Prophylaxe 17.10.2016

Jugendliche in der Praxis – oft „vergessen“?!



Jugendliche in der Praxis – oft „vergessen“?!

Foto: © Syda Productions – shutterstock.com

Jugendliche sind schwierig, haben immer schlechte Laune, sind unhygienisch, lassen sich nicht motivieren und haben alles andere im Kopf, als ihre Zähne – so oder so ähnliche Statements bekommt man zu hören, sobald man beginnt, über jugendliche Patienten zu sprechen. Aber stimmt das wirklich oder leisten wir sogar eventuell selbst einen Beitrag, dass Jugendliche in dieser Art und Weise reagieren?

Eine Umfrage hat in Österreich geklärt, welche körperlichen Merkmale für junge Menschen besonders wichtig sind. Überraschenderweise waren hierbei nicht eine gute Figur und makellose Haut an erster Stelle, sondern schöne Zähne! Außerdem lieferte diese Befragung auch eine Antwort zum Thema Mundhygiene: Circa 90 % putzen sich morgens vor dem Frühstück die Zähne, etwas mehr als die Hälfte nach dem Frühstück, ca. 80 % am Abend und 40 % greifen sogar nochmals zur Zahnbürste, bevor sie den Freund oder die Freundin treffen.

Wahr ist aber auch, dass sich Teenager im Übergang vom Kind zum Erwachsenen befinden und dies mit hormonellen Stimmungsschwankungen einhergeht und der Einfluss der Eltern schwindet. Vieles wird ausprobiert und vieles infrage gestellt – die Jugendlichen wollen und müssen ihre eigenen Erfahrungen machen.

Wie können Sie punkten? Der erste Kontakt von Kindern mit dem Zahnarzt kann prägend für das künftige Verhalten in der Praxis sein. Während sich bereits viele Praxen sehr gut auf die kleinen Patienten einstellen, werden Jugendliche oft in der Wahrnehmung vergessen. Dies beginnt meist schon bei der Ausstattung des Wartezimmers. Für die Kleinen gibt es eine Spiel- und Malecke samt entsprechender Kinderliteratur. Nicht mehr Kind, aber auch noch nicht erwachsen, steht den Jugendlichen meist kein adäquates Unterhaltungsmaterial zur Verfügung. Sie haben inzwischen zwar meist eigenes elektronisches Equipment dabei, lassen sich jedoch auch gerne positiv überraschen, wenn die Praxis sich mit ihrer Altersgruppe beschäftigt hat. Hier können Sie bereits erste Pluspunkte sammeln.

Die nächsten Pluspunkte werden in der Kommunikation vergeben. „Bei der Kommunikation ist zu bedenken, dass ca. 70 % Probleme in der Schule, mit dem Elternhaus oder mit Gleichaltrigen haben. Unter Stressbedingungen sind sie angespannter und wahrscheinlich schmerzempfindlicher und ängstlicher. Je nach ihren bisherigen Erfahrungen sind sie besonders zurückhaltend und misstrauisch oder sehr zutraulich.“1 Generell jedoch überlegen Jugendliche bewusst und problemorientiert, denken wie Erwachsene und möchten auch so behandelt werden. Sie reagieren schnell mit Ablehnung und Zurückweisung, sollte dies nicht der Fall sein.

Die richtige Kommunikation ist eine geschickte Mischung einer offenen Gesprächsführung mit der sachlichen Vermittlung behandlungsrelevanter Fakten:

  • Jugendliche nehmen sich oft wenig Zeit zum Essen und greifen deshalb oft zu Fastfood oder dem Angebot des Bäckers um die Ecke. Nur den wenigsten ist dabei bewusst, dass Süßigkeiten und Chips zwischendurch sowie das Trinken von Softdrinks und Fruchtsäften den Zähnen schadet. 
  • Mit einem sachlichen und informativen Gespräch ist die Erfolgschance, den Jugendlichen von der Notwendigkeit von Mundhygiene, Prophylaxe oder gesunder Ernährung zu überzeugen, weitaus größer als durch Drohungen oder Warnungen. Lobendes Herausstellen seiner Mit­arbeit ist nützlich, um den Jugendlichen für die Sache zu gewinnen.2 

Nutzen Sie auch die naturwissenschaftliche Neugierde und das Bedürfnis nach Faktenwissen aus, z. B. durch Versuche wie das Einfärben der Zahnbeläge, mikroskopische Abstrichpräparate oder kleine Experimente wie den „Eierversuch“ zur Verdeutlichung der Wirkung von Fluoriden, durch Vorher-Nachher-Situationen mit der Intraoralkamera oder auch durch eine halbseitige Reinigung des Gebisses zum Vergleich.

Ist Ihre Praxis auf jugendliche Patienten eingestellt? Wenn nicht, nehmen Sie sich die Zeit, sich Gedanken zu machen, wie Sie diese Zielgruppe gut ins Behandlungsgeschehen einbinden können. Beginnen Sie mit dem Wartezimmer und der richtigen Einstellung. Die Jugendlichen werden es Ihnen als treue Patienten danken.

Literatur:
1 Dr. phil. Dipl.-Psych. Hans-Christian Kossak: Einführung in die Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen für die Zahnarztpraxis.
2 Christa Maurer: Erfolgreich beraten in der Zahnarztpraxis; Deutscher Ärzteverlag.

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