Branchenmeldungen 05.07.2023
„Ich nehme meine Projekte gerne in die eigenen Hände!“
Dr. Dr. Julian Diebler kommt aus einer klassischen „Zahnarztfamilie“ und hat sich erst über das Studium der Humanmedizin für seine Karriere als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie entschieden. In Neustadt am Rübenberge hat er Ende 2022 schließlich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Dabei spielte die Zusammenarbeit mit Straumann und das Young Professional Program (YPP) für seine berufliche Entwicklung eine wichtige Rolle. Im Interview erzählt Dr. Dr. Diebler von seinen Erfahrungen auf dem Weg in die Niederlassung und teilt seine Learnings.
Dr. Dr. Diebler, wie hat sich Ihr beruflicher Werdegang gestaltet?
Aufgewachsen bin ich in einer klassischen „Zahnarztfamilie“. Mein Vater hatte über 40 Jahre seine eigene Praxis, die inzwischen von meinen beiden Brüdern und meiner Schwester übernommen wurde. Ich bin ein bisschen aus der Reihe getanzt und habe nach meinem Abitur in Wien angefangen Zahnmedizin zu studieren. Als ich auf einem Kongress für MKG-Chirurgie in der Wiener Hofburg als Saaldiener gearbeitet habe und ich den vielen spannenden Vorträgen folgte, war mein Berufsziel schnell klar. Ich habe 2008 das Zahnmedizinstudium pausiert und konnte aufgrund der Wiener Studienordnung direkt ins fünfte Semester Humanmedizin wechseln. 2012 war das Studium Humanmedizin abgeschlossen, 2015 dann das wiederaufgenommene Zahnmedizinstudium. Als Familienmensch entschied ich mich anschließend, die Facharztausbildung in der Heimat – an der Medizinischen Hochschule Hannover – zu beginnen und schließlich auch zu beenden. Im Herbst 2020 wechselte ich als Facharzt in eine Praxis für MKG-Chirurgie nach Hannover. Der Gedanke an eine Praxisneugründung hat mich von Beginn an gereizt und so habe ich schnell mit den Standortplanungen angefangen. Entschieden habe ich mich für Neustadt am Rübenberge, eine Stadt mit 45.000 Einwohnern in der Region Hannover, in der ich am 1. Dezember 2022 die erste Praxis für MKG-Chirurgie eröffnet habe.
Was waren Ihre Beweggründe Zahnarzt zu werden?
Unser Vater nahm uns vier Geschwister häufig mit in seine Praxis. Die erfüllende künstlerische und handwerkliche Tätigkeit, in kurzer Zeit erreichbare Heilerfolge und die damit verbundene Dankbarkeit der Patienten haben mich begeistert. Nicht zuletzt die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg bei akzeptabler Arbeitsbelastung und planbarer Freizeit, haben mich zur Zahnmedizin und schließlich zur Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie gebracht.
In welchen Bereichen liegen Ihre Tätigkeitsschwerpunkte?
Als MKG-Chirurg und Fachzahnarzt für Oralchirurgie liegen meine Schwerpunkte natürlich in der Chirurgie. Geprägt von meiner Facharztausbildung bei Professor Gellrich, versuche ich nahezu ausschließlich autolog zu augmentieren, digital geplant zu implantieren und auch den „Respekt“ vor Weisheitszähnen nicht zu verlieren. Ein ausgefüllter Tag besteht für mich aus Implantationen, chirurgischen Zahnerhaltungsmaßnahmen wie Wurzelspitzenresektionen, komplizierten Zahnentfernungen, fachspezifischen Entfernungen von Basaliomen sowie anderen Tumoren und kosmetischen Korrekturen, auch mit Hilfe von Botulinum oder Hyaluron.
Wie kamen Sie zu dem Wunsch, sich in einer eigenen Praxis niederzulassen?
