Praxiseinrichtung 18.04.2017

Strahlenschutz in der Zahnarztpraxis



Strahlenschutz in der Zahnarztpraxis

Foto: Tyler Olson – shutterstock.com

Eine moderne Zahnmedizin ist ohne bildgebende Verfahren nicht möglich. Demzufolge muss dem Strahlenschutz höchste Aufmerksamkeit zukommen.

Panoramaröntgen und andere bildgebende Verfahren sind aus der heutigen Zahnmedizin nicht mehr wegzudenken. Am häufigsten sind intraorale Kleinbildröntgeneinrichtungen, Panoramaröntgen und zunehmend auch digitale Volumentomografieeinrichtungen (DVT) in Verwendung. Daher spielt der Strahlenschutz für Patienten und Personal eine wichtige Rolle. Zu den typischen Fragen, die an den Zahnarzt gerichtet werden, gehören: Was ist eigentlich Röntgenstrahlung? Wie gefährlich ist ein Zahnröntgen? Wie kann ich mich vor negativen Wirkungen von Röntgenstrahlung schützen? Daneben gibt es vonseiten der Behörde gesetzliche Auflagen für die Errichtung und den Betrieb von Röntgeneinrichtungen sowie Dokumentations- und Wartungspflichten, die eingehalten werden müssen. Vorausschauende Planung und spezifische Ausbildung durch verlässliche Partner können den damit verbundenen Zeitaufwand und unnötige Kosten deutlich verringern.

Was bewirkt die Strahlung?

Physikalisch betrachtet ist Röntgenstrahlung eine elektromagnetische Wellenstrahlung mit hoher Energie und somit von großer Durchdringungsfähigkeit. Die Strahlungsenergie reicht aus, um bei Wechselwirkung mit Molekülen zu chemischen Veränderungen zu führen – man spricht daher von ionisierender Strahlung. Diese Veränderungen können in lebenden Zellen z. B. Membranen oder andere Zellstrukturen schädigen, es können auch Biomoleküle wie Enzyme, Proteine oder – am relevantesten für den Strahlenschutz – die DNA als Träger des Erbgutes im Zellkern geschädigt werden. Ein solcher DNA-Schaden kann (wenn auch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit) im schlimmsten Fall der Ausgangspunkt für die Entartung einer Zelle zu einer Krebszelle sein.

Wie funktioniert effektiver Strahlenschutz?

Da jede noch so kleine Strahlendosis von Röntgenstrahlung im Prinzip ausreicht, um eine DNA-Veränderung zu verursachen und damit das Krebsrisiko der betroffenen Person erhöht, gelten im medizinischen Strahlenschutz zwei Grundsätze: Jede Strahlenanwendung muss gerechtfertigt sein; und für jede Anwendung ist das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable) zu berücksichtigen. Für die Rechtfertigung muss der behandelnde Arzt abschätzen, wie hoch der gesundheitliche Nutzen einer Röntgenuntersuchung für den Patienten bei einer bestimmten Indikation ist (z.B. weil eine Erkrankung der Zähne/Kiefer frühzeitig entdeckt werden kann), im Verhältnis zum potenziellen Schaden (Erhöhung des Krebsrisikos) durch die Anwendung ionisierender Strahlung.

Als Maß für die gesundheitliche Schädigung von Menschen durch ionisierende Strahlung wird die Effektivdosis bestimmt. Sie hat die Einheit Sievert, meist als Millisievert (mSv) angegeben, und berücksichtigt die unterschiedliche biologische Wirkung von Strahlenarten (z. B. Röntgen-, Alpha-, Beta-, Gammastrahlung) und die unterschiedliche Empfindlichkeit verschiedener Organe gegenüber ionisierender Strahlung. Um die Effektivdosis für den Patienten möglichst klein zu halten, sind optimale patientenspezifische Geräteeinstellungen, das Vermeiden unnötiger Aufnahmen (Bildqualität) und stets die Verwendung von geeigneter Schutzausrüstung (z. B. Strahlenschutzweste, Strahlenschutzschild) als wichtige Maßnahmen einzuhalten. Befindet sich das ausführende Personal während der Röntgenaufnahme im Strahlenbereich, stellt das Tragen von Strahlenschutzwesten eine sehr effektive Schutzmaßnahme zur Minimierung der Strahlenexposition dar.

Wie hoch ist die Strahlendosis?

