Branchenmeldungen 30.11.2022
Tomorrowdent: Extrauniversitäre Lehrmöglichkeit in starker Community
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Fortbildungen, Events und eine Jobbörse – das Portfolio des jungen Hamburger Unternehmens Tomorrowdent ist bunt und vielfältig wie seine Zielgruppe. Zahnmediziner Zobair Lais Ghafoor hat 2019 mit der Gründung des Event- und Fortbildungsunternehmens eine Nische am Markt erschlossen: Eine für Nutzer transparente Plattform, die zum fachlichen Deep Dive und intensivem Networking einlädt. Im Interview erläutert er seine Vision vom intensiven Zahnmediziner-Austausch und verrät sein Erfolgsrezept – die Leidenschaft für Lehre und Zahnmedizin.
Wie sind Sie zur Zahnmedizin gekommen?
Für mich war am Ende meiner Schulzeit schon klar, dass ich später Arzt werden möchte. Als Heilberufler hilfst du Menschen, gesund zu werden, und hast gesellschaftlich einen sehr geschätzten und angesehenen Beruf. Nach dem Abitur habe ich mich eine Zeit lang mit den verschiedenen Fachdisziplinen der Medizin auseinandergesetzt. Aufgrund des großen praktischen Anteils im Studium sowie im Beruf und vor allem der Möglichkeit, sich frühestmöglich in eigener Praxis niederlassen zu können, habe ich mich relativ schnell für die Zahnmedizin entschieden!
Was reizt Sie an diesem Beruf besonders?
Natürlich, dass man täglich praktisch am Patienten arbeitet. Außerdem hat man sehr viele Perspektiven und Spezialisierungen und lernt täglich dazu. Gerade in Zeiten der Digitalisierung ist die Zahnmedizin ein sehr spannendes Fach.
Neben der Ästhetischen Zahnheilkunde bin ich auch von der zahnärztlichen Chirurgie fasziniert. Den Menschen ein schönes Lächeln zu verschaffen, macht sie nicht nur gesund, sondern auch glücklich. Dieses Gefühlt motiviert mich, immer 100 Prozent zu geben.
War es schon immer Ihr Wunsch, sich als eigener Chef niederzulassen?
Das war tatsächlich einer der Hauptgründe dafür, dass ich mich für die Zahnmedizin entschieden habe: Mich beruflich frei entfalten zu können und genau das anzubieten, was mir am meisten Spaß macht bzw. was mir am meisten liegt, ist wirklich ein tolles Gefühl. Außerdem stamme ich aus einer Händler-Familie. Deshalb habe ich den Geschäftssinn ein klein wenig im Blut.
Im Februar 2022 haben Sie Ihre Praxis in Hamburg-Eppendorf eröffnet. Bitte schildern Sie möglichst detailliert die einzelnen Stationen von den ersten Plänen, der Standortauswahl, eventuellen Finanzierungsstolpersteinen, über die Umsetzung mit Partnern sowie die Personalgewinnung bis hin zur eigentlichen Eröffnung – inklusive kleinem Fazit zum ersten halben Jahr in der Selbstständigkeit.
Eigentlich wollte ich mich gar nicht so früh niederlassen. Ein guter Bekannter von mir hat mir einen Tipp gegeben, dass in meinem absoluten Lieblingsstadtteil, in Hamburg-Eppendorf, gerade eine sehr schöne Praxis zum Verkauf steht. Da die Praxis von meiner Wohnung fußläufig zu erreichen ist, habe ich sie mir einfach mal angeschaut und mich direkt in sie verliebt! Nur die Tatsache, dass in Hamburg und vor allem in Eppendorf die Zahnarztdichte extrem hoch ist, bereitete mir Bauchschmerzen. Allerdings haben mich die hohen Decken, Altbau, zwei Etagen und ein sehr modernes Behandlungsspektrum sehr positiv gestimmt. Da der Vorbesitzer aus gesundheitlichen Gründen die Praxis nicht weiterführen konnte, musste ich mich tatsächlich sehr schnell entscheiden.
Mein Bauchgefühl war sehr gut, und so habe ich nach Rücksprache mit einigen erfahrenen Kollegen sowie meiner Bank schnell zugesagt. Es gab glücklicherweise weder Finanzierungsstolpersteine noch Probleme beim Umbau. Den Umbau habe ich aus zeitlichen und finanziellen Gründen in knapp zehn Tagen durchgezogen. Ich war wirklich jeden Tag um 7 Uhr morgens in der Praxis und erst 23 Uhr wieder zu Hause. Circa zehn Menschen haben in meiner Praxis immer parallel gearbeitet: Elektriker, Tischler, Klempner etc. Viele kleinere Sachen mache ich jetzt immer nach und nach.
