einen langen Zeitraum nicht abhängig von der Art der Instrumentierung (Handinstrumente, Ultraschall oder Laser), sondern beruht weiterhin auf einer optimalen Befunderhebung und Diagnosestellung, einer State of the Art-Therapie und dem individuell der parodontalen patientenbezogenen Situation entsprechenden Recall. Insbesondere ist es wichtig, ein schlüssiges Therapiekonzept zu haben, welches vom ganzen Team, Zahnarzt, Dentalhygienikerin bzw. Prophylaxeassistentin, getragen werden muss. Der Erfolg steht und fällt natürlich auch mit der Motivation der wichtigsten Personen – den Patienten. Die Laseranwendung in ihrer Vielfalt scheint das Potenzial für eine gewebeschonende und auch patientenfreundliche, praktikable Anwendung in der Parodontaltherapie – inklusive der parodontalen Erhaltungstherapie – zu haben.
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