Branchenmeldungen 07.02.2012
Mehr Patientenrechte und neue Qualitätsnormen
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Abwehr überzogener Forderungen – langer politischer Atem
Berufspolitisch werden in 2012 die Themen „verstärkte Patientenrechte“ und „Erlass von Qualitäts-Leitlinien“ für bestimmte Behandlungsfelder im Mittelpunkt stehen. Dazu fühlt sich die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) gut vorbereitet und auch bestens positioniert, da man sich in dem entscheidenden Gremium für entsprechende Verordnungsvorschläge, dem G-BA (Gemeinsamen Bundesausschuss), mit dem Versorgungsstrukturgesetz gewisse Mitspracherechte sichern könnte.
Zu dem Patientenrechtegesetz, das gerade vom BMG als erster Entwurf vorgelegt wurde, bringen vor allem Initiativen aus den Ländern neuen Zündstoff. So sieht eine Initiative aus der Bundesratsmehrheit vor, dass „Patienten besser vor ärztlichen Behandlungsfehlern und ihren Folgen sowie vor überhöhten Honoraren geschützt werden sollen. Ärzteschaft und Kassen müssen gegen lange Wartezeiten auf Termine vorgehen. Und umfassende Aufklärung sowie der Anspruch auf eine Zweitmeinung, die von den Krankenkassen zu bezahlen ist, werden zu zentralen Rechten.“ Der Mensch solle in den Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung gestellt werden. Es müsse sichergestellt werden, dass Unterlagen im Computer nicht nachträglich verändert werden können – beispielsweise, um einen Behandlungsfehler zu vertuschen. Ist die Dokumentation mangelhaft oder fehlt sie vollständig, droht den Medizinern im Prozessfall eine völlige Beweislast-Umkehr.
BZÄK: „Akzente für eine praxisnahe Realisierung setzen“
Bei „Privatvereinbarungen“ sollten Ärzte und Zahnärzte gezwungen werden, die Patienten zu informieren, warum die Kassen die Leistung nicht bezahlen. Zudem müssen sie auf eine kostenfreie Alternative aus dem Angebot der Kassen verweisen. In jedem Fall muss ein schriftlicher Vertrag vorliegen, und die Details der Vereinbarung müssen vom Arzt persönlich und nicht von der Sprechstundenhilfe dargelegt werden. Wenn die Honorarforderung unangemessen hoch ist und mehr als 50 Prozent über dem üblichen Honorar liegt, muss der Patient nach dem Willen der Länder gar nichts mehr bezahlen. Auch angesichts dieser Forderungen sei es oberstes Ziel der BZÄK-Führung, „Akzente für eine praxisnahe Realisierung zu setzen und durch Fachexpertise mögliche Fehl- und Überregulierungen vermeiden zu können.“
Evidenzbasierte Leitlinien statt „Leitlinien-Dschungel“
In der Zahnärzteschaft selbst aus der DGZMK heraus wie von einzelnen Fachgesellschaften, so in der Implantologie, wird mit Vehemenz die Thematik von „Therapie-Leitlinien“ vorangetrieben. Angekündigt werden „qualitativ hochwertige, evidenzbasierte Leitlinien“, wobei es aber, so unisono die jeweiligen Promotoren aus DGZMK, DGI und Fachgesellschaften heraus, „nicht darum gehe, den Praktikern etwas Realitätsfernes vorzuschreiben. Es sei sichergestellt, dass jeweils die beste verfügbare Evidenz herangezogen werde, und dazu gehöre auch die gute klinische Praxis.“
Aufgabe aus den BZÄK-Ausschüssen zur Qualitätssicherung
sei es, so ein sich als „Realpolitiker“ einschätzender Kammerpräsident, deutliche Auswüchse im „Leitlinien-Dschungel“ der Fachgesellschaften und wissenschaftlichen Vereinigungen wieder einzufangen, damit sie nicht von den Kostenerstatter-Vertretern über den G-BA zur nachgewiesenen, dokumentierten Mindestnorm für eine Erstattungspflicht hochstilisiert werden.
Und in einem Ausblick auf das Jahr 2012 ...
... verschreibt sich die BZÄK selbst „langen politischen Atem“: „Für den Berufsstand ist es ebenso wichtig, auch zu allgemeinen gesellschaftspolitischen Entwicklungen sprech- und handlungsfähig zu sein. Als Heilberuf mit hoher gesellschaftlicher Relevanz muss die BZÄK Themen wie die demografische Entwicklung in Deutschland mitdenken und mitgestalten. Die Entwicklungen stellen völlig neue Herausforderungen an den Berufsstand und die zahnmedizinische Versorgung – etwa in Form des drohenden Fachkräftemangels oder der regelmäßig wiederkehrenden Debatte zum gesundheitspolitischen „Dauerbrenner“: der „Einheits-/Bürgerversicherung“.