Praxismanagement 30.04.2024
Optimiertes Honorarmanagement in der Endo-Praxis
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Die wirtschaftliche und gleichzeitig hochwertige Behandlung gesetzlich versicherter Patienten in der endodontischen Schwerpunktpraxis stellt Teams immer wieder vor Herausforderungen. Dabei ergeben sich vielfältige Ansatzpunkte für ein optimiertes Honorarmanagement.
Endo zahlt die Kasse – oder?
Die Frage, ob „Kasse“ oder „Privat“ ist insbesondere bei Molaren und Revisionsbehandlungen von Bedeutung. Im Vorfeld der Behandlung ist anhand der klinischen Situation zu klären, ob die Behandlung den Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Versorgung entspricht und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden kann. Ist ein Molar betroffen, sind folgende Fragen zu klären:
- kann mit der Behandlung eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden?
- kann eine einseitige Freiendsituation vermieden werden?
- oder wird der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz ermöglicht?
Kann eine (oder mehrere) dieser Fragen mit ja beantwortet werden, ist die Behandlung nach BEMA abrechenbar.
Die Richtlinie B. III. 9.1 nennt weitere Faktoren, die über eine Abrechnung zu Lasten der GKV entscheiden. So müssen alle Kanäle bis bzw. bis nahe der Wurzelspitze (apikale Konstriktion bzw. 9/10-Regel) aufbereitet und abgefüllt werden können. Ist absehbar, dass ein oder mehrere Kanäle nicht komplett aufbereitet werden können (weil z.B. anatomische Besonderheiten dies verhindern), ist die gesamte Behandlung am betroffenen Zahn privat nach GOZ mit dem Patienten zu vereinbaren. Weiterhin sind Revisionsbehandlungen nur als Kassenleistung abrechenbar, wenn sich die vorhandenen Wurzelfüllung im Röntgenbild als nicht randständig oder undicht (z.B. Spaltenbildung) darstellt und die oben genannten Kriterien für die Molarenbehandlung erfüllt sind. Insuffiziente Wurzelfüllungen aufgrund unzureichender Abfüllung bis zur Wurzelspitze können nicht zu Lasten der GKV revidiert werden, sondern sollten primär durch eine Wurzelspitzenresektion versorgt werden. Wünscht der Patient dies nicht, kann die Revisionsbehandlung als Alternative privat vereinbart werden.
Honorarpotenzial durch Zusatzleistungen beim Kassenpatienten
Das Potenzial für privat zu vereinbarende Leistungen neben einer kassenrechtlich abgedeckten Wurzelkanalbehandlung ist gegeben, aber durch das Zuzahlungsverbot eingeschränkt. Dies besagt, dass nicht einzelne Leistungen oder Behandlungsabschnitte aus der Behandlungsabfolge herausgelöst und privat vereinbart werde können. Fällt die Behandlung unter das Kassenrecht, sind alle zum Zielkomplex gehörenden Leistungen (wie die Trepanation, Aufbereitung oder Wurzelfüllung) über die jeweiligen BEMA-Positionen abzurechnen. Somit ergeben sich für Kassenpatienten zwei grundlegende Vorgehensweisen:
- Abrechnung der Endodontie-Positionen nach BEMA plus ggf. Zusatzleistungen nach GOZ oder
- Herauslösen der gesamten Behandlung aus der GKV und Berechnung nach GOZ
Grundsätzlich dürfen mit dem Kassenpatienten Zusatzleistungen vereinbart werden, die nicht im BEMA hinterlegt sind und nicht Teil einer anderen BEMA-Leistung sind. Berechnungsgrundlage ist die GOZ bzw. die Möglichkeit der Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ. Folgende beispielhafte Leistungen sind denkbar:
Sonderfall Zuschläge und Material
Die Berechnung der Zuschläge nach 0110 sowie 0120 für die Anwendung eines OP-Mikroskops bzw. Lasers sind als Zusatzleistung neben der BEMA nicht möglich. Sie können nur im Rahmen der Herauslösung der Wurzelkanalbehandlung neben den GOZ-Positionen berechnet werden. Gleiches gilt für die Berechnung von einmal verwendbaren Nickel-Titan-Feilen. Für die rechtgültige Vereinbarung von Privatleistungen mit GKV-Patienten ist zwingend schriftlich eine Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z zu treffen. Dies löst die vereinbarte Behandlung aus der gesetzlichen Versicherung heraus und macht den Kassenpatienten in diesem speziellen Fall zum Privatpatienten
Vergütungspotenzial ausschöpfen mit Begründungsmanagement und Vereinbarung der Vergütungshöhe
Nicht nur werden eine Vielzahl von GOZ-Positionen schlechter vergütet als das entsprechende Pendant in der BEMA; wissenschaftlicher Fortschritt oder innovative Technologien und Materialien kann durch die GOZ 2012 nicht vollumfänglich dargestellt werden. Die Lösung stellt zum einen die oben bereits dargestellte Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ dar. Mit Hilfe der Analogie können neuen Leistungen definiert werden, die bislang nicht Einzug als eigenständige Leistungsposition in die GOZ gefunden haben.
Um die Gebührenhöhe an die individuellen Gegebenheiten des Behandlungsfalls anzupassen, kann der Steigerungsfaktor im Rahmen 2,3 bis 3,5 erhöht werden. Faktorerhöhungen sind möglich bei Schwierigkeit, Zeitaufwand sowie sonstigen Umständen bei der Erbringung der Leistung und bedürfen einer auf den individuellen Patientenfall abgestimmten Begründung. Damit im Nachgang der Behandlung die zur Steigerung führenden Faktoren berücksichtigt werden können, bedarf es einer vorausschauenden Dokumentation.
In vielen Fällen reicht eine Erhöhung auf den 3,5-fachen Faktor nicht aus, um BEMA-Niveau zu erreichen bzw. die aufgewendete Zeit und Ressourcen gebührend zu honorieren. Eine Erhöhung über den 3,5-fachen Gebührensatz bietet Vorteile. Zum Beispiel entfällt die Begründungspflicht. Zur Erleichterung der Erstattung kann eine Begründung für den Patienten auf der Rechnung aber von Vorteil sein. Honorarvereinbarungen nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ sind Behandlungsbeginn schriftlich mit dem Patienten zu treffen. Um späteren Rückfragen oder Unstimmigkeiten bei der Rechnungslegung und Erstattung durch Kostenstellen vorzubeugen, empfiehlt sich ein schriftlicher oder mündlicher Hinweis auf eventuelle Erstattungsbeschränkungen bei erhöhten Steigerungssätzen und Honorarvereinbarungen.
Neben den patientenindividuellen Faktoren ist bei der Honorargestaltung der praxisindividuelle Stundensatz pro Behandler von großer Wichtigkeit. Der Spezialisierungsgrad sollte sich in der Honorarkalkulation niederschlagen. Verlässliche Zahlen zur Ermittlung des eigenen Stundensatzes erhält man aus den Zahlen der Buchhaltung, insb. die BWA ist von Bedeutung.
Dieser Beitrag ist im EJ Endodontie Journal 2/24 erschienen.