Branchenmeldungen 02.05.2011
Beifall für striktes Vorgehen bei Preisdumping und Gutschein-Websites
171. Dienstagabend-Veranstaltung der Zahnärztekammer Berlin
Man könnte meinen, heute sei alles erlaubt, was an Praxis-Marketing möglich ist: Den rechtlichen Veränderungen, was erlaubt ist und was doch nicht, können viele Zahnärzte kaum noch folgen. Die Zahnärztekammer Berlin hat dazu kürzlich eine Fortbildungsveranstaltung abgehalten. Und erfahren: Ihre strikte Abwehrhaltung kommt an bei den Mitgliedern.
Ein interessantes Thema stand auf dem Programm der 171. Dienstags-Veranstaltung der Zahnärztekammer Berlin: „Informations- und Werbemöglichkeiten für die Zahnarztpraxis / Darstellung der aktuellen Situation unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung“.
Referent der von ZÄ Juliane Gnoth, Vorstandsmitglied der Zahnärztekammer Berlin, geleiteten Veranstaltung war ihr Vorstandskollege Dr. Dietmar Kuhn, der neben aktuellen Fakten auch viele Erfahrungen aus seinem Referat Berufsrecht zum Thema beitragen konnte. Teilweise überraschend war für die im Auditorium versammelten Kollegen, was derzeit alles an Praxismarketing seitens der Rechtsprechung als erlaubt angesehen wird. Dr. Kuhn führte unter anderen einige besonders drastische, aber reale Beispiele für Verstöße gegen die Berufsordnung an. Die Gefahr, dass einzelne Kollegen den Heilberuf in die Vergewerblichung trieben, sei leider groß, mahnte Dr. Kuhn. Spontanen Beifall seitens des Auditoriums gab es für die strikte Ablehnung der Kammer hinsichtlich Preisdumping und Verkauf von Gutscheinen für zahnärztliche Behandlungen auf Internetplattformen. Es gebe allerdings auch manches Erfreuliche zu vermelden, so Dr. Kuhn: „Den Zollstock, um das Praxisschild nachzumessen, gibt es schon lange nicht mehr.“ Design und Layout seien heute rechtlich gesehen eher nachrangig. Heute stehe vor allem der Inhalt des Praxisschildes im Blickpunkt. Das Schild dürfe weder anpreisend, unwahr, irreführend noch marktschreierisch sein, dies gelte im Übrigen auch generell für Marketingmaßnahmen der Praxen. Dass Gerichte und Berufsstand nicht immer einer Meinung sind, was als erlaubt durchgehen darf, war an dem deutlichen Unmut der Veranstaltungsteilnehmer bei einigen Fallpräsentationen zu spüren – dem Auditorium ging, was heute als erlaubt gilt, teilweise zu weit.
Wiewohl vieles heute möglich sei, sei keineswegs grenzenlos alles gestattet, berichtete Dr. Kuhn und wurde unterstützt durch den Geschäftsführer der Zahnärztekammer Berlin, Reinhard Biker. Wenn wie bei Versteigerungsportalen das Angebot durch Sternchen und Kleingedrucktes eingeschränkt werde, gelte dies nach der Rechtsprechung grundsätzlich dann als irreführend, wenn hierdurch der Patient/Verbraucher irregeleitet werde. „Zahnersatz zum Nulltarif“ sei ebenfalls inakzeptabel, wenn nicht transparent alle Konditionen auf den ersten Blick vermittelt würden. Solche Formulierungen werteten die Gerichte als „Lockangebot“. In diesen Fällen stehe nicht die sachliche Patienteninformation, sondern die Gewinnmaximierung im Vordergrund. Reinhard Biker schilderte die verbreitete grundsätzliche Haltung der Rechtsprechung, die der Patienteninformation zwar generell viel Raum gebe – aber auch Grenzen setze. Er warnte die Praxen auch aus eigenem Interesse vor Versteigerungsaktionen im Internet: „Sie holen sich auf diese Weise keine treuen, sondern extrem preis-affine und Ärztehopping betreibende Patienten in die Praxis!“ Schon aus Patientenschutz-Gründen habe der Gesetzgeber eine Unterschreitung des 1,0-fachen Gebührensatzes der GOZ untersagt: Die Qualität der Versorgung solle so sichergestellt werden. Zudem müsse die Vergütung einer Leistung angemessen sein, dies gelte gleichermaßen für Rabatte.
Beifall gab es auch für ein Richterwort: Reinhard Biker zitierte aus einem Urteil, das eine besonders auffallende, weil extrem großformatige Werbemaßnahme rechtlich (gerade noch) als zulässig bewertete. Hier habe das Gericht in der Urteilsbegründung angemerkt, solche Werbung könne auf Patienten durchaus auch abschreckend wirken, weil der Patient annehmen könnte, dass dieser Zahnarzt derartig aggressive Werbung nötig habe.
Quelle: ZÄK Berlin