Branchenmeldungen 21.02.2011
Das Rätsel um die Zahnhärte ist geknackt
Tagtäglich werden unsere Zähne auf die Probe gestellt und halten dem Kauen und Zermalmen unserer Nahrung stand. Diese bemerkenswerte Belastbarkeit scheint auf die mikroskopische Schachbrett-Struktur des menschlichen Zahnschmelzes zurückzuführen sein, so das Ergebnis einer aktuellen Studie.
Zahnschmelz, die äußere Schicht des Zahnes, ist eine harte aber spröde Substanz. Bei einer Sprödigkeit vergleichbar mit der von Glas ist es verwunderlich, dass Zähne zu einem Großteil ein Lebenlang halten können ohne in Stücke zu zerspringen.
„Es ist ein kleines Wunder, warum unsere Zähne nicht auseinander fallen“, sagte der Co-Autor der Studie, Brian Lawn von der amerikanischen Bundesbehörde National Institute of Standards and Technology (NIST). Lawn und seine Kollegen nahmen extrahierte Zähne von Menschen, Seeottern und einigen anderen Tieren und setzten diese Belastungen durch eine Metallstange aus, eine Art Katastrophen-Szenario. Die Forscher wollten sehen, wie viel Kraft die Zähne aushalten können, bevor sie brechen, erklärte Lawn.
Schachbrett-Struktur
Das Team fand heraus, dass die schachbrettartige Mikrostruktur des Zahnschmelzes jegliche im Zahn entstandenen Risse davon abhielt, sich im Zahnschmelz auszubreiten und den Zahn zu zerbrechen. Dieses Ergebnis erklärt, warum Zahnärzte die Zähne älterer Menschen ziehen können und dabei feststellen, dass „die Zähne voller Risse sind und der Zahn dennoch intakt bleibt“, so Lawn.
Die Stärke des Zahnschmelzes und die Größe der Zähne können auch beeinflussen, wie belastbar sie für das lebenslange Kauen sind. Zum Beispiel haben Gorillas größere Zähne als Menschen, daher können sie zähere Nahrung verarbeiten. Die Zähne von Orang-Utans haben eine ähnliche Größe wie die von Schimpansen, aber da ihr Zahnschmelz stärker ist, können sie Nüsse und knackigere Speisen essen als Schimpansen, deren Ernährung sehr viel seichter ist.
Der Einfluss pressender Kräfte auf den Zahn eines Menschen (links) und den eines Seeotters (rechts) hinterlässt starke Frakturen.
Vollständig ausgeformte Frakturen in Zähnen werden normalerweise von Schmelzbüscheln unter Kontrolle gehalten, kleinen Rissen zwischen Zahnschmelz und Dentin (links). Wird eine Kraft auf den Zahn ausgeübt, verteilt sich diese auf die Minirisse, die sich gemeinsam ausdehnen. Wird die Krafteinwirkung zu groß, entsteht eine vollständige Fraktur (rechts).
Anthropologen können all diese Informationen über Zahnschmelz nutzen, um Aussagen über die Evolution der Zähne von Primaten und anderen Tieren zu treffen. Sie können sogar erklären, welche Nahrung Menschen in früheren Zeiten gegessen haben.
Materialtechniker wie Lawn können die Struktur des Zahnschmelzes nutzen, um ähnlich belastbare Substanzen zu entwickeln – einschließlich besseren Zahnersatz.
Derzeit haben künstliche Zahnkronen nicht die Mikrostruktur der natürlichen Zähne und fallen daher mit einer höheren Wahrscheinlichkeit aus, sagte Lawn. Wenn Entwickler Materialien schaffen können, welche die Struktur der natürlichen Zähne simulieren können, könnte dies zu glücklicheren Patienten auf dem Zahnarztstuhl führen.
Quelle: www.livescience.com, 16.04.2009
Bildquelle: National Academy of Sciences, PNAS