Abrechnung 11.11.2014
Erpressung mittels falscher Arztbewertung
share
Ärzte können im Internet auf zahlreichen Portalen anonym bewertet werden. Der Effekt ist oft signifikant: Ein gutes Online-Image wirkt stark positiv auf die Neupatientengewinnung, während ein negativer Ruf im Internet schnell zu einem echten Problem für die Praxis werden kann. Die Kenntnis dieser Tatsache setzt sich zunehmend auch im Patientenkreis durch. Immer wieder wird uns in diesem Kontext berichtet, dass Patienten die Bewertungsmöglichkeit offen als Druckmittel gegenüber einer Praxis einsetzen. Wie kann man in einem solchen Ausnahmefall reagieren?
Meist sind es Differenzen in Bezug auf die Abrechnungshöhe oder die erbrachten Leistungen. Manchmal scheint es, als wäre der Patient nur aus emotionalen Gründen auf Konfrontation aus. In jedem Falle stellt es das Praxisteam und/oder den Behandler vor eine ungewohnte Herausforderung, wenn der Patient sich echauffiert und dann plötzlich droht, seinen Ärger in Form einer Bewertung im Internet kundzutun – womöglich nicht nur auf einem, sondern auf mehreren Bewertungsportalen. Sicher gibt es für eine solche Situation kein Patentrezept. Dennoch sollen an dieser Stelle einige Handlungsoptionen aufgezeigt werden, um die Wahrmachung dieser Drohung nach Möglichkeit zu verhindern. Denn wenn die Bewertung erst einmal online gegangen ist, wird es unter Umständen schwer, diese wieder zu entfernen. Bezüglich Ihrer dann noch verbleibenden Handlungsoptionen empfehlen wir die Lektüre des Artikels „Neue Mittel gegen Rufschädigung im Internet“ in der vorangegangenen ZWP 9/2014.
Die Situation kontrollieren
Wird Ihnen also eine solche Drohung in der Hitze des Gefechts an den Kopf geworfen, sieht sich der Patient womöglich gerade in die Ecke gedrängt und weiß keinen anderen Ausweg mehr. Er ergreift die Flucht nach vorn. Ist das Gemüt des Patienten erst einmal so stark erhitzt, ist eine sachliche Auseinandersetzung mit ihm bezüglich seines Anliegens wahrscheinlich kaum möglich. Jetzt gilt es zu deeskalieren. Leider wird eine erfolgreiche Deeskalation an Ort und Stelle ohne weitreichende Ein- und Zugeständnisse kaum möglich sein. Sie können sich jedoch nicht erpressen lassen. Daher wird es für eine Deeskalation notwendig sein, die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Patienten aufzuschieben. Er muss sich erst einmal beruhigen, um wieder Argumenten zugänglich zu werden. Das braucht Zeit. Sie können den Patienten allerdings auch nicht ohne Weiteres nach Hause schicken. Schließlich hat er gerade gedroht, eine negative Bewertung zu schreiben. Es muss also gelingen, den Patienten soweit zu beruhigen, dass er diese Drohung nicht sofort in die Tat umsetzt. Dafür muss ihm eine Perspektive aufgezeigt werden, die ihn bis auf Weiteres zufriedenstellt.
Eine Perspektive schaffen
Eine solche Perspektive ist nur dann gegeben, wenn der Patient glaubhaft vermittelt bekommt, dass man seine momentane Aufregung durchaus nachvollziehen kann. Versichern Sie ihm zudem, sich mit seiner Angelegenheit noch einmal im Detail zu beschäftigen. Vielleicht ist Ihnen dies in dem Moment zuwider. Dennoch sollten Sie es sein, der einen kühlen Kopf bewahrt. Die Aussagen Ihrerseits sollten jedoch auch keine leeren Versprechen oder Lippenbekenntnisse darstellen. Versuchen Sie sich ernsthaft in die Lage des Patienten zu versetzen. Was ist schiefgegangen? Wurde vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle unzureichend kommuniziert? Versuchen Sie den Hergang nachzuvollziehen. Natürlich kann man auch an Menschen geraten, deren Argumentation so fadenscheinig ist, dass man ihnen einfach einen bösen Willen unterstellen möchte. Doch auch hier: Nehmen Sie dem Patienten den Wind aus den Segeln, indem Sie ihm Verständnis zeigen und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seinem Anliegen ankündigen. Verabreden Sie eine Rücksprache zu einem späteren Zeitpunkt – entweder vor Ort oder telefonisch.
Die Grenzen aufzeigen
Wichtig wird es sein, dem Patienten zu vermitteln, dass man in der nochmaligen Auseinandersetzung mit seinem Anliegen kaum einen Entscheidungsspielraum hat. So sind Ihnen im Bereich der Abrechnung beispielsweise häufig die Hände gebunden: Sie müssen nach bestimmten Vorgaben abrechnen und können die Preisberechnung nicht einfach umwerfen. Sonst könnten Sie sich letztlich selbst durch Abrechnungsbetrug strafbar machen. Ein solches Vorgehen relativiert die Erwartungen des Patienten. Denn Sie werden nicht umhin kommen, sich noch einmal mit ihm zu besprechen. Hoffentlich sachlich und in aller Ruhe. Jedoch sollte der Patient keine allzu hohen Erwartungen aufbauen. Ihren ernsthaften Versuch, dennoch einen frischen Blick auf sein Anliegen zu werfen und eine Lösung zu finden, kann er als emotionale Entschädigung werten. Vielleicht finden Sie dann ja doch Wege, ihm auf die eine oder andere Art entgegenzukommen, ohne dass eine Partei ihr Gesicht verliert.
Den Patienten entlassen
Im Laufe dieses Deeskalationsgesprächs müssen Sie selber einschätzen, ob ein weiterhin großes Risiko besteht, dass der Patient nach Verlassen der Praxis seine Drohung wahrmacht. Schätzen Sie das Risiko eher gering bis mittel ein, dann würden wir dafür plädieren, auf dessen Drohung nicht mehr weiter einzugehen. Zeigen Sie ihm nicht, dass er Sie mit seiner Bewertung tatsächlich an einem wunden Punkt treffen könnte. Sollten Sie das Risiko jedoch als hoch einschätzen, beispielsweise weil er sich nicht beruhigt und seine Drohung wiederholt, dann könnten Sie in die Offensive gehen und ihm die Konsequenzen seines Handelns vor Augen führen. Wiederholen Sie, dass Sie sich mit seinem Anliegen auseinandersetzen werden. Wenn er nun aber eine negative Bewertung veröffentlicht, werden Sie sich mit seinem Fall auch nicht mehr weiter beschäftigen wollen.
Das Risiko präventiv beschränken
Das wohl probateste Mittel im Umgang mit dem Risiko negativer Bewertungen ist es übrigens, für eine Steigerung der Anzahl positiver Bewertungen zu sorgen. Doch kommen zufriedene Patienten nur selten von alleine auf die Idee, ihre Meinung im Internet kundzutun. Einige wenige Unternehmen, wie beispielsweise DentiCheck, bieten ein gezieltes Bewertungsmanagement für Zahnärzte an. Von Patienten Bewertungen zu erhalten, ist mit dieser Unterstützung sehr einfach möglich. Die eine oder andere negative Bewertung wird durch die positiven Erfahrungsberichte relativiert und zum „Salz in der Suppe“. Bei der Auswahl eines Bewertungsmanagement-Anbieters sollten Sie erfragen, ob dessen Dienstleistung vor dem Hintergrund des Werberechts juristisch geprüft wurde.