Branchenmeldungen 15.01.2015
Beckenschiefstand: Sind die Zähne Schuld?
Es begann mit Schmerzen im linken Knie. Joggen machte Alexa S. dadurch deutlich weniger Freude. Hinzu kam eine eingeschränkte Beweglichkeit, die sie ebenfalls vor allem links registrierte. Die erste Diagnose: Ihr Becken steht schief. Eher zufällig sprach sie mit ihrem Zahnarzt darüber. Ein Glück für sie, denn dadurch wurde erkannt, dass sich die Ursache dafür im Mund befand.
„Fehlende Zähne oder nicht korrekt angepasster Zahnersatz lösen häufig Beschwerden an ganz anderen Stellen im Körper aus“, sagt dazu Professor Hans-Christoph Lauer, wissenschaftlicher Leiter des Kuratoriums perfekter Zahnersatz (KpZ).
Alexa S. wurde vor mehr als 20 Jahren ein Zahn gezogen. „Es hieß, mein Kiefer sei zu klein“, erinnert sich die 42-Jährige. Dadurch passten die Kontaktpunkte der Zähne nicht mehr zusammen, eine so genannte craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) entstand. Auch Zähneknirschen, einseitiges Kauen und hohe psychische Belastungen sind mögliche Auslöser. „Der Körper ist ein fein in sich abgestimmtes System. Fehlende oder schiefstehende Zähne können Reaktionen in den verschiedensten Regionen hervorrufen“, sagt Lauer.
„Beiß doch mal die Zähne zusammen!“, sagt der Volksmund, wenn es stressig wird. Wie eng Zähne und Körper zusammenwirken, lässt sich auch im Alltag leicht beobachten. Beispielsweise beim Tragen schwerer Gegenstände: Automatisch werden dabei die Zähne zusammengebissen. Tatsächlich finden täglich mehr als 1.500 Zahnkontakte statt – beim Kauen, Sprechen, Schlucken und eben auch bei körperlichen und psychischen Belastungen.
Die dabei entstehenden Kräfte werden durch auf- und absteigende Ketten über den kompletten Körper geleitet: Durch einen fehlerhaften Zusammenbiss können somit ungünstige Funktionen entstehen, die sich wie bei Alexa S. über den Nackenbereich, die Schulter bis hin zum Becken und Knie auswirken. „Das komplette Gangbild eines Menschen wird beeinflusst, auch die Fußstellung kann betroffen sein“, beschreibt Lauer. Er rät betroffenen Patienten, Verdachtsfälle mittels einer Funktionsdiagnostik abklären zu lassen. Gemeinsam mit dem Zahntechniker wird der Zahnarzt gegebenenfalls eine Aufbiss-Schiene zur Entlastung der betroffenen Strukturen eingliedern. Die fachübergreifende Zusammenarbeit mit Orthopäden, Physiotherapeuten, Manualmedizinern, Schmerzmedizinern und Osteopathen sowie mit Allgemeinmedizinern, Hals-, Nasen-, Ohrenärzten, Rheumatologen, Neurologen und Psychotherapeuten ermöglicht einen Gesamtblick auf die unterschiedlichen Ursachen, die in Frage kommen. „Das Team Zahnarzt/Kieferorthopäde/Zahntechniker ist in diesem interdisziplinären Expertenkreis oft die zentrale Schaltstation, in dem Diagnostik und Therapie organisiert und durchgeführt werden.“
Zähne und Körper: ein enges Wechselspiel
Machen Sie den Selbsttest
Möchten Sie das
Wechselspiel einmal für sich selbst ausprobieren? Setzen Sie sich
aufrecht hin, beißen Sie die Zähne aufeinander. Dann neigen Sie sich
langsam nach links, anschließend nach rechts. Spüren Sie, wie sich ihr
Biss leicht verändert?
Enge Verbindung zwischen Kau-Apparat, Kopf und Wirbelsäule
Der
Kau-Apparat ist eng mit Kopf, Wirbelsäule, Gehirn und weiteren Organen
verbunden. Ursache für Zähneknirschen, Kiefergelenks-, Ohren-, Kopf-,
Rückenschmerzen, Schwindel, Migräne, Schulterverspannungen, Hüft- und
Knieprobleme kann deshalb ein falscher Biss sein.
Tinnitus
Zahnmediziner der Universität Bonn
korrigierten bei Tinnitus-Patienten mit einer Kunststoffschiene einen
Fehlbiss und entlasteten so das Kiefergelenk. Bereits nach zwei bis vier
Wochen spürten 75 Prozent von 22 derart behandelten Tinnitus-Patienten
eine Verbesserung der Symptome. Jeder Dritte hörte sogar überhaupt keine
Ohrgeräusche mehr.
Quelle: KpZ