Das Personal hat sich relativ schnell ausgedünnt und ich konnte mit den motivierten Mitarbeiterinnen ein gutes Behandlungsspektrum abdecken. Allerdings gestaltet sich die Personalsuche, insbesondere von Auszubildenden, sehr schwierig. Ich konnte tatsächlich über die sozialen Medien ein gutes Team zusammenstellen. Lediglich in der Verwaltung und Abrechnung scheint es unmöglich zu sein, geeignetes Personal zu finden. Nachdem meine Verwaltungsdame plötzlich ausgefallen ist, hatten wir einen Berg Unterlagen, und niemand wusste so richtig, wie wir das abarbeiten sollen. Deshalb habe ich mich entschieden, eine Abrechnungsfirma zu engagieren. Mal schauen, wie sich das langfristig entwickelt.
Sehr anstrengend war die Zusammenarbeit mit den Depots. So hat mir bei einem Depot der Umgang mit mir und meinen Mitarbeiterinnen überhaupt nicht gefallen. Bei einem anderen wurde sehr viel versprochen, aber umgesetzt wurde einfach nichts. Das war wirklich sehr anstrengend.
Da der Vorbehandler aus gesundheitlichen Gründen die Praxis kaum noch richtig führen konnte, hatte ich logischerweise in den ersten beiden Monaten auch kaum Patienten. Da ich aber in Hamburg aufgewachsen bin und sehr viele Menschen kenne, konnte ich die Patientenzahlen rasch nach oben fahren. Im Moment bin ich circa vier Wochen im Voraus ausgebucht. Wenn man die Zahnarztdichte in Hamburg bedenkt, ist das schon ziemlich ordentlich.
Nach nun acht Monaten Selbstständigkeit bin ich im Großen und Ganzen sehr glücklich. Ich habe ein großartiges Team, tolle Patienten und eine schöne Zahnarztpraxis in Hamburg-Eppendorf. Das Einzige, was mir wirklich zu schaffen macht, ist, dass täglich etwas ausfällt: mal die IT, mal der Anrufbeantworter, das Röntgenprogramm, die Zahnarztsoftware, das Internet usw. Fast jeden Tag muss man sich um irgendein neues Problem kümmern. Da frage ich mich manchmal schon, wann ich Zeit zum Behandeln finden soll.
Sie engagierten sich schon während Ihres Zahnmedizinstudiums im Fachschaftsrat und als Semestersprecher – wie kam es letztlich zur Gründung einer eigenen Plattform für angehende und junge Zahnmediziner*innen?
Bevor ich mich als Schüler für die Medizin interessiert habe, wollte ich immer Lehrer werden. Das Lehren und Vortragen hat mich wirklich begeistert. In Hamburg war ich Vorsitzender des Fachschaftsrats und habe ab dem ersten Semester angefangen, kleinere Events und auch Kurse zu organisieren. Die feinmotorischen Kompetenzen nach der Uni ohne Zeitdruck und Stress stetig zu verbessern, fand ich als eine sehr gute Idee für Studierende. Das Angebot wurde von meinen Kommilitonen sehr gut angenommen. Ich hatte auch Glück, dass mich z.B. Dr. Dr. Ewald, der zu der Zeit in der MKG tätig war, als Dozent immer unterstützt hat.
Außerdem war ich Teil der Projektsteuerungsgruppe Modellstudiengang Zahnmedizin. In einer großen Gruppe von Professoren, Dozenten und einigen Studierenden der Zahn- und Humanmedizin haben wir zwei Jahre lang den Studiengang „imeddent“ entwickelt und in Hamburg erfolgreich etabliert. Ich bin sehr stolz, Teil dieses großen Projekts gewesen zu sein.
Nach diesen vielen Ämtern und den ganzen Engagements über Jahre, war es für mich unvorstellbar, „nur“ als Zahnarzt zu arbeiten. Ich habe einen ganzen Studiengang mitentwickelt, dachte ich mir. So habe ich meine Kurse und Events weiter als dentales Event- und Fortbildungsunternehmen „Tomorrowdent“ angeboten. Dann nahm alles seinen Lauf. Immer mehr Dozenten und Helfer sind in den letzten drei Jahren dazugestoßen. Die Leidenschaft für die Lehre und die Zahnmedizin sind mein Erfolgsrezept. Alle, die mich kennen, wissen und sehen, wie ich für die Sache brenne. Natürlich würde das Ganze nicht ohne die Unterstützung meines Teams sowie der Sponsoren funktionieren.
Tomorrowdent definiert sich als dentales Netzwerk der Zukunft. Was genau verstehen Sie darunter und welche Struktur steckt dahinter?
Mein Wunsch ist es, dass Tomorrowdent alle Zahnmediziner*innen zusammenbringt. Vom Studierenden im ersten Semester bis hin zum/zur Praxisinhaber*in sollen sich alle aktiv und auf Augenhöhe begegnen – eine einzige Plattform, auf die man zugeht, wenn man Fragen zum Studium, zum Angestelltenverhältnis oder auch zur Selbstständigkeit hat. Die Fortbildungen sind natürlich hervorragend geeignet, um sein Know-how zu erweitern, neue Zahnmediziner*innen kennenzulernen und sich auszutauschen. Sehr beliebt ist unser Format „Wine & Dine“: Auf diesem Event wird wirklich nur gemeinsam gegessen und bei einem Glas Wein ordentlich genetzwerkt und ausgetauscht.
