Marketing 28.02.2011
Patientenbegeisterung statt nur Kundenzufriedenheit
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Alle Welt redet von Kundenzufriedenheit. Doch diese allein reicht heute nicht mehr aus. Im Gegenteil – sie ist sogar gefährlich. Sobald wir mit der Kundenzufriedenheit zufrieden sind, befinden wir uns bereits auf Kurs unter Wasser. Es genügt einfach nicht mehr, die Erwartungen von Patienten zu erfüllen – und diesen Zufriedenheitsgrad zu messen. Wir müssen die Erwartungen unserer Patienten immer wieder übertreffen. Der einzig gangbare Weg: Wir müssen weg vom Dienst nach Vorschrift, vom altgewohnt Üblichen, das wir im gesamten Praxisteam bis zur Zertifizierung beherrschen. Wir müssen hin zur Patientenüberraschung, wir müssen ihnen unvergessliche Serviceerlebnisse bieten, wollen wir die Loyalität unserer „Arbeitgeber“ wirklich auf Dauer gewinnen.
Zum Thema Kunden- oder Patientenorientierung werden oft großartige Lippenbekenntnisse entwickelt und versucht, diese in die Mitarbeiter-Hirne einzupflanzen. Dabei werden allerdings die beiden anderen großen „H“ großzügig übersehen – das Herz und die Hände. Ohne Herz wachsen die Botschaften in den Hirnen, sprich im Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nicht an, weil die Inhalte mehr oder weniger abgearbeitet und nicht ständig und eigen-ständig, eigen-motiviert „gewässert“ und „gedüngt“ werden, wie es notwendig wäre. Konsequente Kundenorientierung sieht anders aus. Meine Kollegin Anne Schüller spricht in ihrem Buch: Kundennähe in der Chefetage von Kundenfokussierung. Das ist die Konsequenz, von der ich spreche. Nur so lassen sich in der Zahnarztpraxis aus zu-friedenen Patienten begeisterte Patienten machen. Und nur diese sind Botschafter unserer Praxis und unserer Marke. Exzellenter Patientenservice verlangt deshalb konsequent drei Dinge:
Konsequente Patientenfokussierung!
Konsequente Patientenfokussierung!
Konsequente Patientenfokussierung!
Und genau daran lassen es viele Zahnarztpraxen fehlen. Doch bevor wir die entscheidenden sieben Schritte tun, lassen Sie uns klar definieren, was unter Service und Dienstleistung zu verstehen ist: Dienstleistung ist unser Markenkern. Service ist die Qualität un-serer Kundenbetreuung. In diesem Verständnis sind also Dienstleistung und Service die zwei Seiten ein- und derselben Medaille. Und nur, wenn diese beiden Seiten so passgenau wie nur mög-lich zusammenwirken, winkt uns die Goldmedaille für exzellente Patienten-fokussierung, die wir uns in diesen sie-ben Schritten verdienen wollen:
1. Vision
Dieser erste Schritt kennzeichnet die wichtigste Aufgabe des Zahnarztes als oberste Führungsebene. Dabei geht es nicht um die inflationär eingesetzten Lippenbekenntnisse: Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt. Es geht vielmehr darum, eine Vision, ein Bild da-von zu entwickeln, wie die Patientenfokussierung wirklich aussieht. Und die wichtigste Aussage kennzeichnet konsequent die Rolle des Zahnarztes: Ja, ich bin der oberste Dienstleister und Servicepartner für unsere Patienten. Meine Aufgabe ist es, die Praxis vom Markt her zu führen, weil wir nur so Produkte, Prozesse und Persönlichkeiten entwickeln, die in der Lage sind, die Patientenerwartungen immer wie-der neu zu übertreffen. Konsequenz – nur darum geht es. Nur dann wird die Praxis erfolgreicher sein.
2. Motivation
Hier stellen wir uns die entscheidenden Fragen, die uns wie ein Kompass auf den richtigen Kurs bringen:
– Was treibt uns an?
– Was ist den Patienten überaus wichtig?
– Was sind, davon abgeleitet, unsere Werte?
– Wie bringen wir beide Vorstellungen überein?
– Welche Leitlinien bestimmen unser Handeln?
– Wie schaffen wir die Kulturveränderung vom „Patienten-Behandler-Denken“ zum „Kunden Betreuer-Denken“?
– Wie gelingt es uns, dass die „Wir-Leitlinien“ von jedem Mitarbeiter übersetzt und gelebt werden durch „Ich-Verhaltensstandards“?
– Wie kreieren wir eine leistungs-orientierte Atmosphäre in unseren Teams, die frische Ideen fördert und fordert?
– Wie wecken wir in uns selbst und in unseren Mitarbeitern immer wieder neu die Lust auf Service?
– Wie erhalten wir uns den Ehrgeiz,
die Patienten immer wieder neu zu überraschen, besser zu sein als gestern - und vor allem besser als die Konkurrenz?
3. Kondition
Hierbei geht es um die Voraussetzungen, die wir bereits haben und die wir noch zusätzlich brauchen, um die Vision umzusetzen. Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten gehören dazu, die Patienten immer wieder neu zu überraschen, um ihnen immer wieder neue unvergessliche Serviceerlebnisse zu bieten? Die wichtigste Regel dabei ist die DKW-Regel:
– Dürfen!
– Können!
– Wollen!
Welchen besonderen Führungstypus brauchen wir – mit welchem Profil, mit welchen besonderen Eigenschaften? Und welchen Mitarbeitertypus brauchen wir in den unterschiedlichen Patienten-Kontakt-Punkten? Der wichtigste Führungs- und Mitarbeitertypus ist der „Delfin“ – der engagierte Kundenbetreuer in Bestform, der Mit-Denker, Mit-Gestalter, Mit-Arbeiter, Mit-Unternehmer. Wir brauchen ganz sicher keine „Beschäftigten“, keine „Belegschaft“, keine „Praxis-Funktionäre“, die sich allesamt wie „Nilpferde“ bewegen – gleichgültig, veränderungsresistent. Wir brauchen ganz sicher auch keine „Armen Schweine“ – also Jamme-rer und Opfer. Keinesfalls „Krokodile“ – aggressive Rechthaber. Und erst recht keine „Gemeinen Wasserratten“ – jene gefürchteten, hochnäsigen Patientenbelehrer.
4. Kommunikation
Interne und externe Kommunikation sind geprägt von Dienstleistungs- und Servicedenken – im persönlichen, telefonischen und schriftlichen Dialog mit Patienten und im Dialog der Mitarbeiter untereinander. In Anlehnung an die Typen unter dem Punkt „Kondition“ ist es die „Delfin-Kultur“, die „Delfin-Rhetorik“ in der internen und externen Kontaktkultur, die Zahnarztpraxen erfolgreicher macht als andere. Es ist heute viel die Rede von „Werten“. Diese werden in der Vision definiert und erlebbar in Wort und Schrift, im Dialog, im konkreten Verhalten. „Wert-Schätzung“ ist
die Voraussetzung von „Wert-Schöpfung“ – das erleben die Patienten und die Mitarbeiter in einer „Delfin-Kultur“ täglich im wahrsten Sinn des Wortes.
5. Kooperation
In einer „Delfin-Praxis“ existieren keine „Ab-Teilungen“ mehr, sondern nur noch Patienten-Leistungsbereiche. Solche Praxen ersetzen den Begriff „Schnitt-Stellen“ durch „Naht-Stellen“. Deshalb hören Patienten in solchen Praxen auch kein „Dafür-bin-ich-nicht-zuständig“. Weil sich alle in den gemeinsamen Dienst am Patienten stellen, im Team weitgehend eifersuchtsfrei und unegoistisch miteinander kooperieren, weil sie ja patientenfokussiert den „Ball ins Tor“ bringen wollen. Kooperation in Bestform steht in solchen Praxen ebenfalls für den Umgang mit den externen Dienstleistern – dort spricht man nicht mehr von Lieferanten, sondern arbeitet auf engste Weise mit Lieferpartnern, z.B. Dentallaboren, zusammen.
6. Innovation …
… ein ganz schweres Wort – weil es den „Sozialen Frieden“ der Beschäftigten in Praxen stört. Was sollen wir denn nicht noch alles tun? Das haben wir doch noch nie gemacht! Oder: Wenn das Sinn machen würde, dann hätte es die Konkurrenz doch schon lange gemacht … Innovationen sind heutzutage eh zu teuer. Der Patient müsste die ja bezahlen. Und das wird er nicht wollen. Denn für ihn ist „Geiz geil!“ In vielen Zahnarztpraxen wird der unselige Traum weitergeträumt: Die Besitzstände der Deutschen sind unantastbar. Dieses Denken ist der größte Hemmschuh für Veränderungen, die dringend notwendig sind. „Geist ist geil!“ So muss der neue Ansatz lauten. Dabei ist es gar nicht die revolutionäre Idee, die am Anfang steht, sondern die Bereitschaft, in kleinen Schritten besser zu werden:
Das tue ich ab morgen zum letzten Mal (weil es überflüssig und sinnlos und nur Gewohnheit ist).
Das tue ich ab morgen zum ersten Mal (weil es mit einfachen Mitteln zu machen ist und viel Sinn macht).
Das tue ich ab morgen ein wenig anders als gestern (weil es dann eine andere Qualität bekommt).
7. Aktion
Jedes Leitbild braucht klare Regeln und Standards für unser aller Verhalten. Weil wir auch ein Messinstru-ment für unseren Fortschritt brauchen. Wir können nur messen, was wir hören, sehen, prüfen können. Nur dann gewinnen wir ein System für unseren eigenen Fortschritt, für die Weiterentwicklung unserer eigenen Persönlichen-Service-Qualität. Dazu haben wir in unserem Institut das PSQ-Modell entwickelt, das sich an den gleichen sieben Stufen orientiert, auf die einzelne Persönlichkeit bezogen, wie Sie sie hier im Überblick und von der Grundphilosophie her für die Entwicklung des Leitbildes einer Zahnarztpraxis kennengelernt haben.
Autor: Vinzenz Baldus