Praxismanagement 21.02.2011

Ist der Praxiserfolg vom Praxisstandort abhängig?

Ist der Praxiserfolg vom  Praxisstandort abhängig?

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Bei unseren zahlreichen Kontakten mit Zahnarztpraxen begegnen uns viele, die sich zwar einerseits einen noch größeren wirtschaftlichen Erfolg wünschen, andererseits aber überzeugt sind, dass beispielsweise die Erhöhung des Privatanteils in ihrer Region nicht möglich sei. Die Ursache liege in der Bevölkerungs- bzw. Infrastruktur; insbesondere an ihrem Standort seien die Patienten nicht bereit, hohe Zuzahlungen zu leisten.

Die Ursache für ausbleibenden wirtschaftlichen Erfolg ist aber nach den Erfahrungen der Autoren in erster Linie der Person des Praxisinhabers und dem fehlenden bzw. ungeeigneten Marketingkonzept zuzuschreiben. Leider gibt es hierzu noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen. Die Autoren versuchen deshalb, ihre Erfahrungen in Form eines Fallbeispieles darzustellen.

Die Praxisentwicklung und der Praxiserfolg hängen nach Auffassung der Autoren vom zahnmedizinischen Konzept, von der Marketingstrategie und vom Mana­gement ab. Die Region spielt dabei ledig­lich eine untergeordnete Rolle. Am Beispiel der Praxis UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft Dr. Helmut Uerlich & Dr. Silke Dörner wird die Entwicklung einer kleinen Landpraxis zur Marke in der Region dargestellt. Neben stetiger zahnmedizinischer Weiterbildung stehen dabei die Teamentwicklung und das Gesamtkonzept im Fokus der Praxisleitung. Alle Marketingaktivitäten der Praxis UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft erfüllen die Vorgaben der acht Grundpfeiler des zahnärztlichen Marketings nach Sander (vgl. ZWP 9/ 2010, S. 10–13).

Praxis UERLICH – wirtschaftliches Umfeld

Seit fast 20 Jahren betreibt Dr. Helmut Uerlich eine Zahnarztpraxis in der Gemeinde Ovelgönne im Landkreis Wesermarsch an der Weser im Mündungsbereich zur Nordsee. Die Gemeinde Ovelgönne ist eine Flächengemeinde mit ca. 6.000 Einwohnern in einer ländlichen, landwirtschaftlich geprägten Region. Die Kaufkraft ist im Vergleich zum Bundesmittel unterdurchschnittlich, der Landstrich gilt als strukturschwach. Von 1990 bis 1999 fanden immer mehr Patienten den Weg in die Zahnarztpraxis, die Praxis war jeweils für die nächs­ten zwei bis drei Monate ausgebucht, erzielte aber immer weniger Gewinn, da ausschließlich Kassenleistungen angeboten wurden. Die Situation wurde als unangenehm und bedrückend empfunden.

Praxis UERLICH – Weiterentwicklung

Mit der Überzeugung, dass sich eine Praxis nur weiterentwickeln kann, wenn sich zunächst die Chefs fachlich und vor allem auch persönlich weiterentwickeln, hat sich Dr. Uerlich dann ab 2000 auf den Weg gemacht, sein Praxisteam und sich selbst sowohl fachlich als auch persönlich stetig weiterzubilden. Ein Team mit Zielen zu führen, die Zielerreichung anhand von Zahlen zu kontrollieren, Stundensätze zu kalkulieren und eine BWA regelmäßig zu lesen, daraus Schlüsse zu ziehen und danach zu handeln waren wichtige Module der Weiterbildungen. Dr. Uerlich und seine Frau, die als Praxismanagerin in der Praxis arbeitet (und Mitautorin dieses Artikels), haben zunächst gemeinsam gelernt, sich kritisch hinterfragen zu lassen und daraus neue Impulse zu gewinnen. Doch auch die Helferinnen wurden auf diesem Weg mitgenommen: alle Mitarbeiterinnen in der Praxis UERLICH wurden zu Patientenberaterinnen ausgebildet. Für den Praxisablauf bedeutet das, dass die 01 und der Therapieplan vom Zahnarzt gemacht werden; die Prophylaxeberatung, die
Erläuterung der unterschiedlichen Füllungsmaterialien und die Aufklärung über die zu erwartenden Kosten für den Patienten übernehmen die dafür in Kommunikation speziell ausgebildeten Mitarbeiterinnen.

Marketingstrategien – Sie sind gut, warum sagen Sie es keinem?

