Zahntechnik 08.12.2021

OK-Frontversorgung mit Feldspatkeramik-Veneers trotz Parafunktion (Teil 2)



OK-Frontversorgung mit Feldspatkeramik-Veneers trotz Parafunktion (Teil 2)

Foto: Dr. Sven Egger

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine aufwendig ästhetisch-rekonstruktive Rehabilitation einer Patientin (38 Jahre) mit guter allgemeiner Gesundheit. Im ersten Teil (ZT 11/21) wurden die Anamnese, die Befundung, der Behandlungsplan sowie der Beginn des Behandlungsablaufs beschrieben. Im zweiten Teil gehen die Autoren nun auf den weiteren Verlauf der Behandlung sowie den Funktionsstatus und die rot-weiße Ästhetik ein. Sie schließen mit einer Zusammenfassung der ästhetischen Problematik und einer ausführlichen Diskussion.

Weiterführender Behandlungsablauf

Zweifache Abdrucknahme der präparierten Zähne mittels Doppelfadentechnik: Einbringen eines ersten, getränkten (Racestyptine solution, Septodont) Fadens (Ultrapak 0, Ultradent), über welchen ein zweiter getränkter Faden größeren Durchmessers gelegt wird (Ultrapak 1, Ultradent) (Abb. 8a). Wartezeit bis zur Abdrucknahme mit den gelegten Fäden etwa zehn Minuten. Artikulation und Splitcast-Kontrolle (Abb. 8b). Zahn für Zahn-Eingliederung der zuvor geätzten und silanisierten (Monobond S, Silan, Ivoclar Vivadent) Empress Veneers, Teil- und  Vollkronen  (IPS  Empress, Ivoclar Vivadent) mit Syntac Classic (Ivoclar Vivadent) und Variolink II (Ivoclar Vivadent) nach vorherigem Abstrahlen der präparierten Zahnoberflächen (Rondoflex plus, KaVo) mit Aluminiumoxidpulver der Korngröße 27 μm (Rondoflex plus, KaVo) und Schmelzätzung mit 35 % Phosphorsäure (Ultra-Etch, Ultradent) (Abb. 9a und b).

Aufsetzen eines verschraubten Abdruckpfostens nach Freilegung des Implantats (nach sechs Monaten). Abformung mittels eines A-Silikons in Doppelmischtechnik einzeitig: Umspritzung der präparierten Zähne mit dünnfließendem Material (Express Ultra-Light Body, 3M Espe) und Einbringen des schwerfließenden Materials (Express Penta Putty, 3M Espe) in einen individuellen Abdrucklöffel mit Aussparung an der Implantatposition, (Profibase rosa, Voco), um den verschraubten Implantat-Abdruckpfosten wieder vom Implantat lösen zu können. Implantatverschluss mit 3 mm HA.

Sequenzielle Präparation (zuerst Präparation SZ/Einsetzen, dann Präparation FZ/Einsetzen) der Zähne im Oberkiefer in lokaler Anästhesie. Präparation 14, 15, 17 zur Aufnahme von mehrflächigen Inlays, 16 für Teilkrone (zylindrischer Diamant 847-023SC, ökoDENT) (Abb. 12).

Zweifache Abdrucknahme mit der bereits beschriebenen Doppelfadentechnik. Aufwachsen im zahntechnischen Labor (Abb. 13).

Registrieren der schädelbezüglichen Position des Oberkiefers mittels eines arbiträren Gesichtsbogens (Artex 3-D, Amann Girrbach) (Abb. 14). Bestimmung der Idealwinkel der Zähne aus frontaler Sicht mit dem Clinometer nach Dr. Behrend (Amann Girrbach), Kieferrelationsbestimmung in HIKP (= ZKP)  mit  thermoplastischem Kunststoff (Bite Compound, GC, Japan) (Abb. 15).

