Patienten 06.10.2023

Digital und dreidimensional: So geht Mundhygiene in der Pflege

Digital und dreidimensional: So geht Mundhygiene in der Pflege

Foto: pixeden.com / mund-pflege.net

Bei der Unterstützung der Mundhygiene in der Pflege bestehen viele Unsicherheiten. Welche Pflegemittel für Zähne, Zahnzwischenräume und Mundschleimhäute sind sinnvoll? Was muss speziell im Hinblick auf herausnehmbare Prothesen in der Pflege beachtet werden? Überhaupt: Welche Abläufe sind im Pflegealltag realistisch und welche Empfehlungen sollten wir als Zahnärzte geben? Professionell animierte Pflegeszenen sollen auf all diese Fragen gute und vor allem anschauliche Antworten geben. Wie diese Pflegeszenen genau aussehen und was dahintersteckt, erläutert der folgende Beitrag.

Der Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit in der Pflege des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) ist seit 1. März 2023 in der finalen Fassung veröffentlicht. Expertenstandards stellen ein professionell abgestimmtes Leistungsniveau dar und tragen als wirksame Instrumente der Qualitätsentwicklung zur Professionalisierung der Pflegepraxis bei. Zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen sind anschauliche und idealisierte Darstellungen der Pflegemaßnahmen mit zeitgemäßen Technologien gefordert. Genau hier setzt „Mundpflege 3D“ an.

Bewegtbild-Inhalte für optimales Anleitungsverständnis

Bereits im Vorfeld entwickelte animierte Pflegeszenen bei notwendiger Unterstützung der Mundhygiene im Sitzen am Waschbecken oder im Liegen am Bett zeigen, wie ergonomisches Arbeiten und die Vermeidung von Aspiration gelingen können. Diese Pflegeszenen sind in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie den zahnmedizinischen Fachgesellschaften für die Bevölkerungsgruppen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf entstanden. Die Entwicklung der aktuellen animierten Pflegeszenen zur Darstellung der eigentlichen Mundpflegemaßnahmen werden im Rahmen des Förderprogramms „Zukunftsland BW“ aktuell durch das Sozialministerium Baden-Württemberg gefördert.

Erläuterungsbeispiele

Die folgenden Erläuterungen gilt es zu beachten, wenn wir zum Beispiel im Rahmen der Mundgesundheitsaufklärung (BEMA-Nr. 174b) oder bei Schulungen in anderen Kontexten Pflegekräfte bzw. pflegende Angehörige zur Mundpflege anleiten wollen:

Zu Beginn der Mundpflege sollten alle notwendigen Pflege- und Hilfsmittel bereitgelegt und mindestens Handschuhe zum persönlichen Schutz getragen werden. Den Kleiderschutz über Brust und Schultern nicht vergessen. Mit guter Ausleuchtung und bei guter Leistungsbereitschaft gelingt die Mundpflege besser. Was ein Mensch selbst kann, soll er auch selbst tun. Bei notwendiger Unterstützung hat es sich bewährt, alle Maßnahmen mit Worten und/oder Gesten anzukündigen.

Lippenpflege bei rissigen und trockenen Lippen schon zu Beginn der Mundpflege

Trockene und rissige Lippen zuerst mit fetthaltigem Balsam eincremen. Vorhandene Zahnprothesen sollten anschließend entnommen und der Mund mit Wasser ausgespült bzw. mit Kompressen ausgewischt werden.

Zähneputzen manuell oder elektrisch mit wenig Druck

Zahnbürsten mit dickem Griff erleichtern die Mundpflege. Bei empfindlichem Zahnfleisch werden Zahnbürsten mit eher weichen Borsten besser toleriert. Das Heranführen der Zahnbürste im Blickfeld aktiviert den unterstützungsbedürftigen Menschen. Geputzt wird mit kleinen rüttelnden oder kreisenden Bewegungen und wenig Druck. Elektrische Zahnbürsten können sinnvoll sein, müssen aber toleriert werden.

Wichtig ist, dass am Schluss alle Flächen geputzt wurden.

Interdentalbürste nach dem Zähneputzen, und im Frontzahnbereich beginnen

Ist die Kooperation weiterhin gut, kann nun der Zahnpasta-Schaumsaum mit Interdentalbürsten von außen in die Zahnzwischenräume verbracht und diese so gut gereinigt werden. Für bestmögliche Übersicht ist vorne zu beginnen, im Seitenzahnbereich sollte der Mund nach und nach geschlossen und der Mundwinkel mit dem Finger sanft nach hinten gezogen werden, um auch hier die Interdentalbürste möglichst ohne verbiegen und unter Sicht einsetzen zu können

Zahnpastaschaum und Beläge ausspucken oder mit Kompressen auswischen („Zuckerwatte spielen“)

Zwischendurch und nach der Reinigung den Zahnpastaschaum sowie gelöste Beläge ausspucken lassen oder den Mund mit einer Kompresse auswischen. Prothesenauflageflächen und bei Bedarf die Zunge oder auch die anderen Schleimhäute sollten ebenfalls gereinigt werden. Bei trockenen und rissigen Lippen, diese zum Abschluss nochmals pflegen.

Erst die Übung macht den Meister: Befolgt man die beschriebenen Maßnahmen, gelingt die Mundhygiene in der Pflege in den meisten Situationen ohne Probleme. Wichtig ist jedoch der Hinweis, zunächst die notwendige Sicherheit in den Abläufen und Maßnahmen bei Menschen zu trainieren, die gut kooperieren, auch wenn diese die Unterstützung gar nicht benötigen. Abwehrendes Verhalten von Patienten in der Pflege kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die betroffenen Menschen die Unsicherheit spüren und die Mundpflege nicht tolerieren.

Bis Jahresende 2023 folgen die Anleitungen zum Umgang mit sowie zur Pflege herausnehmbarer Prothesen.

Expertenstandard

Mundgesundheit ist pflegerische Aufgabe

Für die Erarbeitung des im Frühjahr finalisierten Expertenstandards waren sowohl Expertinnen und Experten aus der Pflege als auch aus der Zahnmedizin beteiligt – unter anderem Dr. Elmar Ludwig für die Bundeszahnärztekammer.

Das Ziel dieser gemeinsamen Kooperation bestand darin, für die große Bedeutung des Themas Mundgesundheit in inter professioneller Verantwortung zu sensibilisieren und aktuelles, handlungsleitendes Wissen für eine den individuellen Bedarfen angepasste und sichere Pflege zur Verfügung zu stellen.

Weitere Informationen unter: www.dnqp.de

Dieser Artikel ist unter dem Originaltitel: „Digital, dynamisch und dreidimensional aufgezeigt: So geht Mundhygiene in der Pflege“ in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 09/2023 erschienen.

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