Branchenmeldungen 12.02.2019
Dentale Lebensläufe: Dr. med. dent. Nele Kettler
In der vorliegenden Reihe befragt die dentalfresh Menschen der Zahnmedizin nach ihrer ganz persönlichen dentalen Biografie. Im Interview steht Dr. med. dent. Nele Kettler – Wissenschaftliche Referentin und Forschungsleiterin für Zahnärztliche Professionsforschung Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) – Rede und Antwort.
Frau Dr. Kettler, wann und warum entschlossen Sie sich, aus der zahnmedizinischen Praxis in die Forschung zu gehen? Ist Ihnen der Schritt leicht gefallen?
Das war eigentlich mehr ein schleichender Prozess. In der Assistenzzeit habe ich gemerkt, dass ich beruflich nicht ganz zufrieden war. Im Laufe der Zeit und nach einigen beruflichen Stationen in verschiedenen Universitäten, Praxen und im Ausland, vor allem aber beim Schreiben meiner Doktorarbeit stellte ich fest, dass mir die wissenschaftliche Arbeit mehr Spaß macht als das Behandeln. Als die Praxis, in der ich in England arbeitete, privatisiert werden sollte, habe ich das zum konkreten Anlass genommen, mir eine Stelle in der Forschung zu suchen und parallel dazu ein Public Health Studium zu beginnen. Die Entscheidung für den beruflichen Wechsel ist mir leichter gefallen als die Entscheidung, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Bereut habe ich aber beides bisher nicht.
Was vermissen Sie aus der zahnärztlichen Praxis am meisten und was interessiert Sie im Besonderen an der zahnärztlichen Versorgungsforschung?
Ich vermisse die Interaktion mit dem Patienten, das schnelle Feedback auf jede Handlung und auch den Kontakt. Im Büro fühlte ich mich gerade am Anfang ungewohnt alleine. Wie in der Versorgungsforschung üblich, arbeiten wir am Institut der Deutschen Zahnärzte jedoch häufig fachübergreifend und tauschen uns regelmäßig aus. Die interdisziplinäre Arbeitsweise schafft oft völlig neue Perspektiven, das finde ich immer wieder spannend. Genau wie den Praxisbezug: Während klinische Studien die Wirksamkeit unter kontrollierten Bedingungen untersuchen, beschäftigt sich Versorgungsforschung mit der (Zahn-)Medizin unter Alltagsbedingungen. Sie beschreibt, analysiert und interpretiert all die Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der zahnmedizinischen Gesundheitsversorgung. Damit trägt sie dazu bei, Stärken sowie Defizite des Gesundheitssystems sichtbar zu machen und die zahnärztliche Versorgung auf Bundesebene weiter verbessern zu können.
Stichwort Work-Life-Balance: Wobei tanken Sie auf?
So oft wie möglich versuche ich, Unbekanntes zu entdecken und Neues auszuprobieren. Auf Reisen fremde Länder und Kulturen kennenzulernen, aber auch zu Hause im Alltag. In der eigenen Stadt findet man viel Neues, wenn man sich abseits gewohnter Pfade bewegt, Köln hat da zum Glück viel zu bieten.
Und was würden Sie – mit Ihren bisher gemachten Erfahrungen – jungen Zahnmedizinerinnen und Zahnmedizinern heute in Bezug auf Ihren Beruf raten?
Studierenden rate ich, durchzuhalten, auch wenn es manchmal schwerfällt. Wir haben herausgefunden, dass die empfundene Belastung kurz vor dem Examen extrem hoch ist, sich in der Assistenzzeit jedoch wieder normalisiert. In der Praxis angekommen, gibt es dann sehr viele Möglichkeiten, sei-nen Beruf auszuüben – unterschiedliche Praxisformen, Praxiskonzepte und Fachrichtungen. Von all den Möglichkeiten sollte man sich nicht verwirren lassen, sondern für sich herausfinden, welcher Weg der persönlich beste ist. Und wenn man merkt, dass es noch nicht passt, ruhig auch einen anderen Weg ausprobieren – es muss ja nicht ein Berufswechsel sein, vielleicht reicht es schon, eine andere Fachrichtung auszuprobieren.
Der Beitrag ist in der dentalfresh erschienen.