Seit September 2005 betreibt die Praxis UERLICH bewusstes strategisches Mar­keting auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Ziel der individuell entwickelten verschiedenen Werbeaktivitäten war die Erhöhung der Patientenanzahl, da ab Mitte 2006 Dr. Silke Dörner als Partnerin in die Praxis integriert werden sollte. Die Gestaltung einer Imagebroschüre 2005 war dabei ein wichtiger Meilenstein. Neben der Darstellung der Praxisleistung bildet die Vorstellung des Teams einen weiteren wichtigen Schwerpunkt der Broschüre. Die Praxis UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft besteht nicht nur aus den behandelnden Ärzten, sondern jedes einzelne Teammitglied identifiziert sich mit der Praxis und ist für deren Bestand und Weiterentwicklung von Bedeutung. Für den größten Erfolg der aktiven Patientenakquisition sorgen regelmäßige Artikel in einer kostenlosen Sonntagszeitung, die in der Region jeden Haushalt erreicht. Über diese halbseitigen Zeitungsanzeigen wurden die Zahnärzte und damit die Praxis in der Außenwahrnehmung zu Spezialisten. Die Anzeigen sind immer gleich aufgebaut. Der größere, redaktionelle Teil liefert populärwissenschaftlich aufbereitete Informationen zu zahnmedizinischen Themen und Leistungen, die in der Praxis angeboten werden, wie Endodontie mithilfe eines Operationsmikroskops, Herstellung von Inlays und Kronen mit CAD/CAM-Verfahren (CEREC) und auch SOLO-Prophylaxe. Der kleinere Teil zeigt ein metaphorisches Bild (Beispiel: Autowaschanlage bei einer Anzeige für die professionelle Zahnreinigung), das Logo der Praxis und auch immer einen Coupon.

Aus vielen Gesprächen, An­fragen und von Neupatienten weiß die Pra­xisleitung, dass die Anzeigen auf große Resonanz in der Bevölkerung stoßen. Motivierte und interessierte Leser schneiden den Coupon aus, senden ihn an die Praxis und bekommen da­raufhin ein individuelles Anschreiben, einen Anamnesebogen, die Praxisbroschüre und weitere Informationen zu dem jeweiligen Thema. Hierfür wurden spezielle Flyer entwickelt, die noch detaillierter auf die speziellen Leistungen der Praxis eingehen. Der interessierte „Noch-nicht-Patient“ hat nun die Möglichkeit, sich in aller Ruhe zu Hause ein Bild von der Praxis zu machen. Die Internetseite wird in der Regel noch als weitere Informationsquelle hinzugezogen. Nach der Ver­öffentlichung eines Artikels wird die Internetseite vermehrt besucht.

Vertrauen als Basis des Marketings

Viele der Neupatienten beobachten die Praxis UERLICH schon seit Jahren und haben die in regelmäßigen Abständen erscheinenden Artikel gelesen und teilweise auch aufbewahrt. Die Motivation, Patient in der Praxis zu werden, ist vielfältig und basiert nicht nur auf den Werbeaktivitäten, sondern ist vielmehr eine Kombination aus Empfehlung durch bereits vorhandene Patienten, die Präsenz in den Medien, der Internetseite, dem serviceorientierten Team und eben den Webeaktivitäten. Dabei wird der Wunsch der Ärzte und des gesamten Teams stets deutlich, spezielle Leistungen anzubieten und die Patienten für die Praxis zu begeistern. Die sogenannten weichen Faktoren wie Service, Öffnungszeiten, Freundlichkeit und eine geschulte Kommunikation spielen eine besondere Rolle. Da alle Mitarbeiterinnen zu zertifizierten Patientenberaterinnen ausgebildet sind, kommunizieren sie professionell. Verschiedene Sinne anzusprechen, mit dem Patienten „Rapport“ (Psychologie: Bezogenheit zwischen Menschen) her­zustellen und die Vermeidung von so-genannten „Nicht-Wörtern“ sind einige wichtige Bestandteile eines erfolgreichen Beratungsgespräches.

Der aufgeklärte und zufriedene Patient ist in Kombination mit den Marketingaktivitäten der beste Werbeträger. Das Konzept der Praxis UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft beschert der Praxis im Durchschnitt 40 bis 50 Neupatienten pro Monat. Die Möglichkeit, hinter die Kulissen einer Zahnarztpraxis zu schauen, hat die Praxis vielen interessierten Menschen Anfang Oktober 2009 geboten.

Die Teilnahme der Praxis an einer Messe „Lebensart“ brachte ebenfalls viel positives Feedback. Außerdem konnte in den letzten Jahren eine 20-prozentige Umsatzsteigerung pro Patient erreicht werden (vgl. auch Sander: „20 Prozent mehr Umsatz durch Marketing“ in ZWP 6/2010, S. 10-12).

Die nächsten Schritte

Die Erfolge bei den Marketingaktivitäten haben die Praxis im November 2009 den nächsten Schritt wagen lassen. Die Praxis UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft hat sich in den letzten Jahren zu einer Marke in der Wesermarsch entwickelt, sodass die Anzahl der Behandlungszimmer von vier auf sieben erweitert werden konnte. Neue Räumlichkeiten wurden Dres. Uerlich und Dörner in der zehn Kilometer entfernten Kreisstadt Brake am St. Bernhard Hospital angeboten. Ein Kompetenzzentrum für Gesundheit und Familie ist dort gebaut worden, und die Praxis ist mit sechs weiteren Arztpraxen in das neue Gebäude eingezogen. Das Einzugsgebiet von UERLICH Zahnärzte in Partnerschaft umfasst jetzt einen Radius von etwa 50 km.

Die regelmäßigen Patientenvorträge der Ärzte, die sowohl in den eigenen Praxisräumen als auch im Rahmen eines Vortragszyklus des Gesundheitszentrums St. Bernhard Hospital gehalten werden, gehören ebenfalls zu dem sich immer weiter entwickelnden Marketingkonzept der Praxis.

Autoren: Prof. Dr. Thomas Sander, Ahlke Cornelius-Uerlich

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