Branchenmeldungen 24.08.2011
Zahnärzte unterstützen Opfer häuslicher Gewalt
Amerikanisches Hilfsprojekt "Give Back a Smile (GBAS)" in Deutschland gestartet
Opfer häuslicher Gewalt haben oft sowohl mit psychischen als auch physischen Folgeschäden zu kämpfen. Während einige körperliche Wunden mit der Zeit von allein verheilen, braucht es bei anderen intensive ärztliche Betreuung. Der niedersächsische Zahnarzt und DGKZ-Präsident Dr. Jürgen Wahlmann hat jetzt das amerikanisches Projekt "Give Back a Smile (GBAS)" nach Deutschland gebracht, das Gewaltopfern die kostenfreie Restauration ihrer Zähne ermöglicht.
Seit 1999 betreut die American Academy of Cosmetic Dentistry Charitable Foundation in den USA ein Projekt namens Give Back a Smile (GBAS, deutsch: Gib ein Lächeln zurück). Mit der Hilfe von Zahnärzten, die Patienten behandeln, deren Zähne durch Einwirkung von Gewalt beschädigt wurden, sowie Sponsoren, die das Projekt durch Spenden finanziell unterstützen, konnte in dieser Zeit etwa 1100 Menschen geholfen werden. Der Aufwand für die Behandlungen, inklusive Material- und Laborkosten, betrug rund 10 Millionen US-Dollar.
Dr. Jürgen Wahlmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für kosmetische Zahnheilkunde (DGKZ) aus Edewecht, hat sich dazu entschlossen, dieses Projekt auch in Deutschland bekannt zu machen und zu koordinieren. Inspiriert wurde er von der Geschichte einer Patientin namens Mona, die in den USA behandelt wurde, nachdem ihr Lebenspartner ihr mit einer Waffe aus nächster Nähe in den Kieferbereich geschossen hatte. Mona bedankte sich später öffentlich und erklärte, dass GBAS dazu beigetragen hat, ihr Leben zu verändern.
Jürgen Wahlmann empfand Monas Geschichte als „sehr emotional und
beeindruckend“ und berichtete seinen Vorstandskollegen der DGKZ von
GBAS. Dort beschloss man, das Programm auch in Deutschland einzuführen.
Auf der DGKZ-Jahresversammlung in Berlin stellte der Edewechter das
Projekt vor und erhielt eine „überwältigende Resonanz“.
Etwa zwanzig Zahnärzte haben inzwischen deutschlandweit Interesse
signalisiert, am Programm teilzunehmen. „Ich wäre sehr zufrieden, wenn
es zu Beginn zehn aktive Zahnärzte sind“, sagt Jürgen Wahlmann im
Gespräch .
Bei der Finanzierung sollte es laut Jürgen Wahlmann keine Probleme
geben: „Die Zahnärzte behandeln alle ohne Bezahlung, auch ein einige
Labore haben zugesagt, kostenfrei zu arbeiten. Hersteller von
Dentalprodukten, wie etwa General Implants und Friadent stellen ihre Produkte kostenlos zur Verfügung.“
Zudem soll im Rahmen des Bleaching Day am 26. September Geld für das
Programm gesammelt werden. An diesem Tag bleichen Zahnärzte für den
guten Zweck. Die Behandlung ist für die Patienten kostenpflichtig,
jedoch kommen sämtliche Einnahmen dem GBAS-Projekt zugute. Die
Materialien werden kostenfrei von American Dental Systems, BriteSmile
und weiteren Firmen zur Verfügung gestellt. „Ich denke, dass sich
einige Zahnärzte beteiligen werden, denn bei dieser Art der
Unterstützung ist die Hemmschwelle nicht so groß. Ich bin froh über
jeden, der das Projekt unterstützt – wie auch immer er sich einbringt“,
erklärt der DGKZ-Präsident.
Auch die Resonanz der Betroffenen ist laut Jürgen Wahlmann sehr positiv.
„Ich kooperiere mit dem Frauenhaus in Oldenburg. Dort war man zuerst
überrascht, dass es so ein Projekt gibt und wir uns für Opfer häuslicher
Gewalt einsetzen.“ Auch Jürgen Wahlmanns Kollege Prof. Dr. Martin
Jörgens aus Düsseldorf, der im Rahmen von GBAS ebenfalls Gewaltopfer
behandeln wird, habe durchweg positive Rückmeldungen erhalten, so der
Edewechter.
Die Behandlung von Opfern häuslicher Gewalt ist jedoch oft kompliziert.
Fast alle Betroffenen haben über etliche Jahre viel Elend erlebt und
furchtbare Geschichten zu erzählen. Aus diesem Grund sind sie häufig
eher unzuverlässig, was das Einhalten von Terminen angeht. Dies stellt
ein Problem dar, da die Behandlung in der Regel sehr lange dauert und
zum Teil den Einsatz von Spezialisten beinhaltet. „Im Schnitt benötigt
man etwa sechs Monate. Voraussetzung für eine Behandlung ist, dass die
Zähne auch tatsächlich durch häusliche Gewalt geschädigt wurden. Das
kann man als Zahnarzt gut erkennen. Siebzig Prozent aller Frauen, die
Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, erleben Gewalt gegen den
Kopfbereich. Eine weitere Bedingung zur Aufnahme der Behandlung ist,
dass der Patient mindestens ein Jahr aus der gewalttätigen Beziehung
heraus ist. Statistiken zeigen, dass das Risiko einer Rückkehr in die
gewaltgeprägte Beziehung sonst sehr hoch ist“, erklärt Dr. Wahlmann .
Obwohl die Patienten, die Jürgen Wahlmann und seine Kollegen im Rahmen
von GBAS behandeln, nicht die einfachsten sein werden, hat sich der
Niedersachse dem Projekt voll und ganz verschrieben. Neben der
Geschichte von Mona hat auch die Aussage einer weiteren amerikanischen
Patientin zu dieser Entscheidung beigetragen. „Diese Frau sagte nach
Abschluss ihrer Behandlung, wenn sie in den Spiegel schaue, dann sehe
sie nicht ihre Vergangenheit, sondern ihre Zukunft“, berichtet Jürgen
Wahlmann. „Wir Menschen, die ein solches Leid nie erfahren mussten,
sollten unser Glück auf irgendeine Art und Weise zurückgeben.“
Opfer häuslicher Gewalt, die die GBAS-Hilfe gern in Anspruch nehmen
möchten sowie Zahnärzte, Labore und Hersteller von Dentalprodukten, die
das Projekt unterstützen wollen, können sich an Jürgen Wahlmann wenden:
telefonisch unter 04405/4050 oder per E-Mail an givebackasmile@drwahlmann.de
Autorin: Yvonne Bachmann, Dental Tribune