Branchenmeldungen 02.12.2021

Universelles Befestigungskomposit deckt zwei Produktklassen ab

Universelles Befestigungskomposit deckt zwei Produktklassen ab

Foto: 3M

Mit den seit November 2020 verfügbaren Neuprodukten 3M RelyX Universal Befestigungskomposit und 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv (Abb. 1) präsentiert 3M eine konsequente Weiterentwicklung des bestehenden Produktportfolios. Dabei deckt das neue Befestigungskomposit zwei Produktklassen ab: Es dient allein angewendet als selbstadhäsives und in Kombination mit dem Adhäsiv als adhäsives Befestigungskomposit. Obwohl die neu designte Automix-Spritze deutlich kleiner ist als herkömmliche Automix-Spritzen und dadurch weniger Plastikabfall produziert, lässt sich mit ihrem Inhalt die gewohnte Anzahl an Kronen befestigen. Der Grund ist ein um 80 Prozent reduzierter Materialverwurf. Wie es gelang, ein solches Produkt zu entwickeln, erläutert Dr. Kai Uwe Claußen im Gespräch. Der promovierte Polymerchemiker ist seit sieben Jahren als Spezialist für Produktentwicklung bei 3M in Seefeld tätig.

Herr Dr. Claußen, wann und aus welchen Gründen wurde entschieden, ein Projekt zur Entwicklung eines neuen Befestigungssystems zu initiieren?

Die Suche nach zündenden Ideen für anwenderorientierte Produktoptimierungen und Neuentwicklungen gehört zu den Kernaufgaben in der Forschung und Entwicklung bei 3M. Neue Ideen entstehen häufig im Rahmen der Grundlagenforschung, bei der Literaturrecherche und natürlich auch durch konkretes Anwenderfeedback. Im aktuellen Fall waren es Marktforschungsergebnisse, die im Jahr 2015 den Anstoß für die Initiierung eines Entwicklungsprojekts gaben. Sie ließen erkennen, dass Zahnärzte sich ein universelles Befestigungskomposit mit vereinfachter Überschussentfernung wünschten.

Was war der Ausgangspunkt für die Entwicklung?

Zunächst wurden bereits vorhandene Technologien identifiziert, die für das Neuprodukt nutzbar sein würden. Dazu gehörten einige der Komponenten, die bereits in 3M RelyX Unicem Selbstadhäsiver Composite-Befestigungszement bzw. 3M RelyX Ultimate Adhäsives Befestigungscomposite verwendet werden. Um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten, planten wir, vorhandene Technologien zu kombinieren und mit einer neuen Monomermatrix, einem neuen Selbsthärtungsmechanismus sowie einem angepassten Füllstoffsystem zu ergänzen. Den Fokus legten wir zunächst auf die Entwicklung eines effizienteren Selbsthärtungsmechanismus, der Voraussetzung für die Vereinfachung der Überschussentfernung war.

Inwiefern hängen der Selbsthärtungsmechanismus und das Verhalten eines Befestigungsmaterials bei der Überschussentfernung zusammen?

Die meisten adhäsiven Befestigungskomposite entwickeln sehr rasch eine sehr hohe Festigkeit, sobald sie dem Licht eines Polymerisationsgerätes ausgesetzt sind. Dadurch ist die einfachste und effizienteste Option der Überschussentfernung nach kurzem Belichten (sogenanntem Tack Cure; Abb. 2) mit einem gewissen Risiko verbunden: Wird auch nur minimal zu lang belichtet, so lässt sich das Material nur noch mit großem Aufwand entfernen. Unser Lösungsansatz war die Anpassung des Initiatorsystems und dadurch ein Herabsetzen der Materialfestigkeit nach dem Anhärten. Um jedoch zu verhindern, dass diese Maßnahmen einen negativen Einfluss auf die mechanischen sowie Hafteigenschaften haben, wurde ein amphiphiles Redox-Initiatorsystem als effizienterer Selbsthärtungsmechanismus entwickelt.

Wie funktioniert der Selbsthärtungsmechanismus?

