Branchenmeldungen 09.07.2012
Weihrauch als Entzündungshemmer?
Pharmazeuten der Universität Jena klären entzündungshemmende Wirkung von Boswelliasäuren auf
Er
gehörte schon zu den Geschenken der drei Weisen aus dem Morgenland:
Neben Myrrhe und Gold hatten sie für das neugeborene Jesuskind auch
Weihrauch im Gepäck. Seit der Antike gehört der aromatische Duft des
verbrennenden Weihrauchharzes zu vielen religiösen Zeremonien und ist
bis heute in der Kirche Ausdruck besonderer Festlichkeit. Doch Weihrauch
kann noch mehr: „Das aus dem Stamm des Weihrauchbaumes gewonnene Harz
enthält entzündungshemmende Substanzen“, sagt Prof. Dr. Oliver Werz von
der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Diese machen Weihrauch als
Arzneimittel u. a. für die Therapie von Krankheiten wie Asthma,
Rheumatoider Arthritis oder Neurodermitis hochinteressant, ist der
Lehrstuhlinhaber für Pharmazeutische und Medizinische Chemie überzeugt.
Allerdings sucht man Medikamente mit Weihrauchwirkstoffen in deutschen
Apotheken bisher vergebens. Denn die pharmakologischen Grundlagen der
Wirkung des Weihrauchs sind erst wenig erforscht. „Auch wenn
Weihrauchharz schon seit Jahrtausenden beispielsweise in der
ayurvedischen Medizin genutzt wird, reichen die bisher durchgeführten
klinischen Studien für eine Zulassung in Deutschland und Europa nicht
aus“, so Prof. Werz.
Das könnte sich jedoch ändern. Im Rahmen eines Verbundprojekts mit
Partnern der Uni Saarbrücken und einem Startup-Unternehmen sind Prof.
Werz und sein Team dem Wirkmechanismus des Weihrauchs nachgegangen.
Dabei konnten die Forscher zeigen, an welcher Stelle die für die Wirkung
des Weihrauchharzes verantwortlichen Inhaltsstoffe, die
Boswelliasäuren, in das Entzündungsgeschehen überhaupt eingreifen.
„Boswelliasäuren interagieren mit verschiedenen Eiweißen, die an
entzündlichen Reaktionen beteiligt sind. Insbesondere jedoch mit einem
Enzym, das für die Synthese von Prostaglandin E2 verantwortlich ist“,
sagt Oliver Werz. Prostaglandin E2 gehört zu den Vermittlern der
Immunantwort und spielt u. a. im Entzündungsprozess, bei der Entstehung
von Fieber und Schmerzen eine entscheidende Rolle. „Boswelliasäuren
hemmen dieses Enzym sehr potent und verringern so die
Entzündungsreaktion“, erklärt der Jenaer Pharmazeut. Damit sei nicht nur
ein gezielter Einsatz in der Therapie von Entzündungserkrankungen
denkbar. Boswelliasäuren ließen auch weniger Nebenwirkungen erwarten,
als heute gängige Entzündungshemmer wie Diclofenac oder Indometacin.
Diese wirken weniger spezifisch und können bei längerer Anwendung das
Risiko für Magengeschwüre erhöhen und die Nierenfunktion
beeinträchtigen.
In ihrer aktuellen Studie haben die Forscher um Prof. Werz außerdem das
Harz verschiedener Weihraucharten verglichen und in seiner
entzündungshemmenden Wirkung untersucht. Weltweit gibt es mehr als zehn
verschiedene Arten von Weihrauch. Am bekanntesten und verbreitetsten ist
der in Nord- und Zentralindien beheimatete Weihrauch Boswellia serrata.
„Wie wir jetzt gesehen haben, ist jedoch das Harz von Boswellia
papyrifera um den Faktor zehn wirksamer“, nennt Prof. Werz ein weiteres
Ergebnis der Untersuchung. Diese Art kommt vorwiegend im Nordosten
Afrikas (Äthiopien, Somalia) und auf der arabischen Halbinsel (Jemen,
Oman) vor.
Ob sich Weihrauch als Arzneimittel künftig tatsächlich durchsetzen kann,
hängt jedoch nicht nur vom Ausgang der noch ausstehenden klinischen
Überprüfung ab. „Boswelliasäuren kommen ausschließlich im Harz des
Weihrauchbaumes vor und lassen sich nur schwer synthetisch herstellen“,
macht Werz deutlich. Damit seien diese Bäume die einzige Ressource für
den aussichtsreichen Wirkstoff. Allerdings sind Weihrauchbäume in ihrem
Bestand stark bedroht. Vielerorts werden sie einfach als Brennmaterial
verwendet. „Ohne nachhaltigen Schutz sind damit nicht nur Pflanzenarten
vom Aussterben bedroht, sondern es gehen der Medizin auch
vielversprechende Wirkstoffe verloren“, warnt Prof. Werz.
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena