Branchenmeldungen 10.04.2018
Kinder vernachlässigt – wie weit dürfen Zahnärzte gehen?
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Wie weit dürfen Zahnärzte gehen, wenn sie den Verdacht haben, dass es sich um Vernachlässigung von Kindern handelt? Diese Debatte wurde kürzlich auf Facebook ausgelöst, als sich eine Zahnarztpraxis „einmischte“.
Zur Vorgeschichte: Im vergangenen November hatten die Zahnärzte der Praxis Smiles 4 Keeps bei den zwei Kindern von Trey H. sieben Löcher festgestellt. Sie legten der Mutter aus Stroudsburg (Pennsylvania) eine Behandlung dieser kariösen Zähne bei einem Folgetermin nahe. Nach Aussagen der Mutter hatte sie Zweifel an der Diagnose, da sie weder die Röntgenaufnahmen einsehen noch bei der Behandlung anwesend sein dürfte, wie Yahoo Finance berichtet. Zudem kam man ihrem Wunsch, Termine für beide Kinder an einem Tag zu bekommen, angeblich nicht nach. Wütend und ohne Termin verließ sie die Praxis.
Mitte März erhielt sie von der Zahnarztpraxis Post, mit der Aufforderung für ihre Kinder Behandlungstermine zu vereinbaren. Für den Fall, dass sie bereits einen Zahnarztwechsel vorgenommen habe, bittet die Praxis um Kontaktdaten, um ihre Akte schließen und gegebenenfalls an den Kollegen weitergeben zu können. Smiles 4 Keeps setzte eine Frist von 30 Tagen und wies die Mutter darauf hin, dass eine Nichtbehandlung einer Vernachlässigung der Kinder gleichkomme. Zudem beruft sich die Praxis auf den Pennsylvania Act 31 und weist damit bei Verdacht auf Vernachlässigung oder Missbrauch auf ihre Meldepflicht hin.
Empört über diesen Schritt, veröffentlicht Trey H. den Brief auf Facebook und löst damit eine Debatte über Befugnisse von Zahnärzten aus. Daraufhin reagiert auch die Praxis und postet auf dem Netzwerk eine Stellungnahme, in der sie ihr Pflichtbewusstsein den Patienten gegenüber betont. Ihr Anliegen galt lediglich dem Schutz der Kinder – und deren Zahngesundheit.
Eine Meldepflicht für Mediziner gibt es in Deutschland nicht, allerdings gilt seit 2012 für alle Berufsgruppen mit Schweigepflicht bei Verdacht auf Misshandlung oder Vernachlässigung eine Befugnisnorm zur Einschaltung des Jugendamtes (§ 4 KKG). Die Bundeszahnärztekammer schreibt in ihrem Datenschutzleitfaden, dass Patientengeheimnisse im rechtfertigenden Notstand gemäß § 34 StGB weitergegeben werden dürfen.