Branchenmeldungen 29.06.2023

Neue Zeiten, neue Lösungen – BVD-Branchentreff tagte in Leipzig



Neue Zeiten, neue Lösungen – BVD-Branchentreff tagte in Leipzig

Foto: OEMUS MEDIA AG

Entscheidungsträger sowie Multiplikatoren aus Dentalindustrie und Fachhandel trafen sich anlässlich des diesjährigen BVD-Branchentreffs am 24. und 25. April in Leipzig. Dabei standen der persönliche Austausch, persönliche Begegnungen und hochkarätig besetzte Vorträge im Fokus.

Lebendig, aufstrebend und impulsiv – dies traf auf den diesjährigen BVD-Branchentreff ebenso zu wie auf die Stadt, in der er stattfand: Leipzig. Beides eint außerdem großer Ideenreichtum und starke Zuwächse, wie der Präsident des Bundesverband Dentalhandel e.V., Jochen G. Linneweh, in seiner Eröffnungsrede offenlegte. Mit den Zuwächsen sind unter anderem die rund 130 Gäste im Auditorium gemeint. Noch im Vorjahr waren es circa 90, die am BVD-Branchentreff in Potsdam teilnahmen.

Dialog statt Monolog, nachhaltige Themen für nachhaltige Eindrücke – unter dieser Zielsetzung eröffnete der BVD-Präsident das zweitägige Programm. Er verwies dabei auf die zurückliegenden drei Jahre, die von einer Reihe von Sondersituationen geprägt waren und das Unternehmertum in verschiedenster Art und Weise stark forderten. Dabei habe laut Linneweh insbesondere die dentale Familie ihrem Namen alle Ehre gemacht, untereinander wurde aufeinander aufgepasst. Jochen G. Linneweh betonte außerdem einführend die imposante Weiterentwicklung des dentalen Fachhandels. Ausbildung, Weiterbildung, Personalführung, technischer Service – all das gehöre heute thematisch zu einem funktionierenden Dentalfachhandel dazu, sodass die tatsächliche Weiterentwicklung konkret darin bestehe, auch Dienstleister und erster Ansprechpartner für die Kunden in genau diesen Segmenten zu sein.

Auch die Zeit für eine Ehrung durfte am Branchentreff-Montag nicht fehlen. Diese galt Martin Slavik, der in seiner Funktion als Sprecher der kooperativen BVD-Mitglieder auf die Bühne trat und das Amt nach zehn Jahren an Hans Schneider übergab.

Perspektive Zahnmedizin

Es folgte das Grußwort von Prof. Dr. Christoph Benz (Präsident der Bundeszahnärztekammer), der in seiner Rede herausstellte, dass Zahnmedizin noch immer Perspektive hat und auch die „kleine“ Praxis nicht vor dem Aus steht, sondern weiterhin gebraucht wird. Benz betonte, dass er selbst seit 40 Jahren Zahnarzt sei, aber noch nie so viele Veränderungen erlebt habe wie in den vergangenen Jahren. Zum einen verwies er auf das sich ändernde Behandlungsspektrum, Prävention stehe im Fokus. Dennoch werde die reguläre Praxis mit Blick auf den relevanten Bedarf nicht arbeitslos – dieser liege Erhebungen zufolge in den Bereichen Parodontologie, Pflegezahnmedizin, Schlafmedizin, Sportmedizin, CMD, Aligner sowie der Bariatrischen Zahnmedizin.

„Ist die kleine Praxis tot?“ – unter dieser zentralen Fragestellung präsentierte Benz anschließend Zahlen und Fakten rund um die aktuelle sowie perspektivische Versorgungslage in Deutschland und stellte heraus, dass die kleine, persönliche Praxis auch weiterhin benötigt werde und erfolgreich sein wird, unabhängig von den sich am Markt parallel dazu befindenden Großpraxisstrukturen mit entsprechenden Angeboten.

Weibliches Unternehmertum im dentalen Markt

Als eines der Highlights des diesjährigen Branchentreffs wird vielen Gästen die dynamische Podiumsdiskussion in Erinnerung geblieben sein. Unter dem Titel „Mein Unternehmen Zahnarztpraxis – als Chefin im Zentrum des Erfolgs“ standen Dr. Romy Ermler (Zahnärztin und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer), Isabel Grupp (Unternehmerin und Geschäftsleitung der Plastro Mayer GmbH), Christian Kern (gf. Gesellschafter der Anton Kern GmbH), Zahnärztin Eva-Marie Müller und Hans Schneider (Vertriebsleiter DACH Dürr Dental) Rede und Antwort und legten Erwartungshaltungen übereinander.

BVD-Präsident Linneweh übernahm die Moderation und stellte zunächst die Frage, ob die medizinisch-zahnärztliche Tätigkeit und das Unternehmertum ethisch überhaupt in Einklang zu bringen seien. Dabei gab er einen Exkurs auf von ihm gehaltene Existenzgründerseminare in den 80er- und 90er-Jahren, bei denen diese Fragestellung nicht relevant war: Der Großteil der Teilnehmer sah sich als Zahnarzt, nicht als Unternehmer.

Dr. Ermler ergriff das Wort und legte dar, dass die Selbstständigkeit damals der reguläre Werdegang nach einem Studium war. Auch sie musste das Unternehmertum erst lernen, distanzierte sich aber von wirtschaftlicher Zahnmedizin: Jeder Patient erhalte in ihrer Praxis schon immer die Leistungen, die er benötige.

