Recht 04.11.2025
Können Emojis eine rechtsverbindliche Erklärung darstellen?
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Hierüber hatte das OLG München in zweiter Instanz zu entscheiden. Dem Streit lag der Kaufvertrag über einen Ferrari Typ SF90 Stradale zugrunde. Der Verkäufer kam mit der Lieferung in Verzug und nun ging es um die Frage, ob sich der Käufer mit der Verlängerung der Lieferfrist einverstanden erklärt habe. Die Kommunikation zwischen Käufer und Verkäufer lief über einen Chat, in dem Emojis verwendet worden sind.
Übereinstimmende Willenserklärungen
Eine rechtlich bindende Vereinbarung wie beispielweise ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Dabei ist eine Willenserklärung nicht immer an Formvoraussetzungen gebunden. Eine Willenserklärung kann auch konkludent erklärt werden, also durch entsprechendes Handeln. Setzt sich ein Patient in den Behandlungsstuhl, um sich behandeln zu lassen, hat er dem Behandlungsvertrag zugestimmt.
Auslegung einer Willenserklärung
Wird es später streitig, ob wirklich eine Willenserklärung abgegeben werden sollte, wird diese Erklärung ausgelegt, indem die Gesamtsituation in den Blick genommen wird. Im Rahmen dieser Auslegung können auch Emojis eine Rolle spielen.
Das hat das OLG München in seinem Urteil vom 11.11.2024 (Az. 19 U 200/24) bestätigt: „Eine Willenserklärung kann auch mittels Zeichen kundgetan werden, d. h. auch durch digitale Piktogramme – wie Emojis. Ob der Verwender von Emojis einen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck bringen oder lediglich seine Stimmungs- oder Gefühlslage mitteilen möchte, ist eine Frage der Auslegung.“
Emoji im Kontext
Das OLG München arbeitete heraus, dass nicht nur das Emoji betrachtet werden muss, sondern auch der Kontext, in dem es verwendet wurde. Dabei hätten einzelne Emojis deutlichere Aussagekraft als andere:
„Zwar signalisiert das sog. 👍-Emoji was dem Beklagten zuzugeben ist – laut der oben angegebenen Emoji-Lexika und in Übereinstimmung mit dem überwiegenden Verständnis dieser Geste bei physischer Verwendung regelmäßig Zustimmung, Einverständnis oder Anerkennung.“
In dem Chatverlauf hatte der Käufer ein solches 👍- Emoji verwendet. Dieses bezog sich allerdings gerade nicht auf die Frage der Lieferfristverlängerung, half also bei der Auslegung nicht weiter.
Ausgewertet werden musste auch der Einsatz des 😁-Emoji. Dieses hält das OLG München schon für nicht aussagekräftig genug:
„Das sog. 😁-Emoji hat in der Regel schon keine eindeutige Bedeutung. Es vermittelt laut Emoji-Lexika oftmals allgemeine Freude, Glücksgefühle, eine warme, positive Stimmung oder gutmütige Belustigung, kann aber auch Stolz oder Aufregung vermitteln.“
Auch das 😬-Emoji stellt keine Zustimmung als Reaktion auf die Nachricht des Verkäufers – „Der SF 90 Stradale rutscht leider auf erstes Halbjahr 2022.“ – dar:
„Ausgehend von seiner in den gebräuchlichen Emoji-Lexika Emojipedia (https://emojipedia.org/de/grimassen-schneidendes-gesicht [abgerufen: 11.11.2024]) und Emojiterra (https://emojiterra.com/de/grimassen-schneidender-smiley [abgerufen: 11.11.2024]) angegebenen Bedeutung stellt das sog. 😬-Emoji (Unicode: U+1F62C) grundsätzlich negative oder gespannte Emotionen dar, besonders Nervosität, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit.“
Vorsicht wegen unterschiedlicher Auslegungsmöglichkeiten
Schließlich warnte das Gericht bezüglich einer unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeit von Emojis: