Branchenmeldungen 10.05.2021

Personalmanagement – Richtiges Onboarding



Personalmanagement – Richtiges Onboarding

Foto: Prostock-studio/Shutterstock.com

In Deutschland scheitert jedes fünfte Arbeitsverhältnis bereits in der Probezeit. Darum spielt der Umgang mit zukünftigen Kolleginnen und Kollegen schon vor dem Antritt der neuen Arbeitsstelle sowie in den ersten Wochen im Unternehmen eine entscheidende Rolle.

Ein professioneller Prozess kann für alle Beteiligten vieles leichter und klarer machen. Darum ist Onboarding mehr als Einarbeitung: Dieser Prozess ist der Grundstein zu einer nachhaltigen Mit­arbeiterbindung. Diese Checkliste gibt Führungskräften Anhaltspunkte und Tipps, um den ersten Eindruck des Mitarbeitenden positiv zu gestalten.

1. Bis zum Antritt der Arbeitsstelle

Direkte Integration:

Gute Arbeitskräfte haben meist mehrere Eisen (Bewerbungen) im Feuer, daher ist es wichtig, in der Zeit vor dem Start ins Unternehmen den Kontakt zu halten. Demonstrieren Sie mit Vorabinformationen zum Unternehmen: „Wir sind da!“ Tipp: Darüber hinaus gibt es in vielen Unternehmen einen Mitarbeitenden, der aufgrund seiner hohen Sozialkompetenz von Kollegen besonders geschätzt wird. Schlagen Sie im Vorfeld des ersten Arbeitstages ein Mittagessen auf Kosten der Firma vor, für das sich der neue Mitarbeitende mit diesem geschätzten Kollegen verabreden kann. Damit wird eine gewisse Unsicherheit vor dem Team abgebaut und es entsteht eine persön­liche Nähe zum Unternehmen.  

Informationen:

Der neue Mitarbeitende sollte nicht unnötig viele Informationen vor dem Start erhalten, sondern die wirklich relevanten. Informationen über Formalitäten und Organisatorisches schaffen dabei Sicherheit und überfordern den zukünftigen Kollegen nicht. Besonders interessant für das neue Teammitglied: Welche Strukturen gibt es? Wie laufen die ersten Tage der Einarbeitung ab? Wie sieht das Team aus? Das entlastet die Führungskraft am ersten Tag und hilft dem Mitarbeitenden, die neuen Eindrücke besser zu verarbeiten. Damit der Onboarding-Prozess auch allen direkten Teammit­gliedern erleichtert wird, sollten alle er­forderlichen Informa­tionen zum neuen Kollegen zugänglich gemacht werden. Der/die Vorgesetzte unterrichtet zusätzlich die Teammitglieder über die Umverteilung der Arbeit und der zukünftigen Verantwortung, damit eine reibungslose Integration in die freie Stelle gewährleistet werden kann.

Tipp: Legen Sie eine eigene (interne) Website mit allen wichtigen Informationen zum Unternehmen, den Teams und der Onboarding-Agenda an. Den Zugangslink schicken Sie eine Woche vor dem Start an den neuen Kollegen. Der Vorteil einer Website: Sie kann zum Beispiel mit Google Sites einfach erstellt werden, ist leicht auf dem neuesten Stand zu halten und ist natürlich für das gesamte Team einsehbar.

Formalitäten:

Vergessen Sie nicht die Selbstverständlichkeiten! Der Arbeitsplatz des neuen Kollegen ist voll funktionstüchtig, die Zugangsdaten zu Rechnern und arbeits­relevanten Systemen werden genauso bereitgestellt wie der Schlüssel zum Gebäude und Labor. Zusätzlich wurden alle Arbeitsplatz-Sicherheitsschulungen und weitere für den Arbeitsantritt nötigen Schulungen organisiert.

Tipp: Eine nette Geste ist es immer, wenn Sie eine kleine Aufmerksamkeit vom Unternehmen besorgen und auf dem Arbeitsplatz des neuen Mitarbeitenden platzieren.

2. Während des ersten ­Arbeitstages

Vorstellung und Begrüßung:

Damit die Wichtigkeit des neuen Mitarbeitenden unterstrichen werden kann, geschieht  die Vorstellung in einer separaten Teambesprechung gleich zu Beginn des ersten Arbeitstages. Die Führungskraft findet einführende Worte zur Firmen­ge-schichte, den Werten und zur Zukunfts­vision des Unternehmens. Danach wird das Wort an die direkten Kollegen übergeben, die sich in ein paar Sätzen dem neuen Mitarbeitenden vorstellen. Durch diesen ersten Prozess wird von der ersten Stunde an eine hohe Wertschätzung gegenüber dem neuen Mitarbeitenden demonstriert.

Tipp: Halten Sie den ersten Tag informativ aber trotzdem kurzweilig, und überfordern Sie nicht. Die einzelnen Unterweisungen und Onboarding-Schritte können in einer kleinen Mappe zusammengefasst werden, in der sich der neue Mitarbeitende eigene Notizen machen kann. Bei größeren Unternehmen sollte zusätzlich ein Unternehmensrundgang erfolgen, bei dem die einzelnen Abteilungsleitenden Einblicke in ihre Teams, Rollen und Aufgaben geben.

Onboarding-Pate:

Im Vorfeld wurde ein Onboarding-Pate aus dem Team gewählt, der sich im ­Idealfall vor dem ersten Arbeitstag dem neuen Mitarbeitenden bei einem zwanglosen Mittagessen vorstellen konnte. Der Onboarding-Pate übernimmt auch Formalien und zeigt, wo Getränke und Snacks bereitstehen und wo sich die Toiletten sowie die Küche befinden. Das Aufzeigen der Arbeitsmaterialien und deren Bestellsystem sowie die Funktion der Maschinen übernimmt ebenfalls der Pate, oder er führt den neuen Mitarbeitenden zu den jeweiligen Mitarbeitern, die am besten mit der anzuwendenden Technik bzw. dem System vertraut sind. Darüber hinaus ­unterstützt der Onboarding-Pate in der gesamten Phase der Einarbeitung. Es ist unbedingt zu beachten, dass die soziale Integration ins Team eine genauso große Rolle spielt wie die Arbeit an sich. Ein vertrauensvolles Ohr wird bei einem Neuling sicher eher gesucht als das offizielle Gespräch mit dem Geschäftsführer.

Tipp: Das Onboarding kann kategorisch in zwei Tage und damit in zwei abgeschlossene Phasen geteilt werden. Tag eins als offizieller und Tag zwei als individueller Part. Am ersten Tag werden ­allgemeine Dinge wie Unternehmens­geschichte, Kultur sowie Strategie vermittelt. Zusätzlich wird Alltägliches beschrieben, wie Arbeitsabläufe, Materialbestellungen oder Ähnliches. Am zweiten Tag liegt der Fokus auf dem individuellen Onboarding, das die Führungskraft oder der Onboarding-Pate bestimmt. Es ist darauf zu achten, dass sich der Onboarding-Pate voll und ganz auf die ein bis zwei Tage konzentrieren kann, deshalb wird er für diese Zeit vom Tagesgeschäft befreit.

3. In der ersten Arbeitswoche

Nach den ersten beiden Tagen des Onboardings ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. In der ersten Woche soll sich der neue Kollege zurechtfinden und sowohl sein Aufgabengebiet mit den neuen Arbeitsabläufen als auch die neuen Kollegen kennenlernen. Geben Sie ihm in dieser Phase weitere grundlegende Informationen und verteilen Sie die ersten Arbeiten. Dabei kommuniziert der direkte Vorgesetzte die Anforderungen an den neuen Mitarbeitenden. Was wird erwartet und welche Aufgaben soll er übernehmen? Dabei ist zu beachten, dass die ersten Aufgaben nicht zu einfach und auch nicht zu schwierig bzw. zu komplex sind.

Team-Onboarding:

Spätestens jetzt greifen die neuen Kollegen in den Prozess ein. Die Abteilung des neuen Kollegen erklärt die Zusammenarbeit in ihrem Bereich, ihre Aufgaben und deren Verantwortlichkeiten. Dabei werden dem neuen Mitarbeitenden die Qualitätsstandards und der Dienstleistungsgedanke gegenüber Kunden näher gebracht. Sicherlich gibt es in dieser Phase auch viele Fragen. Kommen Sie dem neuen Kollegen einfach zuvor und kommunizieren Sie zum Beispiel den Umgang mit Arbeitsschutzmaßnahmen, das Dokumentieren der Medizinprodukteverordnung oder den Abrechnungsprozess. Der Onboarding-Pate bleibt dabei immer ansprechbar und ist dem neuen Kollegen stets emphatisch zugewandt.

