Praxismanagement 28.02.2011
Zahlungseingang sichern heißt auch Existenz sichern
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Kunden bestellen Waren, lassen Handwerksleistungen oder Reparaturen ausführen und können hinterher nicht zahlen – ein alltägliches Bild in vielen Unternehmen und quer durch alle Branchen. Auch viele Zahnärzte kämpfen inzwischen regelmäßig damit, nicht auf Rechnungen zu ausgeführten, jedoch nicht bezahlten Behandlungen sitzen zu bleiben. Müssen (und dürfen) Zahnärzte ihren Kunden bzgl. ihrer Bonität zukünftig also stärker „auf den Zahn fühlen“?
Über die grundsätzliche Zahlungsmoral in Deutschland scheiden sich die Geister: Geht aus der Frühjahrsumfrage des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen noch hervor, dass die Zahlungsmoral in Deutschland gesunken ist, stellt die Creditreform im Juni fest, dass 2010 Rechnungen sogar pünktlicher bezahlt werden als noch im vergangenen Jahr 2009. Eines jedenfalls steht fest: Zahlungsausfälle kosten Zahnarztpraxen enorm viel Geld und, wenn auch nicht gleich die Existenz bedroht ist, wie in manchen anderen Branchen, mindestens ebenso viel Zeit und Nerven. Die Zahl der Patienten, die (zu)zahlungspflichtige Behandlungen zwar in Anspruch nehmen, dann aber nicht bezahlen (können), steigt stetig.
Leistung auf Vertrauen?
Erhalten Patienten beim Zahnarzt auf Wunsch mehr als die Standardbehandlung, einen hochwertigeren Zahnersatz oder auch „nur“ eine professionelle Zahnreinigung, müssen sie diese Zusatzleistungen selbst bezahlen. Auch wenn Patienten vorab durch eine ausführliche Info und/ oder einen Kostenvoranschlag vom Zahnarzt in Kenntnis gesetzt werden und wissen, wie hoch ihr Eigenanteil ist, bleibt oft der Schock beim Eintreffen der Rechnung nicht aus. Wer soll das bezahlen?
Sich einen Zahnarzt seines Vertrauens zu suchen, ist für Patienten selbstverständlich – schließlich hat man ja die Wahl und das Recht dazu. Und genau diese Vertrauensbasis zwischen Patient und Arzt ist es, die sowohl Entscheidungen erleichtert als auch oft den Heilungserfolg verbessert. Noch ist dieses Vertrauen meist auf beiden Seiten vorhanden: Der Patient geht davon aus, dass der Zahnarzt sein Handwerk versteht, ihn gut berät und dann auch behandelt. Der Zahnarzt geht wiederum davon aus, dass der Patient die geforderten Zusatzleistungen auch bezahlt. Wird dieses Vertrauen jedoch öfters missbraucht, werden Zahnärzte zukünftig noch besser überlegen, welche kostspieligen Zahnbehandlungen sie bei welchem Patienten durchführen. So kann nicht nur eine Zahnbehandlung unangenehm werden, sondern vielleicht auch die Aussicht auf Kontrolle
der Bonität.
Vorzeichen erkennen
Außenstände wirken sich unmittelbar auf die Ertragssituation einer Praxis aus. Nicht unterstellt werden soll dabei den Patienten eine Absicht. Schnell kann durch besondere Umstände eine hohe Zahnarztrechnung zu einem Problem werden. Warten Patienten unter Umständen selbst auf ihren Lohn, kann ein Dominoeffekt dafür sorgen, dass auch Zahnärzte nicht in der Lage sind, offene Rechnungen z.B. gegenüber einem Labor fristgerecht zu bezahlen. Müssen Praxen vielleicht sogar endgültig mehrere Prozent ihres Jahresumsatzes abschreiben, hat dies oft schlimme Folgen. Doch wie lassen sich Zahlungseingänge sichern und damit auch die eigene Liquidität bis hin zur persönlichen Existenz? Oftmals gibt es kritische Vorzeichen, die viele Zahnärzte jedoch nicht erkennen (wollen):
– Verändertes Zahlungsverhalten: Früher wurden Rechnungen sofort bezahlt – auf
einmal dauert es länger und länger.
– Man hört die Standardausreden des Patienten.
– Die gemachte Zusage auf einen Zahlungstermin wird nicht oder unpünktlich
eingehalten.
– Man muss öfters anrufen und auf offene Rechnungen hinweisen.
– Der Patient ist komischerweise nicht (mehr) persönlich zu sprechen.
– Auf Anrufe/Mailbox wird nicht reagiert und es gibt keine Rückrufe (mehr).
Professionell mahnen
Patientenbegeisterung hilft grundsätzlich dabei, die Zahlungsmoral hochzuhalten. Wer in guten Zeiten aus seinen Patienten Fans gemacht hat, wird auch in schwierigen Zeiten auf eine offene Kommunikation bauen können. Allerdings sollten Zahnärzte, die bei der Patientenbegeisterung bereits Weltmeister in Kleinigkeiten sind, dieses Wissen auch im Hinblick auf Zahlungseingänge nutzen – hier ein paar umsetzbare Tipps:
– Zahlungsziele konsequent setzen und ebenso konsequent überwachen.
– Mehr kommunizieren: Den Engpass am besten offen und persönlich mit dem
Patienten besprechen.
– Rechnungsstellung etc. schneller angehen – vieles dauert einfach zu lange.
– Kriterien erarbeiten, um Patienten kritisch(er) zu beurteilen.
– Keine RISIKO-Behandlungen (was den finanziellen Hintergrund anbelangt). Im
Zweifelsfall lieber einmal öfter verzichten. Widerstehen Sie der Verlockung auf das
vermeintlich gute Geschäft.
– Im Vorfeld von Zahnarzt zu Patient konsequente Vorgehensweise vermitteln.
– Professionelles Debitoren-Management und klares Schema für eine Risikobewertung.
– Dem Patienten kürzere Zahlungsziele mit Skonto schmackhaft machen, ja
regelrecht „versüßen“.
– Eindeutige Verantwortlichkeiten festlegen, Patienten also jeweils EINEM
Mitarbeiter zuordnen.
– Klare Verhaltensregeln festlegen und vielleicht auch einmal mit den Zahnarzt-
helferinnen üben: Umgang mit Patienten, Verhalten an der Info, wenn Patienten
keine Zusatzleistungen in Anspruch nehmen dürfen.
– Um das Verhältnis im Hinblick auf eine zukünftige Behandlung nicht weiter zu belasten,
sollten Patientengespräche zum Thema Inkasso NICHT unbedingt vom Zahnarzt
geführt werden.
– Das telefonische Mahnwesen ist die effektivste Form des Mahnens – vorausgesetzt
die Mitarbeiter sind entsprechend geschult und haben trainiert.
Solange es Menschen und unsere Wirtschaft gibt, wird es immer auch offene Rechnungen, vorübergehende Liquiditätsengpässe und unterschiedliche Zahlungsmoral geben. Es kommt nur darauf an, wie die betroffenen Parteien damit umgehen. Schuldner sollten derartige Engpässe ebenso offen kommunizieren, wie Gläubiger daran Interesse haben, eine gute Lösung (z.B. gesicherte Ratenzahlung) für beide Seiten zu finden. Patientenbegeisterung fängt idealerweise beim ersten Kontakt an, bewährt sich jedoch oft erst in kritischen Situationen und wie man in solchen miteinander umgeht. Dann lassen sich gemeinsam nicht nur die Liquidität, sondern auch Existenzen sichern.
Autor: Ralf R. Strupat