Branchenmeldungen 14.11.2022
Wie Diabetes und Parodontitis biologisch zusammenhängen
Rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland sind an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von mindestens 2 Millionen Menschen. An Parodontitis leiden rund 35 Millionen. Biologisch hängen beide Volkskrankheiten zusammen, darauf verweisen der Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen e.V. (BVND) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) anlässlich des Weltdiabetestags am 14. November.
Eine Diabeteserkrankung ist gekennzeichnet durch einen dauerhaft erhöhten Blutglukosespiegel. Bei Diabetes mellitus unterscheidet man im Kern zwischen zwei Typen: Diabetes Typ 1 tritt vorwiegend in der Kindheit oder Jugend auf. Durch eine Autoimmun-Destruktion von Pankreaszellen bei den Betroffenen wird ein Insulinmangel ausgelöst, sodass es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt. Diabetes Typ 2 hingegen ist eine über die Zeit erworbene Insulinresistenz, die primär eine Konsequenz von Lebensgewohnheiten ist, wie zum Beispiel ungesunde Ernährung, Übergewicht und zu wenig Bewegung. Diabetes Typ 2 ist die verbreitetste Form des Diabetes mellitus.
Parodontitis ist eine chronische Entzündung im Mund, des sogenannten Zahnhalteapparates, in dem die Zähne verankert sind. Verursacht wird sie durch Bakterien im Zahnbelag.
Zwei Volkskrankheiten, die sich gegenseitig verstärken
Dank Forschung weiß man heute mehr über die engen Verflechtungen unterschiedlicher Erkrankungen. Studien zeigen: Eine bidirektionale - also sich gegenseitig beeinflussende - Beziehung besteht auch zwischen Diabetes und Parodontitis. Zudem existieren diverse immunologische und klinische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Erkrankungen.
Bei Diabetikern schreitet eine Parodontitis oft schneller voran, verläuft häufig schwerer und in der Regel verlieren sie mehr Zähne als Menschen ohne Diabetes.
Diabetiker mit gut eingestellten Blutzuckerwerten sprechen wesentlich besser auf eine Parodontitis-Behandlung an.
"Nicht nur biologisch, auch bei den Risikofaktoren beider Erkrankungen gibt es Parallelen. Das gilt zum Beispiel für einen ungesunden Lebensstil, Stress, Zuckerkonsum, Adipositas, das Rauchen und Alkohol sowie eine genetische Prädisposition", so Dr. Nikolaus Scheper, Vorsitzender des BVND. "Hinzu kommt: Beide Erkrankungen entwickeln sich meist unbemerkt und werden oft erst spät erkannt."
"Andererseits können Mikroorganismen, sprich Bakterien, über die Blutgefäße des Zahnfleisches in den Blutkreislauf gelangen, so dass eine Parodontitis mit zahlreichen Erkrankungen des Gesamtorganismus, wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall und rheumatoider Arthritis, assoziiert ist. Es ist wichtig, die Patientinnen und Patienten über diese Zusammenhänge zu informieren. Auch die fachübergreifende Zusammenarbeit ist wertvoll", erklärt Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der BZÄK.
Interdisziplinär ausgerichtete Behandlung gefragt
Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass chronische Krankheiten in der Bevölkerung zunehmen - es ist insbesondere mit einem Zuwachs an Parodontitis- und Diabetes- Erkrankungen zu rechnen. Deshalb und aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den beiden Krankheiten ist eine stärker interdisziplinär ausgerichtete Behandlung gefragt. Die Bundeszahnärztekammer und der Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen e.V. arbeiten zusammen und rücken die Wechselwirkungen von Parodontitis und Diabetes im Rahmen einer Aufklärungskampagne stärker in den Vordergrund.
Besteht bei Ihnen das Risiko einer Parodontitis? Dann machen Sie einen ersten Test unter www.paro-check.de.
Quelle: Bundeszahnärztekammer/Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen e.V.
Christian Berger, Präsident der BLZK und Vorsitzender des Vorstands der KZVB:„Das Maß ist voll und die Grenze des Erträglichen überschritten. Mit der im GKV-FinStG enthaltenen strikten Budgetierung für 2023 und 2024 wird den Patienten die erst im Sommer zugesagte neue Parodontitis-Behandlung verweigert. Aktuelle Studien zeigen, dass bei Diabetikern eine Parodontitis oft schneller voranschreitet und häufig schwerer verläuft als bei Menschen ohne Diabetes. Umgekehrt sprechen Diabetiker mit gut eingestellten Blutzuckerwerten wesentlich besser auf eine Parodontitis-Behandlung an. Dies bedeutet: Eine gute Mundgesundheit wirkt sich unmittelbar auf die Allgemeingesundheit aus und umso wichtiger ist eine präventionsorientierte Parodontitis-Therapie.“ Dr. Rüdiger Schott, Vizepräsident der BLZK und stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der KZVB:„Die Budgetierung wird sich gerade auf die Versorgung der Patienten im ländlichen Raum nachteilig auswirken, die durch Einzelpraxen und kleinere Gemeinschaftspraxen aufrechterhalten wird. Medizinische Versorgungszentren konzentrieren sich bekanntlich in den städtischen Ballungsräumen. Das GKV-FinStG könnte zu einem Praxissterben führen. Die Patienten müssten dann sehr bald weite Wege und lange Wartezeiten für einen Zahnarzttermin in Kauf nehmen.“ Dr. Manfred Kinner, Mitglied des Vorstands der KZVB:„Durch die Wiedereinführung der Budgetierung werden der Versorgung die erst kürzlich zugesagten Mittel für die neue, präventionsorientierte Parodontitis-Therapie wieder entzogen werden. Fast alle Patientinnen und Patienten, die an der Volkskrankheit Parodontitis leiden, werden damit faktisch eines Leistungsanspruches beraubt, der erst im Vorjahr in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen und von allen Beteiligten als ein Meilenstein für die Mund- und Allgemeingesundheit begrüßt wurde.“ Quelle: KVBV |