Personalmanagement 20.04.2020
„Employer Branding“ darf kein Fremdwort bleiben!
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Employer Branding ist in der Dentalbranche oftmals ein unbekannter Begriff und wird bei oberflächlicher Betrachtung häufig falsch verstanden. Arbeitgebermarken sind das entscheidende Werkzeug für eine nachhaltige Personalpolitik. Von Kleinstbetrieben über KMUs bis hin zur Industrie sollte sich jedes Unternehmen mit Personalmarketing, Personalentwicklung und natürlich auch mit der eigenen Arbeitgebermarke beschäftigen. Wer dies verstanden hat, setzt sich von seinen Mitbewerbern ab und muss sich keine Sorgen um Abwerbung des eigenen Personals machen.
Die Anfänge
Im Jahr 1996 boomt in den USA unter Präsident Clinton der Arbeitsmarkt, die Arbeitslosenzahl liegt bei circa fünf Prozent. In Deutschland plagt sich derweil der Einheitskanzler Kohl mit der Massenarbeitslosigkeit herum. 4,2 Millionen Menschen sind ohne Job – mit fast elf Prozent ein Nachkriegsrekord. Im Kino lief „Mission Impossible“ und für die Generation Z „Ein Schweinchen namens Babe“. Es war eine andere Zeit. Dieser Zeit voraus waren hingegen Tim Ambler und Simon Barrow. Sie veröffentlichten genau in jenem Jahr eine Studie zur Personalpolitik, die sie in 27 britischen Unternehmen durchführten (Journal of Brand Management, Dezember 1996).Der daraus resultierende Fachartikel mit dem Titel „The employer brand“ wurde zur Geburtsstunde des Employer Brandings. Bereits damals gab es immense technologische Fortschritte (inklusive des „Neulands“ Internet). Kreative Personalökonomen beschäftigten sich darum mit der Frage, wie sie ihren wachsenden Kompetenzbedarf angesichts des Fortschritts decken sollten. Die Erkenntnisse von Ambler und Barrow lieferten im personalwissenschaftlichen Bereich einen theoretischen Ansatz, den es praktisch umzusetzen galt. So begannen Unternehmen, ihre Arbeitgebermarke zu definieren, aufzupolieren und zu kommunizieren.
Entwicklungsschritte
Das Employer Branding ähnelte in den späten 90er-Jahren oftmals keiner Arbeitgebermarke, sondern einer Art Freizeitbelustigung. Kicker und Spielekonsole gehörten auch in Deutschland an vielen Medienstandorten zur Grundausstattung in Start-ups. Diese quietschbunte Playmobilwelt wurde durch allerlei Medien und Zeitschriften getrieben und verursachte in der berufstätigen Gesellschaft, die nicht in der Internet- oder Agenturbranche tätig waren, Neid und Verwunderung.Es war die erste Welle des Employer Brandings, quasi eine unbeschwerte Kindheit.Im Jahr 2000 platzte dann die Dotcom- Blase, und damit war die Party erst einmal vorbei.Allerdings nur für kurze Zeit. Dieser Umstand zeigte, dass das Bilden einer Arbeitgebermarke eine grundsätzliche Sache ist und kein kurzer Hype. Denn die grundlegenden Rahmendaten hatten sich nicht verändert: Die Demografie verknappt die verfügbaren Kräfte, während die Technologie immer neue Qualifizierungsanforderungen stellt.Mit der konjunkturellen Erholung in Deutschland standen Unternehmen erneut im Wettbewerb, um die besten Potenziale am Arbeitsmarkt auf ihre Seite ziehen zu können.Daraufhin forcierte 2006 die Deutsche Employer Branding Akademie die Verbreitung des Konzepts „Employer Branding“. Deutschsprachige Fachliteratur existierte bisher kaum, darum konnte der CEO Reiner Kriegler seine Akademie so am Markt platzieren, dass ein Großteil der innovativen Unternehmen auf deren Definitionen und Handlungsansätze zugriffen. Es begann die zweite Welle des Employer Brandings in Deutschland, eine stürmische Jugend.Der Rekrutierungbedarf prägte die Herangehensweise im Employer Branding, und somit wurde die Arbeitgebermarke zunächst als Werbung interpretiert. Es war die Zeit, als große Kampagnen und bunte Bilder im Personalbereich Einzug hielten. Damit bekamen Personaler zum ersten Mal großzügig Mittel zur Verfügung gestellt, um die nötige öffentliche Kommunikation wirklich frei gestalten zu könnten. 2008 beendete die Finanzkrise dieses Disneyland der Personaler.
Fester Bestandteil in Unternehmen
In der Krise begann plötzlich Mitarbeiterbindung in den Fokus des Employer Branding zu geraten. Nun sollten die eigenen High Performer gehalten werden, um sie unbeschadet zu überdauern.Das Know-how zur Außenwirkung der eigenen Arbeitgebermarke wurde quasi schockgefrostet, um bei Bedarf wieder aufgeheizt zu werden. Einige Unternehmen konnten während der Finanzkrise nicht nur eine stabile Geschäftslage verzeichnen, sondern sogar expandieren. Mit der fortschreitenden Digitali- sierung und Automatisierung entstanden zahlreiche Märkte vollkommen neu und damit auch weiterhin ein enormes Wachstumspotenzial.Die konjunkturelle Sinuskurve schlug nun wieder nach oben aus, und die Arbeitgebermarke wurde von den Personalern wieder aus dem hinteren Teil des Schrankes gezogen. Neues Einkleiden war gefragt, Arbeitgebermarken wurden entstaubt und teils vollkommen neu definiert. Damit hatte sich das Employer Branding endgültig etabliert und war zum festen Bestandteil in Unternehmen geworden. Die personalwissenschaftlichen Studiengänge nahmen Employer Branding in ersten Hochschullehrplänen auf, es gab mehr Experten auf diesem Gebiet. Von Schongau bis Sylt entdeckten Werbeagenturen die fast grenzenlose Wertschöpfung darin, die Arbeitgebermarkenbildung kreativ zu begleiten.
Employer Branding in der Dentalbranche
Mittlerweile überschwemmen Anbieter von „Gütesiegeln“ auch ganz speziell den Dentalmarkt. Dabei titeln die Embleme „Great Place to Work“ oder „Top-Arbeitgeber“. Das prominenteste Beispiel ist wohl das Fokussiegel, das etliche Praxen und Labore ziert. Die großen branchenfernen Unternehmen sind derweilen schon Meilen weiter und gehen inhaltlich mit Emblemen und Netzwerken von Xing, LinkedIn, dem TÜV oder vom Bundesfamilienministerium auf Bewerberjagd.Im Endeffekt gibt es jedoch heutzutage alles: Lehrbücher, Studieninhalte, Ausbildungsgänge. Aber zielführend ist nicht nur eine leere Hülle. Employer Branding muss wirklich gelebt werden.Wer wirklich bereit ist, ein guter Arbeitgeber zu werden und auch zu bleiben, darf sich nicht nur nach außen hübsch anstreichen, sondern sollte sich auch beim Thema Personal professionell weiterbilden. Wertungen von Generationen und dem aktuellen Zeitgeist sind da genauso Tabu wie die Wertung von Geschlecht und Religion.Eine Analyse des Marktes beinhaltet deshalb Demografie, Fachkräftemangel, Qualifikationsschere, Veränderungsdruck und schließlich technologische Notwendigkeiten sowie betriebswirtschaftliche Prozessoptimierung. Diese Punkte bringen sie zu den Potenzialen, um die sich die gesamte Dentalbranche bewerben sollte oder sogar muss.
Integrierte Arbeitgeberkommunikation
Eine weitere wichtige Erkenntnis: Employer Branding muss sich sinnvoll in die gesamte Unternehmenskommunikation integrieren und darf kein Inselleben führen. Also reden Sie mit Ihren aktuellen und langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über das Zukunftsthema Personal. Und darüber, dass der Lernprozess ein gemeinsamer ist, auch und vor allem rund um das Thema Personal. Da die Eltern der wichtigste Anhaltspunkt für Heranwachsende sind, wenn es um das Thema berufliche Zukunft geht, und die jugendliche Erwartungshaltung an die potenziellen Arbeitgeber gestiegen ist, müssen endlich auch Dentalunternehmen die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, den Eltern und den Abschlussklassen der Haupt-, Real- und Abiturstufen suchen. Diese Grundsätze bestätigten die letzten Shell Jugendstudien, die sich seit dem Jahr 1953 mit den Bedürfnissen, Werten und Gewohnheiten der Zwölf- bis Fünfundzwanzigjährigen beschäftigen. Das Arbeiten mit den Bewerbern und vor allem Mitarbeitern muss als Daueraufgabe im Zentrum einer zukunftsweisenden Unternehmenskultur stehen und als solche erkennbar sein. Ihr Employer Branding muss sich also im Rahmen einer integrierten Arbeitgeberkommunikation wiederfinden. Dann wird Ihnen als Arbeitgeber auch nicht bang werden, bei offenen Ausbildungsplätzen oder der Besetzung von Positionen anspruchsvoller Fachkräfte.Die „Geburtsurkunde“ des Employer Brandings, der Artikel von Ambler und Barrow aus dem Jahr 1996, ist nach wie vor ein inspirierender Text und heute noch lesenswert.Der Grundgedanke ist immer noch aktuell: „Werden Sie ein guter Arbeitgeber, setzen Sie auf Menschen.“
Der Beitrag ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.
Foto Teaserbild: fizkes – stock.adobe.com