Wie hoch ist denn nun die Strahlendosis, die ein Patient bei einer Zahnaufnahme erhält? Die gute Nachricht zuerst: Im Vergleich zu Röntgenuntersuchungen des Thorax sind die typischen Dosen meist gering. Eine genaue Dosisabschätzung lässt sich nur unter Verwendung verschiedener Geräte- und Aufnahmeparameter berechnen, sie hängt auch von der Statur des Patienten ab. Anders als in Deutschland („Strahlenschutzpass“) ist der Zahnarzt in Österreich nicht verpflichtet, dem Patienten eine genaue Dosisangabe für die durchgeführte Untersuchung mitzuteilen. Der Patient hat jedoch das Recht, auf Verlangen alle erforderlichen Informationen für die Berechnung der Dosis zu erhalten. Bei modernen Röntgengeräten werden diese Daten automatisch bei jeder Aufnahme elektronisch aufgezeichnet und gespeichert. Durchschnittliche Dosiswerte für verschiedene diagnostische Methoden an „Standardpatienten“ (erwachsene Personen) sind in der Tabelle zum Vergleich mit den Dosen aus natürlichen Strahlenquellen aufgeführt. Generell ist die Dosis von Untersuchungen bei Kindern höher, weil das durchstrahlte Volumen (wegen des im Verhältnis zum Körper großen Kopfes) einen höheren Anteil des gesamten Körpers ausmacht. Dazu haben Kinder aufgrund des wachsenden Organismus eine höhere Strahlenempfindlichkeit. Gute Gründe, um die Indikation und korrekte Geräteeinstellung für Röntgenaufnahmen bei Kindern besonders sorgsam zu prüfen!

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass für die Untersuchung einzelner Zähne das intraorale Kleinbildröntgen noch immer die dosissparende Untersuchungsmethode darstellt. Eine Panoramaröntgenaufnahme des gesamten Gebisses verursacht eine ca. 13-fach höhere Dosis. Die durchschnittliche Effektivdosis beträgt ca. 0,04 mSv, das entspricht ungefähr der Strahlenexposition, der man sich durch kosmische Strahlung auf einem Flug von Wien nach New York aussetzt.

In Österreich beträgt die Effektivdosis aus natürlichen Strahlenquellen (Inhalation von Radon, Exposition durch natürliche radioaktive Stoffe im Boden, in Nahrungsmitteln etc.) im Durchschnitt pro Jahr 2,8 mSv, dies entspricht ungefähr der Dosis, der ein Erwachsener durch eine einmalige Computertomografie-Untersuchung des Kopfes ausgesetzt ist.

Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Die effektive Dosis wird auch für die Festlegung von Grenzwerten herangezogen. In Österreich dürfen beruflich strahlenexponierte Personen (z. B. Angestellte, die Röntgeneinrichtungen bedienen) nicht mehr als 20 mSv pro Jahr an Effektivdosis durch ihre Tätigkeit aufnehmen. Personen der Allgemeinbevölkerung (z. B. der Nachbar, dessen Wohnzimmer an den Röntgenuntersuchungsraum Ihrer Praxis angrenzt) dürfen durch technische Anwendungen ionisierender Strahlung pro Jahr im Ausmaß von maximal 1 mSv exponiert werden.

Die österreichischen Behörden sind verpflichtet, die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen und zu kontrollieren. Deshalb muss jede Strahlenanwendung (z. B. der Betrieb von Röntgenanlagen) vor Inbetriebnahme bewilligt werden. Später gibt es ca. alle vier Jahre eine behördliche Überprüfung nach §17 des Strahlenschutzgesetzes. Der Bewilligungsinhaber muss die entsprechende Sachkenntnis im Strahlenschutz durch eine gesetzlich vorgeschriebene Ausbildung nachweisen. Diese Strahlenschutzausbildung muss alle fünf Jahre durch Besuch von Fortbildungsveranstaltungen nachweislich aufgefrischt werden.

Wer kann Hilfestellung bieten?

Wenn Sie nun Fragen zu diesen Themen haben: Natürlich stehen Ihnen Ihre zuständigen Strahlenschutzsachverständigen der jeweiligen Bundesländer sowie das Gesundheitsministerium für medizinische Anliegen mit Rat und Tat zur Seite. Umfassenden Service zu allen Strahlenschutzthemen wie Ausbildungen zum Strahlenschutzbeauftragten, diverse Fortbildungen, Strahlenschutzgutachten und Dosimeter bietet auch die Seibersdorf Labor GmbH. Für Informationen kontaktieren Sie uns oder besuchen Sie unsere Website https://seibersdorf-laboratories.at.

Dieser Artikel ist in der Dental Tribune Austria 3/17 erschienen.

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