Die Ansprache der potenziellen Teilnehmer setzt auf die Tonalität „du“ – alles wirkt weniger formell und starr als bei manchem Mitbewerber. Wodurch unterscheidet sich Tomorrowdent sonst noch von anderen Anbietern?
Ich fand es im Studium sehr schade, dass man als Studierender kaum Möglichkeiten hatte, sich mit erfahrenen Zahnärzt*innen auf Augenhöhe zu begegnen und auszutauschen. Ich spreche bewusst immer von der Tomorrowdent Familie. Dieser lockere und freundschaftliche Umgang mit allen Zahnmediziner*innen kommt sehr gut an und nimmt vor allem den jungen Studierenden die Hemmung, uns bei wichtigen Fragen und Anliegen zu kontaktieren.
Wie viele Mitglieder/Unterstützer zählt Tomorrowdent inzwischen und wie setzt sich das Team zusammen?
Insgesamt sind wir mittlerweile schon 45 Teammitglieder. Unser Team besteht ausschließlich aus Zahnmediziner*innen und Mediziner*innen aus unterschiedlichen Standorten und Semestern sowie mit unterschiedlich vielen Berufsjahren – 20 Studierende und 25 fertige Zahnärzt*innen mit sehr unterschiedlichen Aufgaben.
Zahnarztwelt, Zahni College, Forbildungen, Jobbörse, Events – die Website von Tomorrowdent beinhaltet viele grundlegende Informationen und zahlreiche Hilfsangebote für den dentalen Nachwuchs. Wie schnell erfolgt bei Anfragen eine Rückmeldung und welche Angebote sind kostenpflichtig?
In der Regel erfolgt bei jeder einzigen Anfrage am gleichen Tag eine Rückmeldung. Die Anfragen sind unterschiedlich: Sie reichen von Anfragen zu den einzelnen Kursen und Terminen bis hin zu Tipps und Tricks bei der Berufsfindung.
Unsere Philosophie ist ganz einfach: Die fertigen Zahnärzt*innen zahlen für die Kurse und ermöglichen dadurch den Studierenden, kostenfrei daran teilzunehmen. Für viele Studierende sind die vergleichsweise hohen Kosten im Zahnmedizinstudium schon schwer zu stemmen. Die Lebenshaltungskosten steigen auch immer mehr. Deswegen ist es uns immer wichtig, dass Studierende nichts zahlen bzw. so wenig wie möglich.
Wie schafft Tomorrowdent den Spagat zwischen den Interessen der Dentalanbieter und dem Anspruch, ein unabhängiger Partner von Studierenden, Assistenzzahnärzt*innen und Gründungswilligen zu sein?
Genau diesen schweren Spagat haben wir geschafft! Das erste, was ich potenziellen Partnern immer vermittle, ist die Tatsache, dass wir in erster Linie den jungen Zahnmediziner*innen eine extrauniversitäre Lehrmöglichkeit bieten möchten. Eine „Produktshow“ kommt für uns auf keinen Fall infrage. Dafür verzichten wir auch auf große finanzielle Unterstützung. Bisher hat das sehr gut funktioniert, und auch die Industriepartner sind von unserem Weg begeistert. So schaffen wir es, maximale Transparenz zu bieten, und die jungen Zahnmediziner*innen können selbst entscheiden, welches System ihnen für die zukünftige Arbeit am Patienten am meisten gefällt.
Bleibt trotz Ihrer Selbstständigkeit noch genügend Zeit für die administrativen Aufgaben, die so ein Netzwerk mit sich bringt?
Gerade in der eigenen Praxis habe ich gelernt, wie kostbar Zeit ist. Die hohen Kosten müssen natürlich auch erwirtschaftet werden. Das heißt, dass ich die administrativen Aufgaben für Tomorrowdent dann eben nach der Arbeit in der Praxis bewältigen muss. Man mag es kaum glauben, aber auch für Freizeitaktivitäten bleibt noch etwas Zeit. (lacht)
Ob spannende Fortbildungsreihen oder Events für Zahnmediziner – Tomorrowdent wirkt wie der schlaue Kommilitone, von dem man einiges lernen kann, der aber nicht besserwisserisch daherkommt. Wie wird das bisherige Angebot angenommen und was planen Sie für die Zukunft?
Das Angebot wird momentan hervorragend angenommen. Unsere Community wächst von Tag zu Tag. Damit wachsen auch die unterschiedlichen Anfragen und Themen. Mein Wunsch ist, in den nächsten Jahren unser Fortbildungsangebot zu erweitern und auch europaweit das Netzwerken und den Austausch zu ermöglichen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!