Ich nehme meine Projekte gerne in die eigenen Hände. Bestehende Konzepte dienen mir als Leitfaden und Planungshilfen, können aber meinen Wunsch nach Individualität nicht befriedigen. Das gilt für alle Bereiche wie z. B. Praxisdesign, Geräte und Instrumente sowie Verwaltungs- und Behandlungsabläufe. Deshalb kam für mich ein Einstieg in eine bestehende Praxis oder eine Übernahme nie in Frage. Als mich dann ein Zahnarzt aus Neustadt am Rübenberge auf ein Neubauprojekt aufmerksam machte, einem geplanten Ärztehaus neben dem Krankenhaus mit Kita im Erdgeschoss, großem Parkplatz vor dem Gebäude, Bushaltestelle und Apotheke direkt nebenan, stand mein Entschluss fest.
Was waren für Sie die größten Herausforderungen nach Abschluss Ihres Studiums?
Das war die Arbeit in einem Universitätskrankenhaus der Maximalversorgung: „Alles so wie immer“ hieß es da häufig. Das klingt nach Struktur, macht aber auch Veränderungen schwierig. Die ersten Nachtdienste waren herausfordernd: Alleine auf Station und in der Notaufnahme, da waren erfahrenere Assistenzärzte als „Telefonjoker“ und natürlich der Oberarzt im Hintergrund schon beruhigend.
Mit welchen Herausforderungen wurden Sie während Ihrer Niederlassung konfrontiert?
Als angestellter Facharzt mit zwei kleinen Kindern eine große Praxis zu planen war sehr anstrengend. Ohne meine Frau hätte ich das nie geschafft. Auch ein Konkurrent, der sich in denselben Räumlichkeiten als MKG-Chirurg niederlassen wollte, hat Nerven gekostet. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich auf einige Bluffs nicht reingefallen bin. Zudem begann drei Monate nach Mietvertragsunterschrift der Ukraine-Krieg und die Welt hatte sich verändert.
Welche Erfahrungen können Sie weitergeben?
Man braucht eine standfeste Basis, jemanden, der einem den Rücken freihält und ganz wichtig: Vertrauenspersonen. Das Grundkonzept meiner Praxis beruht auf Erfahrungswerten meines Vaters. Jeder Raum, die Laufwege, die Anordnung und Aufstellung aller Geräte und Möbel: Alles haben wir gemeinsam geplant. Außerdem habe ich mir MKG-Praxen befreundeter Chirurgen in ganz Deutschland angeschaut und so viele Anregungen erhalten, die meine Planungen beeinflusst und mich auch vor Fehlentscheidungen bewahrt haben. Vertrauensvolle Steuerberater und seriöse Finanzberater sind ebenfalls wichtig. Mit dem Regional-Vertriebsleiter meines Depots habe ich in der monatelangen Planungsphase fast täglich telefoniert. Den Fachplaner des Depots habe ich am meisten genervt, mehrere hundert Stunden hat er die Praxis geplant, gezeichnet und immer wieder Änderungswünsche eingearbeitet. Eine Praxisneugründung ist Teamarbeit, nicht immer sind Beiträge sinnvoll oder frei von Eigennutz, deshalb ist eine genaue Abwägung vor einer Entscheidung essenziell.
Wie lässt sich Ihre Praxisstruktur beschreiben?
Ich habe eine reine Überweiserpraxis gegründet. Überweisende Kollegen erteilen mir einen klaren Behandlungsauftrag, den ich ausführe. Sollte es die Situation erfordern, halte ich Rücksprache. Es gibt keinen Personenkult. Ich habe meine Praxis bewusst „MKG am Klinikum“ genannt und meinen Namen nicht in den Vordergrund gestellt. Ich möchte, dass Patienten genauso gern zu meiner angestellten Kollegin wie zu mir gehen. Digitalisierung ist ein großes Thema: Von der Onlineterminvergabe, der digitalen Anamnese und der chirurgischen Aufklärung am Tablet, bis zur digitalen Implantatplanung arbeiten wir ressourcenschonend. Eine schnelle Terminvergabe und kurze Wartezeiten sind unser Credo. Freundlichkeit und Transparenz im Behandlungsfall sind dabei natürlich oberstes Gebot. In allen Behandlungsräumen und OPs verfügen wir über große Bildschirme, auf denen wir alles darstellen und erklären können. Alle Patienten sollen vollumfänglich aufgeklärt werden und ohne offene Fragen die Praxis verlassen.
Was begeistert Sie am meisten an Ihrer Arbeit und wo sehen Sie die größte Herausforderung?
Patienten schnell und schmerzfrei glücklich zu machen und ein festes Fundament für stabilen Zahnersatz zu schaffen, das macht mich glücklich. Die größte Herausforderung wird in der Zukunft sicher der Mitarbeiter-Markt sein. Deswegen ist es mir von Anfang an wichtig, faire Gehälter zu zahlen und klare Strukturen zu schaffen.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Neuheiten und Innovationen?
Das ist ganz klar der digitale Workflow: von der digitalen und völlig transparenten Aufklärung über die strahlungsarme dreidimensionale Bildgebung zur sicheren Entfernung von Weisheitszähnen bis hin zum nahezu vorhersagbaren Ergebnis bei digital geplanten Bohrschablonen bei Implantationen.
Wie wichtig ist für Sie das berufliche Netzwerk?
Ein gutes Netzwerk ist essenziell. Eine Überweiserpraxis lebt davon und der ständige Austausch mit überweisenden Kollegen ist mir einfach enorm wichtig und macht natürlich auch Spaß. Man lernt nie aus, erarbeitet gemeinsam Behandlungskonzepte und kann so das optimale Ergebnis für die Patienten erzielen. Gerade schwierige Fälle besprechen wir häufig interdisziplinär, mit prothetisch orientierten Zahnärzten und Kieferorthopäden.
Anhand welcher Kriterien haben Sie sich für die Zusammenarbeit mit Straumann entschieden?
Grundsätzlich muss die Qualität der angebotenen Produkte passen, was bei Straumann zweifelsohne der Fall ist. Schon als angestellter MKGler hatte ich intensiven Kontakt mit dem Sales Management des Unternehmens. Hier wurde mir bei allen Fragen sehr freundlich geholfen und das auch auf dem „kurzen Dienstweg“. Zuverlässigkeit, gute Produkte und ein exzellenter Service sprechen für sich.
Welche Vorteile bieten Ihnen die Produkte von Straumann und welchen Stellenwert haben sie in Ihrer Praxis?
Implantationen können mit häufig vorhersagbarem Ergebnis sicher durchgeführt werden. Zusätzlich erweitern innovative Systeme mit BLX- und TLX-Implantaten das Leistungsspektrum für Sofortimplantationen. Straumann-Implantate gehören zu den am häufigsten gesetzten Implantaten in meiner Praxis und werden daher nahezu täglich von meiner Kollegin und mir verwendet.
Wie hat Ihnen das Young Professional Program auf Ihrem Weg geholfen?
Erstmals Kontakt zu YPP hatte ich in St. Peter Ording 2021. Damals war ich gerade in den Mietvertragsverhandlungen meiner jetzigen Praxis und konnte dort viele interessante Vorträge hören und bereits niedergelassene Kollegen treffen. Die Veranstaltung kann ich allen Kollegen, die sich niederlassen möchten, absolut empfehlen.
Wie sind Sie auf die Rückenwind-Veranstaltung aufmerksam geworden und wie hat diese Sie geprägt?
Mein Dentaldepot und Peggy Beier, Sales Managerin von Straumann, haben mir von der Veranstaltung erzählt. Hier habe ich viel Unterstützung auf meinem Weg in die Selbstständigkeit erfahren und mir wurde bei vielen unklaren Entscheidungen geholfen. Vor allem auch für den Ausbau des beruflichen Netzwerks ist es ein tolles Event. Höhepunkte waren beispielsweise Einblicke ins Praxismarketing mit Rabea Hahn von Whitevision aber auch die gemeinsamen Unternehmungen am Strand. Rückenwind bedeutet Inspiration, Netzwerken und eine Menge Spaß.
Autor: Daniel Slusarcik
Dieser Artikel ist in der dentalfresh 2/2023 erschienen.