Finanzen 08.12.2022
Unis auf Sparflamme = Zukunft auf Sparflamme
Angehörige und Verbündete der fünf steirischen Universitäten warnten heute bei einer Kundgebung vor rund 5.000 Personen vor weitreichenden Folgen der gravierenden Budgetlücke für Universitäten.
In den Budgets der 22 öffentlichen Universitäten Österreichs klafft durch Inflation und Energiekostenexplosion eine Lücke von etwa 1,2 Milliarden Euro. Es kam daher über den Sommer zu Budgetnachverhandlungen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Wissenschafts- und Bildungsminister Martin Polaschek war zu einer Kompensation in Höhe von 500 Millionen Euro bereit. Heute Morgen folgte die Ankündigung des Ministers, aus der Ministerreserve für das Jahr 2023 weitere 150 Millionen Euro freizumachen. Auch wenn dies die Mehrkosten nur teilweise abdeckt, tragen die Mittel in Kombination mit den laufenden Einsparungsprogrammen der Unis zu einer leichten Entschärfung der Situation für das Jahr 2023 bei. Insbesondere im Personalbereich.
Über 2023 hinaus bleibt der Teuerungsausgleich für die laufende Leistungsvereinbarungsperiode jedoch vollständig offen. Für 2024 aber erwarten die Universitäten aufgrund kumulierter Indizes das kritischste Budgetjahr der laufenden Periode. Für 2024 wird von den Universitäten ein weiterer Budgetbedarf von mehr als dem Doppelten der nun für 2023 zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel veranschlagt. Das Ministerium ist gefordert, noch vor dem Sommer 2023 für die notwendige Zusatzfinanzierung für das Jahr 2024 und somit für die nötige Planungssicherheit für die Unis zu sorgen. Alles andere hätte weitreichende und langfristige negative Konsequenzen für Studierende, für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort, die Industrie, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit – kurzum: für den Wohlstand und die Zukunft der gesamten Gesellschaft.
Kundgebung: "Unis auf Sparflamme heißt Zukunft auf Sparflamme"
Die fünf steirischen Universitäten Uni Graz, TU Graz, Med Uni Graz, Kunstuniversität Graz und Montanuniversität Leoben informierten daher konzertiert am Dienstagvormittag, 15.11., in jeweils internen Treffen alle Mitarbeitenden und Studierenden über die akut und real drohenden Konsequenzen. Danach trafen sich Mitarbeitende und Studierende zur Kundgebung in der Franz-Graf-Allee in unmittelbarer Nähe zur Oper Graz und zum Stadtpark. Vor Ort versammelten sich rund 5.000 Personen. „Unis auf Sparflamme = Zukunft auf Sparflamme“ und „Kein Rückwärtsgang für Bildung und Forschung“ stand auf meterlangen Transparenten, weitere Schilder und Plakate verliehen dem Anlass der Aktion Ausdruck.
Wie kommt es zur Budgetlücke der Unis?
Die Budgets für öffentliche Universitäten werden in Österreich jeweils für drei Jahre im Vorhinein verhandelt und vertraglich festgelegt. Für die Jahre 2022 bis 2024 wurde der Budgetrahmen bereits im Jahr 2020 gesteckt und im Herbst 2021 festgezurrt, als es noch keine Anzeichen der enormen Inflation von derzeit elf Prozent und den volatilen Energie- und Rohstoffpreisen gab. Die Folge: Alleine bei den fünf steirischen Universitäten klafft ein nennenswertes Budgetloch, das die Universitäten nicht ohne langfristige und weitreichende Schäden – auch für den gesamten Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort – überstehen können.
Welche Konsequenzen drohen?
Trotz aller Bemühungen sind selbst gesetzte Sparmaßnahmen etwa beim Energieverbrauch nicht annähernd ausreichend. Nachdem rund 70 Prozent eines Unibudgets auf Personalkosten entfallen, sind Personalaufnahmestopps oder gar -rückbau nicht auszuschließen. Dies aber würde einen Dominoeffekt in Gang setzen: Weniger Personal in der Forschung führt zu einem sehr unmittelbaren technologischen Rückfall und mittelfristig zu einem massiven Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des gesamten Standorts. Die Universitäten werden in ihrer Funktion als Innovationsmotoren eingebremst. Die mühsam angeworbenen Spitzenköpfe der Forschung werden sich rasch nach besseren Bedingungen umsehen und ins Ausland abwandern.
Auch in der Lehre sind deutliche Verschlechterungen absehbar: Weniger Lehrpersonal heißt verschlechterte Betreuungsrelation von Lehrenden zu Studierenden. Dazu müssten kostenintensive Labore und Übungen stark eingeschränkt und die Zahl an Wahlfächern verringert werden. Auch die Kürzung von Zuschüssen zu Auslandsaufenthalten sowie der Verzicht auf internationale Vortragende würden die Qualität der Ausbildung zusätzlich beeinträchtigen. Die Studiendauer wird sich bei sinkender Lehrqualität verlängern, am Arbeitsmarkt werden hoch qualifizierte Absolvent*innen fehlen.
Quelle: Medizinische Universität Graz