Marketing 30.08.2018

Zielgenaues Emotions-Marketing: Kopf aus, Herz an



Zielgenaues Emotions-Marketing: Kopf aus, Herz an

Foto: contrastwerkstatt – stock.adobe.com

In einem dentalen Markt, in dem der Wettbewerb unter Praxen und das Werben um Patienten, beispielsweise durch das Aufheben von Zulassungssperren, zunimmt, ist es essentiell, sich von anderen Praxen abzugrenzen und Aufmerksamkeit für die eigene Praxismarke zu schaffen. Einen Patienten zu gewinnen heißt, ihn so anzusprechen und zu überzeugen, dass er sich für die gewünschte Praxis entscheidet.

Darüber nachzudenken, was eine Marke ist, ist kein akademischer Dis­kurs und auch nicht etwas, mit dem sich nur Praxen in Ballungsgebieten auseinandersetzen müssen. Die Antwort darauf hat signifikante praktische Relevanz. In vielen Märkten besteht heutzutage nur noch ein geringes Potenzial, wenn man noch nicht als Marke wahrgenommen wird.

Was muss aber passieren, damit eine Praxis von Patienten erkannt wird? Name, Logo und Corporate Design sagen einiges über die Marke aus. Für andere wiederum ist der Bekanntheitsgrad das Maß der Dinge. Doch bei unserem geräuschvollen und reizüberfluteten Leben zwischen Werbung, hochfrequenten medialen Nachrichten, dem World Wide Web und der täglichen Informationsflut zählt ein an­derer Faktor, der dafür sorgt, dass Botschaften Menschen erreichen. Botschaften, die dann als unauslöschliche Abdrücke in Erinnerung bleiben und zu gegebener Zeit einen großen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine neue Praxis haben.

Das richtige Verständnis davon, was eine Marke ist, trägt zum Erfolg einer Praxis bei. Eine Marke zu sein, bedeu­-tet einem möglichst großen Kreis an Menschen bekannt zu sein. Es heißt aber auch, für bestimmte Werte und für eine bestimmte Qualität zu stehen und zugleich die wertvollste Immobilie der Welt zu besitzen: einen Platz im Kopf einer Person.

Um dorthin zu kommen, müssen Informationen durch den unsichtbaren Filter im Kopf der Menschen geschleust werden, der 99 Prozent der Botschaf­ten herausfiltert, die ihn täglich erreichen. Wie schafft es eine Praxis, die Poleposition im Bewusstsein der Pa­tienten innezuhaben? Das hängt vorwiegend davon ab, welches Kopfkino ausgelöst wird. Denn auch das macht eine Marke aus: Emotionen und Be­ziehungen.

Onlinemarketing, Webseite, Presse­arbeit, Werbung, Veranstaltungen – die Möglichkeiten, Patienten zu erreichen, sind vielfältig, und oft sind die An­zeige, das Plakat, die Kinowerbung und die Webseite der erste Kontakt mit der Praxis. Schon da entscheidet sich, welches Kopfkino abläuft. Ob Ihre Webseite Kompetenz ausstrahlt, modern und hochwertig, sympathisch oder in die Jahre gekommen wirkt, mit diesen Eigenschaften werden Sie und Ihre Praxis verknüpft. Aufgrund der visuellen Signale, wie Farben, Bil­-der, Fotos, Gestaltung, bilden Menschen innerhalb kürzester Zeit einen ersten Eindruck. Wenn der Eindruck weiter positiv bestätigt wird, dann entsteht Vertrauen – das Bindemittel zwischen Patient und Praxis. Die visuelle Kommunikation ist deshalb von großer Bedeutung, da wir 75 Prozent unserer Informationen mit den Augen aufnehmen.

Mit Kopfkino in Erinnerung bleiben

Eine starke Marke schafft es, Bezie­hungen zu ihren Patienten durch Er­leb­nisse und Geschichten aufzubauen. Die Beziehung eines Patienten zu seiner Praxis ist emotional geprägt. Fakten spielen erst dann eine Rolle, wenn klar ist: Der Patient kann sich mit der Pra­xis identifizieren. Apple, Harley-Davidson, Coca-Cola sind beispielsweise Marken, die es geschafft haben, eine emotionale Verbindung aufzubauen. Und diese ist stärker als die rationale Nutzenbeziehung zu standardisierten Produkten.

Unsere Idee einer Praxismarke entsteht im limbischen System unseres Gehirns. Sie ist eine Ansammlung von Eindrücken, Geschichten, Erfahrungen und Wahrnehmungen. Eine profilierte Marke besitzt eine unverwechselbare Identität und erzeugt so eine emotionale Erlebniswelt und Identifikation. Oder anders ausgedrückt: Eine Marke ist Kopfkino. Ein Patient, der von seiner Praxis schwärmt und sie begeistert weiterempfiehlt, ist das sichere Zeichen, dass er emotional engagiert ist. Das Verhalten und die Entscheidungen von Menschen werden hauptsächlich von Emotionen gesteuert. Der Patient, der seit zehn Jahren keine Zahnarzt­praxis von innen gesehen hat, ist das beste Beispiel dafür, wie tiefgreifend Emotionen unsere Entscheidungen beeinflussen.

Menschen erinnern sich nicht daran, was man ihnen alles erzählt. Sie erin­nern sich immer daran, wie sie sich gefühlt haben. Jemand, der das par excellence verstanden und die Wirkungsmacht der Emotionen für seine Firma und seine Produkte eingesetzt hat, ist Steve Jobs, Gründervater von Apple:

„Marketing is about values. It’s a complicated and noisy world, and we’re not going to get a chance to get people to remember much about us. So we have to be really clear about what we want them to know about us … Apple was able to encourage people to define themselves as anticorporate, creative, innovative rebels simply by the computer they used … Apple is about people who think out­side the box, who want to use com­puters to help them change the world.“

Um aufzufallen und in Erinnerung zu bleiben, muss zum einen klar sein, was man über seine Praxis erzählen möchte, und zum anderen, auf wel­che kreative sympathische Art dies zu kommunizieren ist. Menschen, die emotional erreicht wurden, sind bereit, ein Produktproblem und höhere Preise anzunehmen. Sie haben eine Beziehung aufgebaut, die über das Rationale eines Produktes hinausgeht. Laut der GfK, dem größ­ten Marktforschungsinstitut in Deutschland, ist der Erfolg eines Unterneh­mens nur zu 30 Prozent rational und zu 70 Prozent von emotionalen Ein­flussfaktoren abhängig. Es sind eben die impliziten Vorgänge, also die schnellen, intuitiven und unbewussten Prozesse in unserem Gehirn, die unser Entscheidungsverhalten beeinflussen.

Beispiele aus der Praxis – Von Sport, Märchen und 1.600 Neupatienten

Für eine Praxis in Gelsenkirchen wurde die visuelle Kommunikation in die Welt des Sports gelegt und mit humorvollen Elementen versehen. Diese Markenwelt wird seit vier Jahren konsequent in Print und online kommuniziert.

Mit dem Erfolg, dass die Praxis in 2017 über 1.600 Neupatienten gewonnen hat. Ein weiteres Beispiel: Eine Zahnarztpraxis in Kassel hat in seiner visuellen Kommunikation die Märchenwelt aufgegriffen. Dieses Konzept besitzt eine hohe Identifikationskraft, nicht nur weil Kassel Brüder-Grimm-Stadt und Hauptstadt der deutschen Märchenstraße ist, sondern weil Märchen bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt so­-wie mit vielen positiven Erinnerungen und Gefühlen verknüpft sind.

Fazit – Ratio + mehr Emotion

Eine Praxis, die bei potenziellen Patienten in Erinne­rung bleiben und eine starke Beziehung zu seinen Stammpatienten aufbauen möchte, sollte in ein emo­-tional ansprechendes Profil und visuelles Konzept in­vestieren. Nur über die Zahnmedizin zu sprechen, heißt sich auf ein rationales Leistungsversprechen zu limi­tieren.

Der Wettbewerb unter Praxen ist auch ein Kommuni­kationswettbewerb geworden. Wer die Aufmerksamkeit, die entscheidende Ecke im Kopf und im Herzen der (potenziellen) Patienten besetzen möchte, muss seine Leistung, seine Praxismarke emotionalisieren und eine mit Bildern und Worten attraktive Wirklich­keit kreieren.

Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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