Branchenmeldungen 12.11.2012

Therapieentscheide in der präventiven und restaurativen Zahnmedizin



Therapieentscheide in der präventiven und restaurativen Zahnmedizin

Foto: © Med. dent. Roman Wieland

Die SVPR Jahrestagung 2012 am 27. Oktober in Zürich war die erste mit der neuen Präsidentin Dr. Brigitte Zimmerli, zmk bern.

Karies oder keine Karies

Entscheide werden immer von verschiedensten Faktoren beeinflusst, ob bewusst oder unbewusst. Alle gefällten Entscheide basieren aber auf den bisherigen Erfahrungen. Für Prof. Dr. Wolfang Buchalla, ZZM Zürich, müssen für eine optimale Entscheidungsfindung als erstes die Patientenbedürfnisse aufgenommen werden. Dann bringt der Zahnarzt sein Wissen ein und stellt sicher, dass der Patient diese Informationen auch versteht. Schliesslich fällen dann Patient und Zahnarzt einen gemeinsamen Therapieentscheid. Die Behandlung soll in einem gesunden Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen stehen. Dazu nannte er als Beispiel die Frage: Karies oder keine Karies? Prof. Dr. Buchalla empfiehlt zur Kariesdedektion „Fluorescence Aided Caries Excavation FACE“, eine Methode, die von ihm mitentwickelt wurde. Damit können Behandler während der Exkavation kariöse Stellen identifizieren und selektiv entfernen.

© Med. dent. Roman Wieland

Das hilft bei Erosionen


Erosionen sind ein weitverbreitetes Problem, und nicht nur bei speziellen Gruppen wie Profischwimmern oder Weintestern. Erosionspatienten können leider nicht mit einer Speicheldiagnostik erkannt werden, sondern über die visuelle Inspektion bereits vorhandener Defekte. Um Erosionen beobachten und statistisch erfassen zu können, empfiehlt PD Dr. Anette Wiegand, ZZM Zürich, die Anwendung des „BEWE“ Basic Erosive Wear Examination. Um die Säureexposition zu verringern, hilft die Zugabe von Kalziumtabletten, das Ausspülen des Mundes nach der Konsumation und das Warten von mindestens 30 Minuten vor dem Reinigen mit einer Schallzahnbürste. Die Erosionsreihe von Elmex oder Emofluor seien zu empfehlen. Ein Verdünnen der sauren Getränke hilft nicht, ebenso wenig wie die Anwendung von Tooth Mousse.

Duraphat auch bei kariesfreien Kindern

Auch die neuesten Geräte zur Kariesdetektion ersetzen die klinische Inspektion nicht. Für Prof. Dr. Adrian Lussi, zmk bern, ist es ganz wichtig, dass fundierte Studien vorhanden sind. Es hat sich gezeigt, dass die halbjährliche Anwendung von Duraphat, auch bei kariesfreien Kindern, sicherstellt, dass keine Karies entstehen kann. Damit Xylitol zur Kariesprophylaxe beiträgt, müssten pro Tag davon mindestens 6 Gramm eingenommen werden. Viele Produkte haben eine zu geringe Konzentration und es müssten Dutzende von Kaugummis konsumiert werden. Gemäss Prof. Lussi gibt es keine abschliessende Übersichtsuntersuchung, welche Fluoridkombination die beste ist. Durch eine regelmässige Reinigung mit einer Handzahnbürste kann ein Gebiss kareiesfrei erhalten werden, eine Schallzahnbürste unterstützt noch zusätzlich.

Was ist eine Wunschbehandlung?

„Der Zahnarzt ist ein Arzt und kein Verkäufer.“ Für Prof. Dr. Thomas Attin, ZZM Zürich, ist es wichtig, dass er oder sie nur eine medizinisch indizierte Behandlung durchführt. Wünscht der Patient eine kosmetische Behandlung, so müssen die Resultate messbar und objektiv nachweisbar, das heisst evidenzgestützt, sozial akzeptiert und moralisch legitimiert sein. Nach unsinnigen Wunschbehandlungen muss mit privat- und sogar strafrechtlichen Konsequenzen gerechnet werden. Wie Hippokrates bereits vor langer Zeit, aber immer noch aktuell, gesagt hat, muss die Behandlung mit „Weisheit, Besonnenheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit“ erfolgen.

Nachwuchsforschung

Zwischen den Tagungsvorträgen wurden vier wissenschaftliche Kurzvorträge von Assistenten/-innen aller vier Universitäten vorgetragen. Julia Bühler, UZM Basel, konnte zeigen, dass unterschiedliche Pulverstrahl-Pulver auch verschiedene Schäden auf dem Dentin verursachen. Bioaktives Glas und Natriumbikarbonat sollen besonders vorsichtig angewendet werden. Florian Wegehaupt, ZZM Zürich, zeigte, dass Oberflächenversiegler wie Seal & Protect vor Erosionen schützen können. Je nach Konsumationsart der sauren Getränke hält die Schutzwirkung unterschiedlich lange an. Pascal Mast, SMD Genf, fand heraus, dass Fissurenversiegelungen mit dem Er:YAG-Laser gut funktionieren. Um eine möglichst gute Randadaption zu erreichen, soll auch die Phosphorsäure angewendet werden. Dr. Klaus Neuhaus, zmk bern, zeigte, dass bei der Icon-Kariesinfiltration bei aktiven Läsionen Phosphorsäure eine bessere Eindringung hätte und das Produkt somit eventuell einer Modifikation unterzogen werden muss.

Lebenslange Modifikation

Eine kontrollierte klinische Studie zeigt, dass Komposit und Amalgam über 12 Jahre eine gleich hohe Überlebensrate haben. Die kariesprotektive Wirkung von Amalgam ist als falsch zu betrachten und Komposit ist wegen seiner minimalinvasiven Verarbeitung vorzuziehen. Mit der heutigen Lebenserwartung sollten Restaurationsmaterialien 80 Jahre halten. Weil dies nicht möglich ist, muss das gesamte Behandlungskonzept als „lebenslange Reparatur und Modifikation“ verstanden werden. Für eine optimale Haftung des Komposits am Füllungsrand ist die Randanschrägung ganz wichtig und immer vorzunehmen. Eine Untersuchung von Prof. Dr. Ivo Krejci, SMD Genf, über die Randschlussqualität bei Bulk-Fill-Materialien hat gezeigt, dass diese genau gleich gut sind wie bei einem normalen Komposit.

Entscheidungsfindung bei Trauma

In der Traumatologie gibt es bei Weitem nicht so viele Studien wie beispielsweise bei Komposit. Prof. Dr. Roland Weiger, UZM Basel, stellte viele spannende Patientenfälle vor, und wie er sich für eine Therapie entschieden hat. Spricht der Zahn nicht eindeutig oder stark verzögert auf den Kältetest an, gelten folgende Regeln: Abwarten bei rötlicher Verfärbung, Fortsetzung oder Obliteration des Wurzelwachstums. Eine Wurzelbehandlung muss bei gräulicher Verfärbung erfolgen oder bei Klopfempfindlichkeit nach schmerzfreiem Intervall. Bei einem bleibenden Zahn mit Kronenfraktur und Pulpabeteiligung empfiehlt es sich, eine partielle Pulpotomie und direkte Überkappung mit MTA durchzuführen. Diese kann sogar bis zwei Tage nach dem Unfall erfolgen. Ein vollständig herausgeschlagener Zahn soll erst in einer Zahnrettungsbox zwischengelagert werden. Danach kann man diesen einsetzen und schienen. Doxizyklin-Antibiotika für 7 Tage und eine zeitnahe Wurzelkanalbehandlung sind danach angezeigt. In Kürze wird das Zahnunfallzentrum der Universität Basel eine interaktive Trauma-App für das Smartphone veröffentlichen.

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