Branchenmeldungen 17.05.2013
Osteology Monaco wird lange in Erinnerung bleiben
Der Kongress aus wissenschaftlicher Sicht
Osteology Monaco war ein Meilenstein.
Das vielseitige Programm beleuchtete alle Aspekte der regenerativen
Zahnmedizin. Es gab Vortragsblöcke zur parodontalen Regeneration, zu
einfachen und komplexen GBR-Massnahmen, zum Weichgewebemanagement, zu
medizinisch kompromittierten Patienten und vielen weiteren Themen.
Das
Internationale Osteology Symposium vom 2. bis 4. Mai 2013 in Monaco
wird den 2‘700 Teilnehmern noch lange in Erinnerung bleiben. Nicht
nur wegen der vielen Überraschungen im Zusammenhang mit dem zehnten
Geburtstag der Osteology Stiftung, sondern auch wegen eines
Vorkongresstags mit praktischem Training an fast 600 Schweinekiefern,
einer Ausstellung mit 200 wissenschaftlichen Postern, 60 Vorträgen
auf höchstem Niveau, spektakulären 3D Operationsvideos und einer
Industrieausstellung, an der neben den 8 Goldpartnern fast 50 weitere
Firmen mit einem Stand vertreten waren. Einige thematische Highlights
im Überblick.
Impressionen aus Monaco
Ein Thema im Fokus: die Periimplantitis
Die Prävention, Diagnose und Therapie
der Periimplantitis bildeten ein Schwerpunktthema, das zwei ganze
Vortragsblöcke ausfüllte. Die schwer zu behandelnde Infektion rund
ums Implantat löst derzeit grosse Besorgnis bei den Behandlern aus.
„Wie häufig eine Periimplantitis wirklich ist, kann schwer
abgeschätzt werden“, erklärte Björn Klinge, Schweden. Denn in
der Literatur gab es bisher unterschiedliche Definitionen der
Erkrankung und teilweise widersprüchliche Angaben zur Prävalenz.
Eine neue systematische Literaturanalyse zeigt, dass nach fünf bis
zehn Jahren 10% der Implantate und 20% der Patienten von einer
Periimplantitis betroffen sind.
Die Infektion rund um das Implantat
gleicht zwar in verschiedener Hinsicht einer Parodontitis, es gibt
jedoch relevante Unterschiede. So wirkt das parodontale Ligament bei
der Parodontitis wie eine natürliche Barriere. Die Infektion wird
bindegewebig eingeschlossen und vom Knochen abgeschirmt. Dagegen sind
Periimplantitisläsionen gemäss Tord Berglundh, Schweden, nur
ungenügend eingekapselt, schreiten aggressiver voran und breiten
sich zum Knochen hin aus, der in der Folge resorbiert wird.
Welche Faktoren eine Periimplantitis
begünstigen, fasste Andrea Mombelli, Schweiz, zusammen: eine
ungenügende Menge keratinisierter Mukosa, zu geringes
Knochenvolumen, ein kleiner Abstand zwischen Implantaten sowie eine
ungünstige dreidimensionale Implantatposition. Lisa Heitz-Mayfield,
Australien, wies zudem darauf hin, dass bei zementierten
Rekonstruktionen auch überschüssige Zementreste ein Risiko
darstellen und Entzündungen verursachen können. Um das Implantat zu
überwachen, sollte der Zahnarzt peri-apikale Röntgenbilder zum
Zeitpunkt der definitiven prothetischen Versorgung und anschliessend
einmal jährlich im Rahmen der obligaten Nachkontrolle erstellen.
Neben den Röntgenbildern sind Implantatmobilität, Taschentiefe und
klinische Entzündungszeichen wichtige Parameter.
Welche Therapien haben sich bewährt?
Giovanni Salvi, Schweiz, und Frank
Schwarz, Deutschland, präsentierten den aktuellen Stand der
Wissenschaft zur Periimplantitistherapie. Nach einer vorbereitenden
Phase, in der Risikofaktoren wie schlechte Mundhygiene oder schlecht
zu reinigende Rekonstruktionen eliminiert werden, folgt die
nichtchirurgische Behandlung mit Entfernung des Biofilms und
antimikrobieller Therapie. Systemische oder lokale Antibiotika,
Laser, aber auch die photodynamische Therapie können mit gutem
Erfolg eingesetzt werden.
Ein bis zwei Monate später wird der
Defekt reevaluiert und bei Bedarf eine chirurgische Therapie mit
Entfernung des Granulationsgewebes und Dekontamination der
Implantatoberfläche durchgeführt. Zusätzlich können Antibiotika
verabreicht werden. Eine Implantoplastik im Anschluss kann die
erneute Besiedelung der Implantatoberfläche verhindern. Frank
Schwarz stellte das Verfahren näher vor. Dabei wird das
Schraubenrelief des Implantats abgeschliffen, und das Implantat heilt
anschliessend gedeckt ein. Will man ausserdem verlorenes Gewebe durch
regenerative Massnahmen ersetzen, sind unbedingt bewährte Produkte
zu verwenden.
Die Tatsache, dass im parodontal
kompromittierten Gebiss die Entwicklung einer Periimplantitis
begünstigt wird, gilt vielen als ein Argument dafür, auch Zähne
mit starkem Knochenverlust und Furkationsproblemen zu erhalten.
Niklaus P. Lang, Schweiz, stellte deshalb in der ersten Session des
Symposiums einen Entscheidungsbaum für die Entscheidung Zahnerhalt
vs. Zahnextraktion bei parodontal kompromittierten Zähne vor. Im
Anschluss präsentierten die Redner ermutigende Daten zum Management
von intraossären Defekten und Furkationsproblemen.
Früh eingreifen lohnt sich
Die optimale Therapie beginnt früh.
Ein Vortragsblock in Monaco kreiste deshalb um die Entscheidungen,
die schon vor oder gleich nach der Zahnextraktion anstehen. Mit
welchen Resorptionen ist durch den Kollaps der Extraktionsalveole zu
rechnen? Lässt sich das Volumen dennoch erhalten? Was muss der
Zahnarzt in der ästhetischen Zone bedenken? Mariano Sanz, Spanien,
zeigte histologische Daten aus einer präklinischen Studie zum frühen
Heilungsverlauf nach Zahnextraktion. Lingual blieben die
Knochenverhältnisse fast unverändert, die bukkale Knochenlamelle
resorbierte in der horizontalen Dimension jedoch stark. In einer
klinischen Studie, die 120 zahnlose Patienten einschloss, konnten die
Ergebnisse präklinischer Studien zur Knochenresorption bei
Spontanheilung bestätigt werden. Jan Lindhe, Schweden, zeigte hierzu
unveröffentlichte Daten in seiner Key Note Lecture. Eine
Sofortimplantation kann Knochenresorptionen zwar in der
mesialen/distalen, nicht aber in der bukkalen/palatinalen Dimension
verhindern. Die bukkale/palatinale Dimension lässt sich jedoch durch
eine Ridge Preservation mit Biomaterialien weitgehend erhalten.
Ronald E. Jung, Schweiz, ging daraufhin
die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten durch –
Sofortimplantation, spätere Implantation in Kombination mit einer
Ridge Preservation oder Spontanheilung. Falls das Implantat nicht
innerhalb von drei Monaten nach Extraktion gesetzt werden kann,
sollte die Extraktionsalveole mit einem Biomaterial gefüllt und mit
einer Membran abgedeckt werden. Will der Zahnarzt aber die Qualität
der Weichgewebe noch verbessern, kann er einen Socket Seal mit einem
Weichgewebetransplantat aus dem Gaumen (mit der Stanze präpariert)
oder mit einer Kollagenmatrix machen.
Auch Dietmar Weng, Deutschland, ging
auf die Vorteile der Ridge Preservation nach Zahnextraktion ein. Die
Notwendigkeit später grössere Augmentationen durchzuführen, ist
fünfmal grösser, wenn der Zahnarzt keine Ridge Preservation
durchführt. Das verwendete Biomaterial sollte sehr langsam
resorbieren, damit das Volumen stabil bleibt. So kann man dem Knochen
vor der Implantatsetzung ausreichend Zeit für die Heilung geben. Um
auch im Fall einer Sofortimplantation der unvermeidlichen Resorption
entgegen zu wirken, füllt der Referent den Spalt zwischen Implantat
und bukkaler Knochenlamelle ebenfalls mit einem Biomaterial.
Klare Richtlinien für grössere
Augmentationen
Neben der „frühen Regeneration“
gleich nach Zahnextraktion stand die klassische Knochenregeneration
im Fokus – etwa die Frage, wie sich die GBR-Techniken im Laufe der
Jahre verändert haben. Daniel Buser, Schweiz, betonte den grossen
Fortschritt, den resorbierbare Membranen in Kombination mit einem
Knochenersatzmaterial für die tägliche Praxis bedeuten. Das am
besten bewährte Protokoll ist die frühe Implantatsetzung (nach 4-8
Wochen) in Kombination mit einer simultanen Konturaugmentation, für
die Biomaterial und autologe Knochenchips verwendet werden.
Wissenschaftlich geprüfte Biomaterialien stellen für Daniel Buser
einen massgeblichen Faktor für den Therapieerfolg dar. Massimo
Simion, Italien, beschrieb die Entwicklung der horizontalen und
vertikalen Augmentationstechniken über die Jahre. Gemäss seinen
Ausführungen geht es mittlerweile darum, die bewährten Verfahren zu
vereinfachen. Dennoch sollten technisch anspruchsvolle Augmentationen
nach wie vor nur von Spezialisten durchgeführt werden.
Weichgewebemanagement – immer
wichtiger für Ästhetik und Funktion
Nicht nur die gestiegenen ästhetischen
Ansprüche der Patienten machen das Weichgewebemanagement zu einem so
wichtigen Thema. Ausreichend keratinisierte Mukosa rund um Implantate
scheint auch als Schutz vor Periimplantitis zu wirken. Am Osteology
Symposium in Monaco stellten die Referenten deshalb verschiedene
Methoden der Weichgewebeaugmentation vor.