4. Nach der ersten Arbeitswoche

Die Grundlagen sind geschaffen. Jetzt ist es Zeit für ein erstes Resümee. Dabei sollte die Führungskraft als erstes Feedback einholen und dann selbst geben. Somit kann Unsicherheit abgebaut und das Vertrauen weiter vertieft werden.

Eindrücke abfragen:

Holen Sie sich Input von Ihrem neuen Mitarbeitenden und halten Sie diesen Input fest. Was ist bislang positiv oder auch negativ aufgefallen? Wie fühlt er sich? Fehlen ihm Arbeitsmittel oder Informationen? Sind die Arbeitsvorgaben zu einfach oder ist ein Prozess noch zu schwierig bzw. zu undurchsichtig?

Erste Ziele setzen:

Die Führungskraft stimmt mit dem Mitarbeitenden ab, welche Ziele er in der ersten Zeit erreichen sollte. Legen Sie in den ersten drei Monaten die Latte nicht zu hoch. Unser Handwerk ist mit all seinen digitalen und analogen Prozessen sehr komplex und benötigt in einem neuen Umfeld eine gewisse Anlaufzeit, ehe es zu einem routinemäßigen Ablauf kommen kann.

Urlaubsregelungen:

Informieren Sie den Mitarbeitenden offiziell über interne Urlaubsregelungen und erklären Sie den dafür vorgesehenen Prozess und die Kommunikation. 

Tipp: Vieles lässt sich in einem Unternehmen unbürokratisch lösen. Fördern Sie darum die Kontakte in Ihrem Unternehmen. Abteilungsübergreifend werden gemeinsame Aktionen (z. B. gemeinsame Mittagessen oder Mitbestimmungsmeetings) aktiv von Verantwort­lichen initiiert und sollten grundsätzlich zur Unternehmenskultur gehören.

Kundenkontakt:

Die Führungskraft sollte nun auch offiziell ins Detail gehen, welcher Kunde welche Anforderungen und eventuell auch Vor­lieben hat. Wie gestaltet sich die indirekte (Auftragszettel) oder die direkte (Telefonat) Kommunikation mit den unterschiedlichen Praxen oder Netzwerkpartnern? Diese Informationen sollten als Checkliste oder als Dokument übergeben werden. Dabei ist es wichtig, dass der Mit­arbeitende Raum für persönliche Notizen bekommt.

5. Nach ein bis zwei Monaten

Bestätigt sich der gute Eindruck aus der Bewerbungsphase? Die ersten zwei Monate in der neuen Arbeit sind besonders kritisch für den Mitarbeitenden. Die Aufgaben, Kollegen und Strukturen sind neu und können durchaus zur Überforderung führen. Regelmäßiges Feedback von beiden Seiten ist deshalb Pflicht und keine Kür!

Feedback und persönliches Fazit:

Der/die Vorgesetzte holt sich erneut Input vom neuen Mitarbeitenden ein. Diesmal steht sein Befinden und fachliches Wissen im Fokus. Welche Optimierungsvorschläge zu Themen und Prozessen hat er? Welche Eindrücke haben sich nach dem letzten Gespräch verbessert oder verschlechtert? Damit sich der mühsam rekrutierte Mitarbeitende wertgeschätzt und wohlfühlt, sollten Sie für dessen Ideen von der ersten Stunde an ein offenes Ohr haben. Dann engagiert er sich auch dauerhaft nach innen und außen, zeigt Eigeninitiative und bringt damit das Unternehmen und die damit verbundene Arbeitgebermarke voran. Zusätzlich definiert die Führungskraft gemeinsam mit dem neuen Mitarbeitenden, welche Entwicklungsmöglichkeiten für ihn infrage kommen.

Eine offene Kommunikation sollte und agiles Führen könnte dabei der Schlüssel zu einer langen Zusammenarbeit sein. Aber das sind zwei weitere Themen auf dem Weg zur „New Work Zahntechnik“

Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um branchen- ferne, personalwissenschaftliche Inhalte aus Personio, Haufe und der deutschen Employer Branding Akademie handelt, die der Autor im Zuge eines Pilotprojektes bei Michael ZANGL Zahntechnik-Cham GmbH für Zahnarztpraxen und Labore übersetzt und strukturiert an die Dentalbranche anpasst. Die hier bereitgestellten Informationen können sich im Laufe der Zeit personalwissenschaftlich überholen und ersetzen keine spezifische Beratung.

Der Beitrag ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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