Das Initiatorsystem, das am Standort in Seefeld synthetisierte Moleküle enthält und frei von verfärbungsanfälligen aromatischen Aminen ist, wird nach Mischen der beiden Pasten aktiviert und agiert insbesondere an Dentin äußerst effizient. Da das System amphiphil ist, also aus einem hydrophilen und einem hydrophoben Anteil besteht, ermöglicht es einen effektiven Start der radikalischen Polymerisation sowohl an hydrophilem Dentin als auch im hydrophoben Befestigungskomposit, das eine Dimethacrylat-haltige Monomermatrix enthält. Gemeinsam mit dem ebenfalls amphiphilen Haftmonomer sorgt das Initiatorsystem für die Bildung eines engmaschigen, polymeren Verbundnetzes und damit für eine langfristig stabile, optimierte Haftfestigkeit an Dentin – mit hohen Haftwerten bereits im selbstadhäsiven Modus (Abb. 3). Durch die hohe Leistungsfähigkeit des Selbsthärtungsmechanismus konnten wir es uns erlauben, die Lichthärtung des Befestigungskomposits so anzupassen, dass damit das Ziel – die Erleichterung der Überschussentfernung nach kurzer Belichtung (Tack Cure) von zwei bis drei Sekunden – ebenfalls erreicht wurde. Dies bestätigten uns die Teilnehmer einer Feldstudie: 93 Prozent der teilnehmenden Zahnärzte bewerteten die Überschussentfernung nach kurzer Belichtung (Tack Cure) als sehr leicht oder leicht.

Stichwort neues Füllstoffsystem: Welche Effekte wurden durch diese Veränderung erzielt?

Das Füllstoffsystem wurde aus zwei Gründen verändert: zur Optimierung der rheologischen Eigenschaften und zur Erhöhung der Röntgenopazität. So ist es der Zugabe eines speziellen Additivs zu verdanken, dass 3M RelyX Universal Befestigungskomposit unter Druck (beim Einsetzen einer Restauration) eine geringe Viskosität und damit ein gutes Fließverhalten aufweist, ohne Druck aber viskoser und standfest ist (Abb. 4). Es verteilt sich also unter der Krone gleichmäßig, verbleibt aber am Restaurationsrand an Ort und Stelle und fließt nicht in den Sulkus. Auch diese Eigenschaft dient der Erleichterung der Überschussentfernung. Die Röntgenopazität des Neuproduktes liegt über der von Schmelz, sodass eine eindeutige Abgrenzung der Zementschicht von der Zahnsubstanz in Röntgenaufnahmen ermöglicht wird.

3M RelyX Universal Befestigungskomposit funktioniert als adhäsives Befestigungsmaterial in Kombination mit 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv. Inwiefern wurden die Komponenten bei der Entwicklung aufeinander abgestimmt?

3M Scotchbond Universal Plus ist der Nachfolger von 3M Scotchbond Universal Adhäsiv, das mit seiner Einführung 2011 die Kategorie der modernen Universaladhäsive begründete. Neben allen Eigenschaften des Originals bietet es weitere Vorteile wie Röntgenopazität, Unterstützung minimalinvasiver Präparationsmethoden durch Haftung an kariös modifiziertem Dentin, und eine Formulierung, die wie 3M RelyX Universal frei von Bisphenol A-Derivaten ist. Die Entwicklung der beiden Komponenten erfolgte in zwei Teams, die in den vergangenen Jahren eng zusammenarbeiteten, um ein optimales Zusammenspiel der beiden Komponenten zu erzielen. Dabei galt es beispielsweise, das Befestigungskomposit und das Adhäsiv so anzupassen, dass die Adhäsivschicht durch den Selbsthärtungsmechanismus des Befestigungskomposits ausgehärtet werden kann. Dies ermöglicht den Verzicht auf eine separate Lichthärtung des Adhäsivs und hat den Vorteil, dass sich das Material durch den Anpressdruck der Restauration optimal verteilt. Wir führten in regelmäßigen Abständen z. B. Haftuntersuchungen (Abb. 5) durch, welche die Optimierung und Überprüfung der Kompatibilität beider Komponenten ermöglichten.

Warum sollten Anwender das Neuprodukt aus Ihrer Sicht unbedingt in der Praxis ausprobieren?

Die Ergebnisse zahlreicher Labortests sowie die Erfahrungen von Pilotanwendern in aller Welt bestätigen, dass es uns gelungen ist, 3M RelyX Universal Befestigungskomposit und 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv so zu entwickeln und zu kombinieren, dass das Befestigen von Restaurationen einfacher ist als je zuvor – und trotz der Vereinfachung eine verbesserte Leistungsfähigkeit erzielt wird. Aufschluss darüber, ob die Produktkombination auch die eigenen Anforderungen erfüllt, kann nur der Test in der eigenen Praxis geben. Die Chance ist groß, dass sich durch das lediglich aus zwei Komponenten bestehende System der Lagerbestand reduzieren, Prozesse vereinfachen und Ergebnisse optimieren lassen.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.3M.de/OralCare

Autorin: Olivia Besten

 

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