Provisorische Versorgung der präparierten Zähne mittels Silikonschlüssel (über Wax-up gezogen) und Protemp 3 Garant A1 (3 M Espe). Ausarbeitung am Stuhl und Eingliederung als verblocktes Provisorium nach Kontrolle der Randpassung und Okklusion. Eingliederung der Veneerprovisorien durch punktförmige Schmelzätzung mit 35%iger Phosphorsäure, befestigen mit lichthärtendem ungefülltem Klebekunststoff (Heliobond, Ivoclar Vivadent).

Herstellung der Veneers auf feuerfesten Stümpfen mit Feldspatkeramik (Creation CC, KLEMA).

Veneeranprobe (Feldspatkeramik, Creation CC, KLEMA) mit Try-In Gel (Variolink II, Ivoclar Vivadent). Anlehnung an frühere Zahnform. Ästhetikkontrolle im Beisein des ausführenden Zahntechnikers: Einzelzahnkontrolle in ästhetischer Hinsicht unter Berücksichtigung der entsprechenden Ästhetikparameter und Notierung eventueller Korrekturen. Die Patientin entschied sich ohne Zögern zum Einsetzen der Veneers.

Einsetzen der Veneers mit dem bereits beschriebenen Adhäsivprotokoll (Abb. 16).

Ausführliche und detaillierte Besprechung des ästhetischen Ergebnisses mit der Patientin. Abschlusskontrolle sämtlicher funktioneller und ästhetischer Parameter.

In-Office-Bleaching der UK-Frontzähne 4-4 und OK-SZ-Zähne 4-7 mit 40 Prozent Wasserstoffperoxid (Opalescence Boost, Ultradent Products).

Anfertigung einer Aufbissschiene zur Prävention prothetischer Misserfolge und zur Stabilisierung der neuen Bisslage (Abb. 17).

Funktionsstatus

Die manuelle und klinische Funktionsanalyse ergaben keinen auffälligen Befund. Für die dynamische Okklusion wurde eine Front-Eckzahngeschützte Variante programmiert.

Die manuelle Führung ergab keine Abweichung in maximaler Interkuspidation (ohne Führung) und zentraler Kondylenposition (mit Führung). Die Kiefergelenke zeigen beidseits beim Schließen ein schmerzfreies leichtes Reiben/Knacken. Es sind keine Druckdolenzen der Muskulatur bei Palpation vorhanden.

Rote und weiße Ästhetik

Der Gingivaverlauf ist harmonisch (mittelhohe Lachlinie). Das Weichgewebe um die Restaurationsränder zeigt eine hervorragende Integration. Die Interdentalpapille 11/21 zeigt eine minimale Diskrepanz, welche sich jedoch im weiteren Verlauf der Gewebereifung noch vollständig ausformen dürfte (Abstand Sounding – Präpgrenze/Approximalkontakt < 5mm).

Die Inzisalkanten folgen dem Verlauf der Unterlippe (positive Lachlinie). Bezüglich der Zahnlänge erfüllt die OK-Front nun die Wünsche und Vorstellungen der Patientin. Das aktive Lächeln entblößt die gesamte Länge der Frontzähne. Der Inzisalkantenverlauf folgt der Stellung der Unterlippe (berührungsaktives Lächeln).

Die größeren und längeren Schneide- und Eckzähne fügen sich harmonisch in das Gesamtbild der Restbezahnung ein und schenken der Patientin ein attraktives Erscheinungsbild.  Form  und  Größe,  Charakteri- sierung durch den ausführenden Zahntechniker (Transparenz, Transluzenz) sowie die Oberflächenstruktur (Textur) der keramischen Veneers zeigen ein ansprechendes Erscheinungsbild. Das Längen-Breiten-Verhältnis beträgt nun circa 80 Prozent (Länge 12 mm, Breite 10 mm).

Die Zahnfarbe entspricht nun den Vorstellungen der Patientin (A2, Creation, KLEMA). Im UK-Frontbereich sowie an den OK-SZ wünscht sich die Patientin zu einem späteren Zeitpunkt noch ein Bleaching.

Die leicht nach bukkal stehenden Frontzähne 12, 22 konnten durch die Einzelzahnrestaurationen harmonisch in den Zahnbogen eingegliedert werden. Durch die adäquate palatinale Einfassung mit stumpfem Stoß wurde eine gute Front-EckzahnFührung gezielt in die Veneer-Restaurationen eingearbeitet.

Zusammenfassung der ästhetischen Problematik

Es zeigt sich nun hinsichtlich der Länge (Lächeln), Form, Farbe, Stellung der Zähne sowie der rosa Ästhetik ein ansprechendes dentogingivales Erscheinungsbild. Die unteren Frontzähne haben leichten Kontakt auf den Palatinalflächen der oberen Eck- und Schneidezähne. Der Overbite beträgt durch die vergrößerten mittleren Restaurationen 5 mm, der Overjet 4 mm.

Diskussion

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um eine aufwendig ästhetisch-rekonstruktive  Rehabilitation2, mit deren Ergebnis sich die Patientin vollumfänglich zufrieden zeigt. Die 38-Jährige begab sich in zahnärztliche Behandlung, nachdem sich das ästhetische Erscheinungsbild der oberen Frontzähne in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert hatte. Die Röntgenaufnahmen zeigten keinerlei Beeinträchtigung  der  parodontalen Haltefunktion.

Dem Wunsch der Patientin nach hellen und längeren Frontzähnen konnte nach Vorbehandlung mit semipermanten Kompositaufbauten (neue VDO in ZKP) entsprochen werden, um gleichermaßen den funktionellen Ansprüchen zu genügen und um in der zentrischen sowie dynamischen Okklusion eine ausreichend stabile Bisslage und -führung zu gewährleisten,3,4 Dabei wurde die habituelle Okklusion zugunsten der ZKP aufgegeben, da die Patientin mit der bisherigen Bisslage das Gefühl habe, die Zähne passen nicht richtig aufeinander. Des Weiteren leide sie seit Jahren unter Migräne.

Die ästhetisch-rekonstruktive Behandlung der Frontzähne erfolgte mit schmelzbegrenzten Veneerpräparationen.5 Die diversen kariösen Läsionen/Komposit- und Amalgamrestaurationen sowie die insuffizienten Kronen- und Brückenversorgungen sollten durch keramische Inlays und Teilkronen sowie ein Einzelzahnimplantat für die Lücke 36 ersetzt werden. Alternativ wäre die Behandlung kombiniert mit Kompositfüllungen (im SZB) und  Keramikveneers  durchführbar gewesen.6, 8

Die prothetische Versorgung sollte, wie bereits erwähnt, hohen ästhetischen und biologisch-funktionellen Ansprüchen gerecht werden und wurde deshalb im Frontzahnbereich mit geschichteten Veneers aus Feldspatkeramik und im SZB mit Presskeramikrestaurationen realisiert.1,7 Das Einzelzahnimplantat sollte nach der Einheilphase mit Abdruckpfosten und individuellem Löffel abgeformt werden. Für die Versorgung kam ein individuelles Zirkonabutment als Suprastruktur zum Einsatz, welches abschließend mit einer Zirkon-Verblendkeramikkrone versorgt wurde.

Die Patientin ist mit der durchgeführten Sanierung äußerst zufrieden und „freut sich jeden Tag beim morgendlichen Blick in den Spiegel“. Einem regelmäßigen halbjährlichen Recall steht die Patientin sehr aufgeschlossen gegenüber. Die angefertigte Nachtschiene wird zuverlässig getragen. Abschließend betrachtet, stellt sich die durchgeführte Sanierung für den Behandler in ästhetischer sowie funktionell-rekonstruktiver Sicht als Erfolg dar.

Literaturliste

Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

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