Wissenschaft und Forschung 08.09.2022

Viruslast: Infektiosität von SARS-CoV-2 in Aerosolen



Viruslast: Infektiosität von SARS-CoV-2 in Aerosolen

Foto: Gorodenkoff – stock.adobe.com

Eine neue Laborstudie aus England zeigt, dass die Infektiosität von luftgetragenem SARS-CoV-2 innerhalb von 20 Minuten nach dem Einatmen um 90 Prozent abnehmen kann.

Das SARS-CoV-2-Virus kann innerhalb von 20 Minuten 90 Prozent seiner Infektiosität verlieren, wenn es sich in Aerosolpartikeln befindet, so neue Erkenntnisse der Universität Bristol. Die Studie ist die erste, die den Rückgang der Infektiosität von SARS-CoV-2 in Aerosolpartikeln über Zeiträume von Sekunden bis zu einigen Minuten untersucht. Ziel der Studie war es, den Prozess zu erforschen, der die virale Infektiosität über kurze Zeiträume nach dem Ausatmen verändern könnte.

Luftfeuchtigkeit verändert die Infektiosität des Erregers

Wissenschaftler aus den Fakultäten für Chemie, Veterinärmedizin und Zelluläre und Molekulare Medizin in Bristol versuchten, ein detailliertes Verständnis der Faktoren zu erlangen, die das Überleben von inhalierbaren SARS-CoV-2-Partikeln in der Luft regulieren, und wie die Infektiosität durch Umgebungsbedingungen wie die relative Luftfeuchtigkeit (RH) und Temperatur beeinflusst wird. 

Mit einem neuartigen Instrument namens CELEBS (Controlled Electrodynamic Levitation and Extraction of Bioaerosols onto a Substrate – Kontrollierte elektrodynamische Levitation und Extraktion von Bioaerosolen auf ein Substrat) war das Team in der Lage, das Überleben von SARS-CoV-2 in im Labor erzeugten luftgetragenen Partikeln zu testen und zu untersuchen, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit Veränderungen der Infektiosität in Zeiträumen von fünf Sekunden bis 20 Minuten beeinflussen. In demselben Experiment wurden vier verschiedene SARS-CoV-2-Varianten verglichen, darunter Alpha und Beta.

Temperaturgefüge ist kein Regulator

Die Ergebnisse der Experimente des Teams zeigen einen signifikanten Verlust der Infektiosität innerhalb der ersten zehn Minuten nach der Erzeugung von Aerosolpartikeln, der stark von der relativen Luftfeuchtigkeit der Umgebung abhängt, nicht aber von der Temperatur. Dieser Effekt war bei den verschiedenen SARS-CoV-2-Varianten gleich.

Das Team beobachtete bei niedriger relativer Luftfeuchtigkeit (< 50 Prozent) einen Rückgang der luftgetragenen Infektiosität, der fast sofort eintritt und innerhalb von zehn Sekunden nach der Aerosolerzeugung auf 50 Prozent fällt. Dieser Verlust tritt auf, wenn die in der Luft befindlichen Partikel trocknen und schnell Feuchtigkeit verlieren, sodass sich ein festes Partikel bildet. Bei hoher relativer Luftfeuchtigkeit ist der Verlust der Infektiosität nach der Aerosolbildung allmählicher, mit einem stetigen Verlust der Infektiosität von 50 Prozent innerhalb der ersten fünf Minuten und 90 Prozent innerhalb von zwanzig Minuten. Dieser Verlust ist auf einen deutlichen Anstieg des pH-Werts der Aerosolpartikel zurückzuführen.

Ableitung neuer Strategien für zukünftige Corona-Schutzmaßnahmen

Jonathan Reid, der Hauptautor der Studie, Direktor des Bristol Aerosol Research Centre und Professor für Physikalische Chemie an der School of Chemistry der Universität Bristol, sagte: „Wir wissen, dass Aerosolpartikel, die ausgeatmet werden, wenn infizierte Personen atmen, sprechen oder husten, Viren übertragen können. Das Verständnis der Mechanismen, die das Überleben von Krankheitserregern in der Luft beeinflussen, ist ein weiteres Puzzlestück im Verständnis der Verbreitung von Krankheiten wie COVID-19.“

„Mithilfe von Modellsystemen im Labor konnten wir diese beiden Prozesse identifizieren, die zu einem raschen Verlust der Infektiosität des SARS-CoV-2-Virus zu einem frühen Zeitpunkt führen können. Es sollte auch bedacht werden, dass die Masse des ausgeatmeten Aerosols um das 1.000-Fache und die ausgeatmete Viruslast von SARS-CoV-2 um das 10.000-Fache zwischen den einzelnen Personen variieren kann. All dies erinnert uns an die Dinge, die wir noch nicht verstehen, und daran, wie wichtig es ist, zusammen mit epidemiologischen Studien geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Aerosolübertragung zu ergreifen, darunter Gesichtsmasken, räumliche Distanzierung und Belüftung“, so Reid weiter.

Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)

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