Ermler führte weiter aus, dass ihr aus berufspolitischen Aktivitäten heraus immer wieder Bedenken von weiblichen Gründerinnen rund um die eigene Niederlassung begegnen, zum einen mit Blick auf Investoren, zum anderen mit Blick auf das Thema eigene Familie. Sie selbst habe in der Selbstständigkeit jedoch immer die bestmögliche Form der Berufsausübung vorgefunden – gerade mit Familie und entsprechend benötigter Flexibilität. Nicht zu unterschätzen sei in der Selbstständigkeit auch die persönliche Weiterentwicklung. Nur bei langer Patientenbindung erhalte man anhand der Versorgungen auch Feedback rund um die eigene Patientenversorgung, dies sei bei Anstellung und häufigen Praxiswechseln schlichtweg nicht möglich, so Ermler.

Anders war es bei der jungen Münchner Zahnärztin Eva-Marie Müller. Bereits vor der Niederlassung besuchte sie entsprechende Seminare und bildete sich unternehmerisch fort. Laut Müller habe dies viel mit dem eigenen Anspruch zu tun, und nicht jedem Zahnmediziner liege es, auch Unternehmer zu sein. Sie zum Beispiel habe anfangs viel Zeit und Geld in Marketing investiert, musste aber feststellen, dass das nicht ihre Form der Patienten- und Praxiskommunikation war. Inhalte, Ausstrahlung und Praxiskonzept müssen zum Inhaber und zum Team passen, dann finden sich die richtigen Patienten laut Müller von allein, Authentizität sei hier das Stichwort.

Jochen G. Linneweh lenkte das Thema im Anschluss auf das aktuelle Gründungsverhalten, das in 2021 erstmals weiblich dominiert wurde. Dr. Ermler verwies in diesem Zusammenhang auf den Numerus clausus und äußerte den Wunsch eines besseren Zugangs zur Zahnmedizin für alle. Die Disziplin der Zahnmedizin sei nicht nur medizinischer, sondern auch technischer Natur. Nach dieser Eignung werde aber bei Zulassung nicht gefragt. Das Bewusstsein müsse außerdem schon im Studium auf wirtschaftliche, rechtliche und psychologische Themen gelegt werden, so Ermler.

Jetzt ergriff Hans Schneider das Wort und fragte nach den Wünschen der Zahnärztinnen an die Industrie. Eva-Marie Müller antwortete, dass es aus ihrer Sicht keiner besonderen Produkte speziell für Frauen bedarf, sondern die Unterstützung in konkreten Dienstleistungen bestehe. Das Thema Personalgewinnung und -bindung sei beispielsweise von sehr großer Bedeutung, Entlastung beim Fachkräftemangel bringen laut Müller schon viele der hoch technisierten digitalen Geräte. Man müsse sie nur kennen und implementieren. Serviceorientiertes Denken, persönliche Ansprechpartner, gute Beratung, ein schneller Reparaturservice – um diese Faktoren ergänzte Dr. Ermler den Diskussionspunkt.

Und welche Funktion hat der Dentalfachhandel in seiner Zwischenposition inne, wenn es um die Unterstützung der Zahnärztinnen geht? Jochen G. Linneweh gab das Wort an Christian Kern, der verdeutlichte, dass jeder Mensch individuell sei und auch so betrachtet werde. Er selbst habe bei seinen Kundenkontakten keine Geschlechterdifferenzierung in den Wünschen feststellen können.

Müller führte im Anschluss aus, dass ihr im Kollegium die gleichen Ängste und Sorgen begegnen, Mann wie Frau. Als Zukunftsangst identifiziere sie gegenwärtig aus Gesprächen und Stammtischen heraus oftmals das Thema Investoren und damit einhergehende Vorbehalte. Vorbehalte auch mit Blick auf vermeintlich bessere Leistungen und Angebote des Handels und der Industrie gegenüber Großstrukturen. Dass dies nicht so sei, widerlegten Linneweh, Kern und Schneider mit überzeugenden Argumenten.

Zuletzt lenkte Linneweh den Fokus auf die Standespolitik. Diese hatte bei den Wahlen 2021 die Maßgabe, jünger und weiblicher zu werden. Doch wie sieht es aktuell aus? Dies verdeutlichte Dr. Ermler. Zwar seien in der Gesundheitspolitik noch immer wenig Frauen vertreten, dies werde sich jedoch ändern, da immer mehr Frauen nachkommen. Optimistisch verwies sie dabei auf den Eingangsvortrag von Prof. Benz.

Gelungener Branchentreff macht Lust auf 2024

Am Branchentreff-Montag referierten außerdem Isabel Grupp, Unternehmerin und Geschäftsleitung der Plastro Mayer GmbH, Prof. Dr. Hendrik Streeck, Virologe, sowie Eric Standop, Gesichtsleser. Der Tag fand geselligen Ausklang im Stadion von RB Leipzig, wo viele der Impulse weiterdiskutiert wurden. Auch am Dienstag wartete ein attraktives Programm auf die Teilnehmer, es sprachen Fabian Vollberg zum Thema Vertriebsstrategien und Prof. Dr. Martin Klaffke rund um das Thema Personalbindung in volatilen Zeiten.

Insgesamt zeigte sich auch bei den Abschiedsworten des BVD-Präsidenten die große Begeisterung der Teilnehmer. Dabei ging Linneweh kurz auf die Weiterentwicklung des BVD und die aktuell laufenden Projekte ein. Der nächste BVD-Branchentreff findet am 22. und 23. April 2024 statt, Tagungsort wird Stuttgart sein.

Dieser Artikel ist in der DENTALZEITUNG 2/2023 erschienen.

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper