Marketing 28.02.2011

Patientenwerbung – macht das Sinn?



Patientenwerbung – macht das Sinn?

Foto: © Shutterstock.com

Getrieben durch das Bundesverfassungsgericht, mussten die Ärztekammern schon vor einigen Jahren ihre restriktiven, berufsrechtlichen Regelungen zur Werbung deutlich lockern. Dadurch bekamen die Mediziner deutlich mehr Spielraum, ihre Patienten durch Eigenwerbung auf sich aufmerksam zu machen. Heute geht viel – aber was macht Sinn und wie viel kostet welche Form der Werbung?

Steht der grundsätzliche Entschluss, Werbung zu betreiben einmal fest, ist der Zahnarzt heute allerdings mit einer Vielzahl von Medien und Kanälen konfrontiert, die allesamt versprechen, den Patienten zu adressieren. Um hier nicht den Überblick zu verlieren, sollte er sich über das Ziel, welches er mit seiner Ansprache verfolgt, im Klaren sein. Was soll die Werbung konkret bringen? Sollen Stammpatienten regelmäßig informiert werden oder möchte der Zahn­-arzt neue Patienten hinzugewinnen? Und wenn ja, über welchen Weg?

In jedem Fall müssen die ausgewählten Maßnahmen zur wirtschaftlichen Si­tuation der Praxis passen. Das bedeutet konkret, sie sollten ohne großen per­sonellen Aufwand machbar, technisch leicht umsetzbar sein und ein akzep­tables Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen. Denn ein Zahnarzt verbringt seine Zeit beim Patienten, nicht mit der Mediaplanung. Dennoch, um Wirkung zu zeigen, sollte die Auswahl der werblichen Kanäle mit den veränder­ten Medien- und Konsumgewohnheiten einhergehen.

Ein niedergelassener Zahnarzt hat durch seinen engen Patientenkontakt beispielsweise den Vorteil, die Servicebedürfnisse seines Patienten aus erster Hand zu erfahren und individuell da­rauf zu reagieren. Diesen intensiven Austausch könnte er auch für seine werbliche Ausrichtung nutzen.

Der Vorteil des Internets

Hier punktet derzeit klar das Internet mit seinen vielen neuen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Interaktion. Diese Aussage bestätigt der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft in seiner aktuellen Auswertung zum Anstieg zeitgemäßer Werbeformen zwischen 2004 und 2007. Online-Werbemaßnahmen haben in diesem Zeitraum um ganze 39,2 Prozent zugenommen und laufen damit allen klassischen Formen, wie postalischer Werbung, Anzeigenblättern und Außenwerbung, den Rang ab.

Zahnärzte präsentieren sich zunehmend im Netz. Warum? Weil dort auch ihre Patienten nach konkreten Informationen suchen, und den Austausch und Dialog mit dem Zahnarzt ihres Vertrauens pflegen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berichtet in einer Stu­die bereits davon, dass sich mittlerweile schon jeder dritte Deutsche im Internet nach qualifizierten Informationen zu örtlichen Zahnarztpraxen umschaut. Er schätze die Schnelligkeit des Mediums, die Möglichkeit der vertieften Aufbe­reitung von Informationen, einer hohen Aktualität und des aktiven Austauschs, so das Marktforschungsinstitut. Genau aus diesem Grund gewinnt das Werbemedium Internet immer mehr an Attraktivität. Eine solide werbliche Grundlage für den Zahnarzt ist beispielsweise die lokale Branchensuche im Internet: Sie verhilft zum direkten Patientenkontakt dank bezahltem und werblich „veredeltem“ Online-Eintrag der Praxis. Dieser boomenden Online-Nachfrage steht allerdings noch kein adäquates werbliches Angebot der meisten Zahnärzte gegenüber.

Die werbliche Präsenz im Netz scheint noch sehr verhalten. Dabei nimmt der Interessent eine vertiefte Information zur Behandlungsmethode, zum Team, den Praxisräumlichkeiten oder auch zum speziellen Service als echten Service wahr. Das Online-Angebot steht permanent auf Abruf bereit und kann durch seine inhaltliche Ausrichtung schon erste Fragen des Interessenten beantworten.

Klassische Werbeformen, wie Anzeigenblätter, Funk- oder TV-Spots, verfolgen hingegen einen anderen Ansatz der Ansprache und liefern ebenfalls andere Ergebnisse. Sie streuen werbliche Botschaften, um allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen und den Bedarf erst zu wecken. Sie wirken breit und sind auf die reine Bekanntmachung angelegt. Sie bringen Menschen aber nicht dazu, sich intensiv mit einer Dienstleistung auseinanderzusetzen. Das heißt, durch klassische Werbung können in Summe zwar mehr Menschen erreicht werden, die Kontaktaufnahme wird aber nicht priorisiert. Eine allzu plakative Darstellung oder Beschreibung der zahnärztlichen Leistung sollte zudem mit der zuständigen Landeszahnärztekammer abgestimmt werden, um die Berufspflichten nicht zu stark zu strapazieren.

Ein Rechenbeispiel

Ob klassische oder dialog-orientierte Instrumente, unter dem Strich muss Werbung bezahlbar bleiben. Das folgende Rechenbeispiel einer Zahnarztpraxis aus München/Haidhausen soll verdeutlichen, welche Werbe­formen mit einem jährlichen Budget von 1.000 Euro zu realisieren sind. Eine viertel­seitige Vierfarbanzeige im örtlichen Anzeigenblatt „Hallo München“, Ausgabe Haidhausen, bei einer Auflage von 82.350 kostet 890 Euro. Davon unberücksichtigt bleiben Gestaltungs- und Lithokosten für die Erstellung der Anzeige. Im Vergleich dazu kostet entsprechende Radiowerbung inklusive neun Funkspots á 15 Sekunden auf dem privaten Lokalsender „Radio Gong 96,3“ ca. 963 Euro. Man könnte durch diese Maßnahme 169.000 Hörer zwischen 14 und 40 Jahren erreichen. Für die Produktion eines solchen Spots würden zusätzlich einmalig 300 bis 500 Euro anfallen. Ein Eintrag im Branchenverzeichnis von 11880.com inklusive guter Platzierung innerhalb der Suchmaschinenergebnisse mit individueller Gestaltung, Logo und Video würde mit knapp 600 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten zu Buche schlagen. Mit Kosten von etwa 50 Euro ist jedoch das gute alte Verteilen von Informations-Flyern im eigenen Stadtteil weitaus am güns­tigsten. Nicht eingerechnet sind hier die Herstellungskosten der Flyer. Eine mögliche Werbung über Tageszeitungen wurde von der Praxis nicht berücksichtigt, da sie für das angesetzte Budget nicht umsetzbar gewesen wäre.

Trotz berufsbedingter Einschränkungen können die Zahnärzte heute auf ein breit gefächertes Werbespektrum zugreifen, um den Patienten dauerhaft für sich zu gewinnen. Das setzt voraus, sich zunehmend auch ein Bild von des­sen Informationsgewohnheiten und -vorlieben zu machen, da der Zahnarzt nur auf dieser Wissensbasis in die für ihn richtige werbliche Ansprache in­vestieren kann.

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