Branchenmeldungen 19.03.2025

Auszeichnung für ZTM Matthias Schenk: „And the winner is: Zahntechnik!“



Zahntechnikermeister Matthias Schenk wurde im Januar 2025 beim 4. Internationalen Speaker Slam in Wiesbaden mit einem Award ausgezeichnet (die ZT Zahntechnik Zeitung berichtete). Das Handwerk auf der großen Bühne, von der dentalen Werkstatt zum Volk – normalerweise ist das Zahntechniker-Handwerk in den Köpfen der Deutschen nicht so präsent. Schenk möchte dies ändern und skizziert im folgenden Interview seinen individuellen Weg.

Auszeichnung für ZTM Matthias Schenk: „And the winner is: Zahntechnik!“

Foto: links: Justin Bockey, rechts: privat

Dieser Artikel ist unter dem Titel „And the winner is: Zahntechnik!“ in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

Zunächst einmal Glückwunsch zur Auszeichnung! Mit dem Veranstalter des Slams, Bestsellerautor und Redner Hermann Scherer, haben Sie 2019 in New York schon einmal einen Weltrekord – den damals größten internationalen Speaker Slam – auf die Beine gestellt; Sie sind also „Wiederholungstäter“. Wie kommt man als Zahntechniker dazu, sich bei einem Speaker Slam zu batteln?

Dazu muss ich ein wenig ausholen: Wie die meisten Zahntechniker habe auch ich lange Zeit am liebsten in meiner Werkstatt „gebastelt“, hatte Spaß bei der Arbeit und ging meiner dentalen Leidenschaft nach. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurde es aber für mich leider alles andere als „spaßig“: Es galt zunehmend, stumpfsinnige Befehle auszuführen, ein vernünftiges Gespräch auf Augenhöhe mit dem Behandler war oft unmöglich – dem Ansatz folgend, wer die Macht hat, bestimmt ... Auch und obwohl ich doch ein freier selbstständiger Handwerksmeister bin?! Damit konnte und wollte ich mich nicht länger abfinden.

In New York hatte ich dann im Jahr 2019 die Gelegenheit, eine Woche lang das sogenannte „Method Acting“ am renommierten Lee Strasberg Theatre and Film Institute zu erlernen, und durfte etwas Bühnenluft schnuppern. Und es stimmt, was man sagt: „Die Bretter, die die Welt bedeuten“ geben einem schon einen gewissen Adrenalinkick!

Was genau störte Sie an der Beziehung zwischen Zahnarzt und Zahntechniker?

Nach meinem Empfinden herrscht im medizinischen Bereich eine Art preußische Hierarchie. Im Krankenhaus mag das Sinn machen, aber im Verhältnis Zahnarzt zu Zahntechniker ist es lächerlich und verstaubt. Ich wollte es mir nicht länger gefallen lassen, dass meine Arbeiten nach Fertigstellung dann im Mund des Patienten „verschlimmbessert“ und teilweise zerstört werden. Daher habe ich meine Arbeitsweise grundlegend geändert. Inzwischen bin ich bei der Planung sowie bei jedem weiteren Arbeitsschritt dabei und wenn ich die Bissnahme zu Beginn benötige und nicht erst kurz vor der Fertigstellung, dann ist es so. Es geht um Fakten und um Patienten, und nicht etwa um Machtkämpfe oder wer den höheren Status hat. Es ist so angelegt, wie ich es für meinen Part benötige und nicht wie die Helferin die Termine einplant, weil sie das immer so macht. Dieses Schema F machte mich wahnsinnig!

Welche Erfahrungen haben Ihre Arbeitsweise über die Jahre geprägt?

Nach meiner Meisterschulzeit habe ich ein Jahr in Tansania im Usambara-Gebirge gearbeitet. Die Menschen dort waren immer fröhlich, das Essen spitze, die Gänse sind um mich herum gewatschelt, wenn ich im Garten die Prothesen auf Hochglanz poliert habe, weil es keine Absaugung gab ... Es war eine sehr kleine Zahnklinik und ich war der einzige Meister. Allen war klar: Obwohl ich erst 26 Jahre jung war, stand ich über der Zahnärztin, der Chefin, obwohl sie quasi die Königin des ganzen Usambara-Gebirges war. Der Zahntechniker fertigte die Prothesen, die der Zahnarzt nur einsetzte.

Wie kann man sich das vorstellen, direkt am Patienten zu arbeiten?

Wir waren sehr einfach ausgestattet, ich machte fast ausschließlich Prothetik. Für die Menschen in Afrika war es logisch, dass ich meine Abformungen, meine Bisse und alles, was ich eben zu meiner Arbeit benötigte, auch selbst anfertigte. Es war für sie überhaupt nicht nachvollziehbar, warum dies die Zahnärztin tun sollte. Und noch weniger Verständnis gab es in puncto Hierarchie: Die Frage „How you can work nicely, without seeing your patient?“ brachte die Leute vor Ort zum Lachen und machte mich sehr nachdenklich ...

Für mich persönlich war es ein Aha-Moment. Ohne die Antwort auf die Frage überhaupt aussprechen zu müssen, war sie mir mit einem Schlag klar: Wir getrauen uns nicht und wir dürfen nicht, deswegen können wir nicht.

Mit der primitiven afrikanischen Laborausstattung und der einfachen Prothetik konnte ich vor Ort teils wesentlich bessere Ergebnisse erzielen als in Deutschland und es war für mich wirklich beschämend, einzugestehen, dass für die hiesigen Patienten keine wirkliche Lobby da ist. Wir Zahntechniker machen tolle hauchdünne Veneers und freuen uns über die Fotos mit den hübschen Mädchen mit den eingeklebten Keramikschnipseln, auf die wir dann stolz sind. Hierzulande galt mein Vorgehen als zu aufwendig und umständlich – über den Patientennutzen, z. B. eine Erweiterungsfähigkeit, wird nicht gesprochen, was zählt ist der kurzfristige maximale Umsatz. Eine implantatgetragene Brücke, die anhand der Ohren ausgerichtet wurde, ist zwar teuer, aber schief. Wenn die Oberkieferfrontzähne zu weit palatinal stehen, weil da der Knochen vorhanden war, sieht das nicht so schön aus, wie eine Teleskopbrücke oder einfach nur eine gute Totalprothese. Kurzum: Für mich war es oft nicht mehr logisch nachvollziehbar, was von mir seitens der Behandler verlangt wurde. Da musste ich doch den Mund aufmachen! Deswegen gehe ich heute zusammen mit meinen Patienten in die Zahnarztpraxis und es wird alles gemeinsam besprochen. Alle Vor- und Nachteile muss der Patient kennen und dann selbst entscheiden. Nur so schaffe ich es, dass mein Zahnersatz auch so im Patienten wirkt, wie wir uns das wünschen.

Was ist Ihr persönliches Ziel?

Mein Wunsch ist, dass alle unzufriedenen Zahntechniker darüber nachdenken, ob sie nicht mehr erreichen könnten, wenn unser Kunde – der Patient – mehr über unser schönes Handwerk wissen würde. Klappern gehört zum Handwerk, zum Zahntechniker-Handwerk gehört anscheinend nur Jammern. Warum sollten uns Patienten wertschätzen, wenn die allermeisten denken, dass ihre neuen Zähne ohnehin aus China kommen oder hinten am 3D-Drucker rausfallen? Daher lautet mein Appell an die Kollegen: Treten Sie heraus aus dem Schattendasein, erzählen Sie von unserem Beruf – es ist der schönste der Welt!

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