Branchenmeldungen 05.09.2013
Was bringt mir die Digitalisierung?
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Diese zentrale Frage stand Ende Juni im
Mittelpunkt des KFO-IG Symposiums „Digitale KFO“. Ein Bericht von
Cornelia Pasold.
Wie lässt sich die digitale KFO in die
Wertschöpfungskette meiner Praxis einbauen? Was bringt sie mir außer
Investitionen? Muss ich mit diesen aktuellen Entwicklungen am Markt
tatsächlich mitgehen oder nicht? Diese und viele weitere Fragen
standen im Mittelpunkt des Anfang Juni in Frankfurt am Main
stattgefundenen KFO-IG Symposiums „Digitale KFO“. Mit rund 75
Teilnehmern gut besucht, vermittelte es den aktuellen Status quo der
Digitalisierung in kieferorthopädischen Praxen und gab einen
interessanten Ausblick auf künftige Entwicklungen.
Nach begrüßenden und in das Thema
einleitenden Worten durch Dipl.-Bw. Ingo Braun (Geschäftsführer
KFO-IG) und die beiden KFO-IG Vorstandssprecher Dr. Peter Watzlaw und
Dr. Matthias Höschel, ging es mit dem ersten Fachvortrag dieser
Zwei-Tages-Veranstaltung gleich mitten rein ins Thema. Dipl.-Ing.
Ralf Paehl (Forschungsleitung 3M Unitek) sprach über IncognitoTM und
präsentierte neue digitale Technologien für das bekannte
Lingualbracketsystem. Dabei stellte er anhand von Beispielen das
manuelle gegen das digitale Set-up und erläuterte die Vorzüge der
digitalen Welt. Die Herausforderungen und Chancen sehe er hier z.B.
in der verbesserten Visualisierung, optimierten Interaktion zwischen
Behandler und Labor oder in der Sicherstellung, dass Zähne nur
innerhalb knöcherner Strukturen bewegt werden. Zudem ging er auf das
Treatment Management Portal ein, an deren Entwicklung man momentan
arbeite.
Das Referenten-Trio DDr. Silvia Silli,
Dipl.-Ing. Christian Url und Dr. Björn Ludwig stellte die Vorteile
der virtuellen Behandlungsplanung mittels OnyxCeph® vor, klinisch
umgesetzt mithilfe der Orthorobot-Labortechnik. Vom Kieferorthopäden
selbst herstellbar, geringerer Aufwand als beim manuellen Set-up,
keine Labor-Ressourcen erforderlich, Instrument zur
Patientenaufklärung, Überlagerung der Mal- und Zielokklusion
darstellbar, Simulation bzw. Vergleich verschiedener Varianten,
etc. etc. – diese und weitere Vorteile bieten virtuelle Set-ups.
Mit ihnen lassen sich nicht nur Diagnostik und Herstellung
individueller Behandlungsgeräte (z. B. robotergestützte Fertigung
vollindividueller Multibracketapparaturen) optimieren, sondern vor
allem auch Behandlungsergebnisse. Welche Anwendungsmöglichkeiten
aus klinischer Sicht noch alles realisierbar sind (z. B. Erstellen
von Veneers, korrekte Platzierung von Miniplatten, Herstellung von
full customized Miniplatten) wurde ebenfalls gezeigt.
„Trauen Sie sich den Quadrantensprung zu und steigen Sie ein!“ ermunterte Dr. Veit Stelte die
Teilnehmer. Er sprach über den „Best fit“-Gebrauch der
InsigniaTM Clear Brackets, welcher effiziente Behandlungsmechaniken
sowie qualitativ hohe Ergebnisse ermögliche.
Dem Thema „KFO-chirurgische
3-D-OP-Planung“ widmete sich der Vortrag von Dr. Rolf Davids,
welcher anhand beeindruckender klinischer Fälle (z. B. Jochbein-Rekonstruktion bei Franceschetti-Syndrom etc.) Gründe für
den Einsatz einer Planungssoftware, Indikationen/Kontraindikationen sowie Vor- und Nachteile dreidimensionaler Planung
aufzeigte.
Mit dem Vortrag von Dr. Daniel Heekeren
endete der erste Symposium-Tag. Er sprach über die spezifischen
Anforderungen für den praxisgerechten und betriebswirtschaftlichen
Einsatz von 3-D-Technologien in der KFO. Dabei ging er insbesondere
auf die Möglichkeiten der Erstellung digitaler Modelle (Modell-
und Abdruck-Scanner, CBCT-Scanner, Intraoraler Scanner), digitale
Set-ups (z. B. MExPERT® Superlign®), digitales indirektes Bonding (z. B. MExPERT® IDB), dreidimensionales
Röntgen mittels DVT sowie die 3-D-KFO-Chirurgieplanung ein.
Wie wichtig und hilfreich (KG)
Gelenkbahn-Aufzeichnungen bei der CMD-Gelenktherapie sind,
demonstrierte Dr. Andreas Bruderhofer. „Man wisse nie 100 %
genau, wo der Patient tatsächlich im Gelenk stehe“, so Bruderhofer
und belegte diese Aussage mit beeindruckenden Videosequenzen
geschädigter KGs. Was genau können wir messen und erfassen? Was
noch nicht? Wie können wir uns behelfen, Defizite doch messbar zu
machen? So brauche er nicht unbedingt ein MRT, sondern eher eine
Gelenkbahnaufzeichnung. Diese diene in erster Linie der Diagnostik
mit der therapeutischen Relevanz einer gezielten Positionierung der
Gelenke. Sein Resümee: „Eine Digitalisierung unserer Patienten
sei in Zukunft durchaus möglich, jedoch dürfen wir nicht instrumentengläubig sein. Wir tragen die Verantwortung, nach wie
vor!“
Über Sinn, Notwendigkeit und
praktische Anwendung des DVTs in der KFO-Therapie sprachen Prof. Dr.
Gerhard Polzar und Frank Hornung (Acteon). Auf beeindruckende Weise
zeigten sie dabei, was aus technischer und klinischer Sicht heute
alles möglich sei. „Zu verstehen, wie ich einen Zahn
dreidimensional bewege, das ist für mich die Zukunft“, so
Professor Polzar resümierend.
Wie sich der Herausforderung des
Internets im Workflow der Praxis optimal gestellt werden kann,
zeigte Dr. Michael Visse (iie-systems). So beginne Höchstleistung
für ihn bereits mit dem ersten Patientenkontakt. „Nutzen Sie
Ihre Praxis als Marke und kommunizieren Sie mit Ihren Patienten
(corporate communication)“, so Visse. „Machen Sie Ihren Patienten zum Botschafter!“ Ob Praxiskalender mit Online-Terminvergabe,Versenden von Fotos an Patienten zur Dokumentation ihres
Behandlungsfortschritts etc. – das Internet sollte als Chance und
nicht als Risiko gesehen werden. Während Woo-Ttum Bittner über
sechs Jahre Arbeit mit dem Sure-Smile® System berichtete und die
dabei gesammelten Erfahrungen darlegte, stellte Udo Höhn
(digitec-ortho-solutions) „Offene Scan-Systeme und digitale Anwendungen in der KFO“ vor. Dabei ging er insbesondere auf das
OrthoSystem® der Firma 3Shape ein, welches eine komplette CAD/CAM-Lösung in der Kieferorthopädie darstelle.
Eine Überprüfung dessen, was im
Rahmen einer Therapie geplant wurde, könne laut Aussage von Jochen
Kusch schon bald ein neues SiCAT-Software-Modul ermöglichen, indem z. B. Bewegungsbahnen genau dokumentiert
würden. Damit bestünde die Möglichkeit, objektiv zu visualisieren, wodurch eine klare Zuordnung
zwischen Okklusion (Okklusionshypothese) und KG-Position möglich
sei. Das würde bedeuten, dass z. B. auch Okklusionsbewegungen
dokumentiert werden könnten (z. B. beim Kauen eines Apfels), auf
deren Grundlage dann wiederum Behandlungsapparaturen (z. B.
Aligner) gefertigt werden könnten.
Dem Thema Datensicherheit im Internet
widmete sich Michael Fischer (Top10-Agentur). Dabei stellte er
mögliche Risiken sowie ein buchbares Sicherheitspaket inklusive
Cloud Computing, Datenverschlüsselung durch SSC-Technik,
Speicherung auf externen, zertifizierten Servern etc. vor. Wie ein
digitaler Anamnesebogen aussehen kann und welche
(vor allem zeitlichen) Vorteile mit diesem verbunden sein können, zeigte
abschließend der Vortrag von Dipl.-Ing. Holger Weidemann (FDK GmbH).
Wer sich von der zunehmenden
Digitalisierung nicht abschrecken, sondern sich vielmehr ihr widmen
möchte, erhält Gelegenheit, beim nächstjährigen Jubiläumssymposium (30 Jahre KFO-IG!!) zu gleichem Thema dabei zu sein. Dieses
findet dann am 28. und 29. Juni 2014 statt.