Ein Schwerpunkt lag auf der Frage, in
welchen Fällen Biomaterialien an Stelle von
Bindegewebetransplantaten oder freien Schleimhauttransplantaten
verwendet werden können. Das „Weichgewebe aus der Dose“ erspart
sowohl Operationszeit als auch Schmerzen, da dem Patienten kein
Gewebe aus dem Gaumen entnommen werden muss. Misst man die
Patientenzufriedenheit resp. den „patient reported outcome“,
zeigt sich dieser Vorteil in einer grösseren Patientenzufriedenheit,
wie Todd Scheyer, USA, in einer Studie zeigte.
Anton Sculean, Schweiz, und Giovanni
Zuchelli, Italien, fokussierten in ihren Vorträgen auf die
Rezessionsdeckung. Wird dazu nur ein koronaler Verschiebelappen
gebildet, kommt es seltener zur kompletten Wurzeldeckung als wenn
zusätzlich ein Bindegewebetransplantat oder Emdogain eingesetzt
werden. Eine Alternative zum Verschiebelappen ist der modifizierte
Tunnel. Dabei wird ein Bindegewebetransplantat aus dem Gaumen oder
ein vergleichbares Biomaterial in einem Tunnel unter die Gingiva
gezogen und dort vernäht. Die Vorteile des technisch anspruchsvollen
Verfahrens: kaum Narbenbildung, bessere Durchblutung, perfekte
farbliche Anpassung. Das Verfahren ist vor allem für multiple
Rezessionen der Miller-Klasse 1 und 2 geeignet.
Orale Regeneration bei medizinisch
kompromittierten Patienten
Mit der oralen Regeneration bei
kompromittierten Patienten befasste sich eine Session unter der
Leitung von Friedrich W. Neukam, Deutschland. So wird beispielsweise
Diabetes mellitus mit einer verringerten Knochendichte, verzögerter
Knochen- und Wundheilung sowie erhöhtem Komplikationsrisiko in
Verbindung gebracht. Gut kontrolliert stellt die Erkrankung keine
Kontraindikation für regenerative Massnahmen respektive
Implantatsetzungen dar. Da die Heilung aber länger dauert, sollte
nach GBR-Massnahmen mindestens zwei Monate länger als normal
gewartet werden, bevor ein Implantat gesetzt wird, sagte Nikos Donos,
England.
Eine schwerwiegende Erkrankung
diskutierte Wilfried Wagner, Deutschland: die Kiefernekrose. Sie
tritt vor allem nach zahnmedizinischen Eingriffen an Patienten auf,
die im Rahmen einer Tumortherapie intravenös mit Bisphosphonaten
behandelt werden. Patienten mit Prostatakrebs sind häufiger
betroffen als Patienten mit multiplem Myelom oder Brustkrebs. „Das
Risiko ist nicht, ein Implantat zu verlieren, sondern Teile des
Kiefers“, machte der Referent die Gefahr deutlich. Bei einer
malignen Primärerkrankung, intravenös applizierten hochpotenten
Bisphosphonaten über einen langen Zeitraum und einer zusätzlichen
Chemo- oder Kortisontherapie sind deshalb Augmentationen und
Implantatsetzungen dringend zu vermeiden. Auch wenn das Risiko
wesentlich kleiner ist, kann aber auch die orale Bisphosphonatgabe zu
Kiefernekrosen führen.
Wissenschaft am Kongress erlaubte einen
Blick in die Zukunft
Die Regenerationsforschung zu fördern
und Forschung und Klinik enger zusammenzubringen, sind Kernanliegen
der Osteology Stiftung. Entsprechend gab es in Monaco nicht nur eine
grosse Posterausstellung, sondern auch zwei sehr gut besuchte
Workshops für Wissenschaftler und ein ganztägiges Forum mit
Präsentationen aktueller Arbeiten. Zum Schluss wurde der Osteology
Research Prize verliehen. Für den Bereich präklinische Forschung
ging er an Elena Martinez-Sanz, Spanien, und ihre Arbeit: „Minimally
invasive cleft palate repair using injectable hydrogels“. Im
Bereich klinische Forschung gewann Mario Roccuzzo, Italien, den Preis
mit einer Arbeit zu: „Long-term (10 year) stability of soft tissues
around implants following ridge preservation technique by means of
collagen-coated bovine bone”.
Führungsrolle in der regenerativen
Zahnmedizin
Mit ihrem Geburtstagssymposium hat die
Osteology Stiftung ihre Führungsrolle in der regenerativen
Zahnmedizin gefestigt, sowohl hinsichtlich Weiterbildung als auch
hinsichtlich Forschungsförderung. Ihr Engagement macht sie
unverzichtbar. In ihrer Kongresskampagne stellte die Stiftung deshalb
fest: “Regenerative dentistry without Osteology is like a smile
without teeth“.
Das nächste Internationale Osteology
Symposium wird 2016 stattfinden.
Quelle: Osteology Foundation