Branchenmeldungen 28.02.2013
Depressionen kosten die Schweiz über zehn Milliarden Franken
Obwohl jeder Fünfte in der Schweiz im
Verlauf des Lebens an einer Depression erkrankt, sind die Kosten
dieser Krankheit kaum erfasst. Eine Studie des Instituts für Sozial-
und Präventivmedizin der Universität Zürich schliesst nun diese
Lücke: Von den rund zehn Milliarden Gesamtkosten entfallen 46
Prozent auf direkte Kosten, wie Behandlungskosten, und 54 Prozent auf
indirekten Kosten, wie Arbeitsausfälle. Mit den neuen Zahlen liefern
die Forschenden auch eine nützliche Basis für künftige
Präventionsprogramme.
Rund die Hälfte aller Schweizerinnen
und Schweizer werden im Verlauf ihres Lebens mit psychischen
Problemen konfrontiert. Bei 20 Prozent der Bevölkerung wird eine
Depression diagnostiziert. Typische Merkmale von Depressionen sind:
Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Schuldgefühle, Schlaf- und
Konzentrationsprobleme. Treffen kann es jede Altersgruppe. Trotz
ihrer Häufigkeit sind die wirtschaftlichen Folgen von Depressionen
noch kaum untersucht. Yuki Tomonaga vom Institut für Sozial- und
Präventivmedizin der Universität Zürich hat nun zusammen mit
Forscherkolleginnen und -kollegen die direkten und indirekten
Folgekosten von Depressionen ermittelt.
Bei milden Depressionen sind die
indirekten Kosten höher als die direkten
Depressionen belasten das Budget der
Schweizer Volkswirtschaft mit insgesamt über zehn Milliarden Franken
pro Jahr. Aufschlussreiche Unterschiede zeigen sich dabei je nach
Schweregrad der Krankheit. Einerseits gilt: Je schwerer die
Krankheit, desto höher sind die Kosten. Halten sich jedoch bei
schwerer Erkrankung die direkten und indirekten Kosten die Waage,
verlagert sich dieses Gleichgewicht in Richtung indirekte Kosten bei
mittelschweren und milden Depressionen. Dies sind denn auch die drei
Schweregrade, welche unterschieden werden: Pro Patient und Jahr
schlägt dabei eine schwere Depression mit rund 40'000 Franken zu
Buche, eine mittelschwere mit 28'000 und eine milde mit 15'000
Franken. Von einer schweren Depression betroffen sind rund drei
Prozent der Bevölkerung. Im Vergleich zu Patientinnen und Patienten,
die an einer milden oder mittelschweren Depression erkranken, gehen
sie häufiger zum Arzt oder Psychiater, werden öfter hospitalisiert,
bleiben länger im Krankenhaus und haben einen grösseren Bedarf an
Medikamenten. Zudem verlieren sie deutlich mehr Arbeitstage und sind
häufiger invalid. Im Gegenzug dazu sind bei milden Depressionen die
meisten Kosten indirekt.
Dunkelziffer: Effektive Kosten sind
höher
Basis für die Studie bildete eine
Stichprobe von 556 Patientinnen und Patienten. Aus einer
gesundheitsökonomischen Perspektive erfasste die Studie die Kosten,
und mit der Hochrechnung der Patientendaten auf die Gesamtbevölkerung
gibt sie Aufschluss über die gesamtgesellschaftlichen Kosten.
Da die Studie nur Personen zwischen 18
und 65 Jahren erfasst und da lange nicht alle Depressionen gemeldet
werden, gehen die Autoren davon aus, dass die effektive finanzielle
Last für die Schweizer Volkswirtschaft noch um einiges höher ist.
Der Erstautor Yuki Tomonaga erhofft sich von der Studie auch, dass
sie hilft, die Diskussion über das Thema zu versachlichen, und er
hält fest: «Noch immer sind Depressionen ein gesellschaftliches
Tabuthema». So sollen die neu gewonnenen Resultate dazu dienen, das
Bewusstsein der Bevölkerung über Depressionen und die damit
verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten zu stärken. Weiter sind
insbesondere die Kostenschätzungen zu den verschiedenen
Schweregraden von Depressionen nützlich: für die Konzipierung
künftiger nationaler Präventionsprogramme und für den optimalen
Einsatz vorhandener Ressourcen.
Literatur:
Yuki Tomonaga, Josef Haettenschwiler,
Martin Hatzinger, Edith Holsboer-Trachsler, Michael Rufer, Urs Hepp,
and Thomas D. Szucs. The Economic Burden of Depression in
Switzerland. PharmacoEconomics. 2012. doi 10.1007/s40273-013-0026-9
Quelle: Universität Zürich