Branchenmeldungen 27.07.2010

Höhere GKV-Beiträge für Dicke

Höhere GKV-Beiträge für Dicke

Foto: © Shutterstock.com

Jetzt spinnen die Schwarz-Gelben

Wie schlecht muss es um die Führung in der Gesundheitspolitik der schwarz-gelben Koalition bestellt, wie dramatisch groß muss die Ratlosigkeit sein, wie man neues Geld für die Kassen der GKV rekrutieren könnte, ohne sich dem Vorwurf der Absahn-Beitragserhöhung statt Sparens durch Reformschritte auszusetzen, wenn man die neuesten CDU/FDP-Gesundheitsexperten-Vorschläge liest.

Aus der CDU kam, von den Medien richtig hochgespielt, die Forderung, künftig sollten Übergewichtige höhere GKV-Beiträge bezahlen. Obendrauf setzte ein sogenannter FDP-Gesundheitsexperte, ein sicher zutiefst liberaler Mensch, die Forderung, dass ein "Verkaufsverbot" für Fast Food Produkte an Jugendliche gesetzlich festzulegen sei. Weit hat es die FDP in ihrer Not, an der 5-Prozent-Hürde in den Umfragen zu hängen, gebracht, in der Verteidigung des urliberalen Prinzips "Selbstverantwortung" - hier der Eltern und auch der Industrie - geht vor Gesetzesdiktat und Zwangsmaßnahmen.

Soweit zu Grundprinzipien liberaler Politik. Gesundheitspolitisch tauchen alljährlich im Sommerloch die Sonderbeitragsideen auf. Voran steht immer die Sonder-Raucher-Gesundheits-Steuer, der Zusatzbeitrag für Anhänger gefährlicher Sportarten, vom Extremklettern über Paragliding bis Skifahren, Tennis und Golf - ach die Manager-Bandscheibe - aber noch nie haben die Vorschläge auf der nach oben sicher offenen Unsinnsskala solche Extremwerte erzielt.

Neben Politikern tummeln sich auch gerne Heilberufsfunktionäre im Teich skurriler Beitrags-Sumpfblüten. Urvater dieser Kampagnen war vor Jahrzehnten ein KZBV-Funktionär namens Knellecken, der zweistellige Sonder-KZV-Zwangs-Beitrags-Millionen von den Zahnärzten abkassierte, um in Werbeaktionen die Botschaft im Volk zu verbreiten, dass Zahnärzte gerade mal 5 DM in der Stunde verdienen und über eine Zucker-Sondersteuer die Karies-Behandlungstarife aufgebessert werden müssten. Die Zahnärzte ernteten Hohn und Spott, einige Millionen fanden sich in Kanada-Immobilienobjekten wieder, Knellecken verschwand in der Versenkung und aus der Zucker-Sondersteuer wurde nichts.

Jedes Jahr kamen Sommer für Sommer neue GKV-Sonderabgaben-Ideen aufs Tapet und verschwanden wieder. Vor zwei Jahren blamierte sich Ärztekammerpräsident Vilmar mit der Extrem-Sport-GKV-Abgabe - das Raucher-Alkohol-Steuergeld verschwindet schon im allgemeinen Bundeshaushalt - als Knellecken-Epigone bis aufs Blut. Dann war ein Jahr Ruhe und jetzt wird alles getoppt mit der Dicken-Sonderabgabe mit Fast-Food-Verkaufs-Verbot an Jugendliche. Heute ist Fast Food sicher noch auf FDP-Initiative hin Mehrwertsteuer-Abgaben begünstigt, um den Genuss attraktiver zu machen, soll es morgen für den Nachwuchs verboten sein. Da werden doch alle schlank und die Dicken-Abgabe bringt nichts. Muss man eben die Dünnen zur GKV-Kasse bitten.

Zur Verdeutlichung des Unsinns-Potentials solcher Ideen: Gehört z.B. die bayrische Weißwurst, besonders fett, mit weicher Brezel und mit Bier, bekannter Dickmacher der Bayern - im Bundesdurchschnitt übergewichtig - in die Kategorie Fast Food? Wie vieles andere neben MC-Produkten, Chips, Riegeln und... und... Also bitte sehr. Wer macht also die Ausnahmekataloge? Welch ein Lobbyisten-Krieg tut sich da auf? Oder gibt es eine Volksabstimmung in Bayern wie beim Rauchverbot nun zum Weißwurst-Brotzeit-Verdikt! Unsinn? Wer weiß, bei unseren Politikern?

Die Sommerhitze hat die Polit-Gehirne arg strapaziert oder die Schwarz-Gelben spinnen endgültig. Nicht verdrießen lassen,

toi, toi, toi
Ihr J. Pischel

26.07.2010

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper