Branchenmeldungen 24.06.2022

Zur 15. Ausgabe des Hygieneleitfadens des DAHZ



Zur 15. Ausgabe des Hygieneleitfadens des DAHZ

Foto: Milan – stock.adobe.com

Der Deutsche Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ) hat seit 1989 Empfehlungen für die praktische Durchführung von Hygienemaßnahmen gegeben. Diese liegen jetzt als 15. Ausgabe (Redaktionsstand 06.04.2022) des Hygieneleitfadens vor. Mitautor Prof. Dr. Lutz Jatzwauk gibt im Folgenden einen Überblick über die wichtigsten Aktualisierungen.

Nach dem Infektionsschutzgesetz hat eigentlich die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut die Aufgabe, Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen sowie zu betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Maßnahmen der Hygiene in medizinischen Einrichtungen zu erstellen. Die Empfehlung der KRINKO zur „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene (2006)“ ist im Archiv der Empfehlungen der KRINKO beim RKI zu finden, sie wird nicht mehr aktualisiert. Bezüglich fachspezifischer Fragestellungen verweist das RKI grundsätzlich auf die Fachexpertise der BZÄK und der entsprechenden Fachgesellschaften. Der vorliegende Hygieneleitfaden des DAHZ soll diese Aufgabe erfüllen.

Auch bei der Erarbeitung der vorliegenden Ausgabe kooperiert der DAHZ mit der Arbeitsgruppe Zahnmedizin der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). Damit fließt die Expertise der DGKH als wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft vor allen auf den Gebieten der Desinfektion und Sterilisation in den Leitfaden ein.

Gegenüber der 14. Auflage wurden neben redaktionellen Änderungen vor allem das Kapitel 7 „Aufbereitung von Medizinprodukten“ grundlegend überarbeitet.

  • Bei Neu-, Zu- und Umbauten, möglichst auch bei bestehenden Einrichtungen, hat die Aufbereitung von zahnärztlichem Instrumentarium in einem eigenen Raum zu erfolgen. Innerhalb eines Aufbereitungsraums hat eine Bereichstrennung in „unrein“, „rein“ und ggf. „Lagerung“ zu erfolgen. Bei bestehenden Einrichtungen ohne eigenen Aufbereitungsraum muss eine zeitliche bzw. organisatorische Trennung von der Patientenbehandlung erfolgen. Dadurch soll eine Rekontamination aufbereiteter Medizinprodukte vermieden werden. Der Aufbereitungsraum muss über eine Lüftungsmöglichkeit (Fenster mit Insektenschutz oder Raumluft-technische Anlage) verfügen.
  • Der für die Praxishygiene verantwortliche Zahnarzt benennt dazu befähigte Mitarbeiter, die zur dokumentierten Freigabe zur erneuten Anwendung oder hygienischen Lagerung von Medizinprodukten berechtigt sind. Die Freigabeberechtigung muss schriftlich dokumentiert werden.
  • Vor der Anschaffung von Instrumenten und sonstigen Medizinprodukten sollte anhand der Angaben der Medizinproduktehersteller für die Aufbereitung geprüft werden, ob die für die Aufbereitung erforderlichen Mittel und Geräte (Prozesschemikalien, Reinigungs- und Desinfektionsgeräte, Sterilisator etc.) in der Praxis verfügbar sind.
  • Bei der manuellen Aufbereitung semikritischer Medizinprodukte mit begrenzt viruziden Desinfektionsmitteln ist eine abschließende thermische Desinfektion im Dampfsterilisator erforderlich. Sollte auf eine abschließende thermische Desinfektion verzichtet werden, sind mykobakterizide, fungizide und viruzide Desinfektionsmittel erforderlich. Aussagen zur derzeit intensiv diskutierten Frage der Wischdesinfektion semikritischer Medizinprodukte finden sich in der aktuellen Ausgabe des Hygieneleitfadens (noch) nicht.
  • Die Anforderungen an Sterilverpackungen für die Dampfsterilisation wurden spezifiziert. Gewährleisten Verpackungen keinen erregerdichten Verschluss (z.B. perforierte Siebboxen, Endoboxen oder Normtrays), sind diese zusätzlich in heiß- bzw. selbstsiegelfähige Klarsichtbeutel oder -schläuche aus Papier und Kunststofffolie zu verpacken.
  • Die Forderung der Medizinproduktebetreiberverordnung nach Validierung der Aufbereitungsverfahren schließt neben Thermodesinfektoren bzw. Sterilisatoren auch die Validierung der Verpackungsprozesse ein. Die früher vertretene Meinung, dass lediglich maschinelle Verfahren validierbar seien, ist in den letzten Jahren verlassen worden. Nunmehr beschreiben Normen und Leitlinien auch manuelle Verpackungsverfahren und deren Validierung. Das gibt mehr Handlungsspielraum, aber generiert auch zusätzliche Kosten.
  • Die Dokumentation der Aufbereitungsprozesse als Chargendokumentation oder Tagesabschlussdokumentation wurden beschrieben. Diese ist mindestens 5 Jahre aufzubewahren.

Intensiv wird die Abgrenzung zahnärztlicher Chirurgie bzw. ambulanten Operierens von zahnärztlichen Eingriffen diskutiert. Anforderungen an die Hygiene sind unabhängig vom Ort und Praxistyp zu bewerten. So muss die Entfernung eines Weisheitszahnes oder die Durchführung einer Sinuslift-Operation in einer Zahnarztpraxis vergleichbar sicher, wie in einer chirurgischen Spezialpraxis erfolgen. Umgekehrt muss sich der Aufwand aseptischer Maßnahmen wissenschaftlich begründen lassen und soll auch Aspekten der Nachhaltigkeit und reduzierten Umweltbelastung sowie Kosten genügen. Bezüglich der baulichen Anforderungen bei Operationen / Eingriffen wird auf die betreffende Leitlinie der DGKH verwiesen.

Maßnahmen der prä- und intraoperativen Reduktion des Infektionsrisiko sollten, insbesondere bei elektiven Interventionen ausgeschöpft werden. Bei sehr dringlichen Interventionen (z.B. Abszessinzision, Extraktion oder Osteotomie symptomatischer Zähne) kann dies im Einzelfall entfallen.

  • Die präoperative Entfernung von Zahnstein und Optimierung der Mundhygiene trägt bei größeren invasiven Eingriffen zur Reduktion postoperativer Wundinfektionen bei.
  • Eine präoperative Mundspülung soll bei sauber-kontaminierten Eingriffen (z.B. Implantationen), zum Einsatz kommen.
  • Die Grundregeln der Antiseptik und der Händehygiene sind konsequent einzuhalten. Eine chirurgische Händedesinfektion und ein Mund-Nasen-Schutz werden empfohlen.
  • Sterile OP-Handschuhe erscheinen bei Eingriffen mit nachfolgendem speicheldichten Wundverschluss (z. B. bei Implantationen, Transplantationen von Knochen oder Bindegewebe, Sinus-Lift-Operationen, Wurzelspitzenresektionen) und bei allen Eingriffen bei Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. Immunschwäche) erforderlich.
  • Je nach Umfang der Maßnahmen sollte nach der Schleimhaut- und perioralen Desinfektion die Verwendung eines sterilen Lochtuchs zur Etablierung eines sauber kontaminierten Umfeldes erfolgen. Auf sterile OP-Kittel kann ggf. verzichtet werden.
  • Zur Kühlung wird sterile Kühlflüssigkeit verwendet.

Bei kontaminierten oder präoperativ septischen Eingriffen mit erheblicher Kontamination des Operationsgebiets durch endogene Standortflora, insbesondere solchen ohne speicheldichten Wundverschluss (z. B. Zahnextraktionen), können trotz des Einsatzes steriler Instrumente diese Maßnahmen sinnvoll reduziert werden. Somit können beispielsweise einfache Zahnextraktionen, nach hygienischer Händedesinfektion mit Schutzhandschuhen ohne weitere Maßnahmen der Asepsis durchgeführt werden.

Neu in die Leitlinie aufgenommen wurde der Hinweis, dass der Einbau einer Desinfektionsanlage in die Trinkwasserinstallation der Praxis gemäß Trinkwasserverordnung §13 Abs. 3 dem zuständigen Gesundheitsamt spätestens vier Wochen im Voraus, auf elektronischem oder schriftlichem Weg anzuzeigen ist.

Breiteren Raum (auch im Hinblick auf SARS- CoV 2) nehmen Aussagen zur Schutzausrüstung für das zahnärztliche Team ein. Zum Einsatz von Schutzkleidung wird auf die AWMF-Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ verwiesen. Hinweise auf gesetzlich vorgeschriebene Schutzimpfungen wurden spezifiziert.

  • Das Masernschutzgesetz vom 20.12.2019 verlangt für alle nach 1970 geborenen Beschäftigten in Zahnarztpraxen einen Nachweis über eine Masernimpfung.
  • Ab dem 15.03.2022 müssen Beschäftigten in Zahnarztpraxen ohne medizinische Kontraindikation Immunitätsnachweise für SARS-CoV-2 vorlegen.

Dieser Artikel ist im ZWP Spezial 6/22 erschienen.

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