Praxismanagement 06.12.2012

Motivation auf gleicher Hierarchieebene



Motivation auf gleicher Hierarchieebene

Foto: © Sergey Nivens - Fotolia.com

Wie Kolleginnen zu besseren Leistungen motiviert werden können, zeigt Dr. Wolfgang Schmehl.

Wie der Kieferorthopäde sich selbst und seine Mitarbeiterinnen motiviert – dazu gibt es zahlreiche Tipps. Was aber, wenn eine Mitarbeiterin die Kollegin zu besseren Leistungen motivieren will? Weil sie zwar nicht offiziell, aber de facto im Team eine führende Rolle innehat? Oder weil sie sich verantwortlich fühlt für bessere Ergebnisse in der Patientenkommunikation? Aufgabe des Kieferorthopäden ist es, ein Betriebsklima und ei­ne Arbeitsatmosphäre herzustellen, in der leistungsbereite Mitarbeiterinnen die Möglichkeit nutzen können, ande­re mitzuziehen und anzustacheln. Denn so steigert er nicht nur die Arbeitsproduktivität – nein: Er sorgt zugleich für seine eigene Entlastung und reduziert seinen Stressfaktor. Bei der Motivation „unter seinesgleichen“ gelten andere Regeln als bei der Motivation durch ei­ne Führungskraft. Denn bei der Motivationsarbeit auf derselben Hierarchieebene kommt es häu­fig vor, dass sich die Kollegin bevormundet glaubt – insbesondere dann, wenn es um Veränderungen auf der Verhaltensebene geht. Wenn eine Kollegin z.B. beobachtet, die anderen Praxismitarbeiterinnen agierten zu lustlos, und sie zu besseren Leistungen anstacheln will, wird die „Motivatorin“ schnell als jemand wahrgenommen, der sich auf Kosten der anderen profilieren möchte und sich ein Recht anmaßt, das er nicht hat. Es ist mithin Vorsicht geboten, damit die gute Absicht nicht zu Negativergebnissen führt.

Mit produktivem Feedback motivieren

Nehmen wir an, die Praxismit­arbeiterin Karin Schmidt agiert im Team formal als Gleiche unter Gleichen – und trotzdem an etwas hervorgehobener Position. Jeder weiß, sie ist eine Leistungsträgerin und nicht zuletzt deshalb „die rechte Hand“ des Kieferorthopäden. Er erwartet von ihr, dass sie die Initiative ergreift und Verantwortung übernimmt. Wenn sie nun klare Anzeichen dafür hat, dass die Kolleginnen durchaus in der Lage wären, bessere Leistungen zu bringen, bespricht sie dies am besten zunächst einmal mit dem Kieferorthopäden. Denn eigentlich ist die Motivationsarbeit eine Aufgabe der Führungskraft. Falls sich der Kieferorthopäde jedoch dazu entschließt, die Motivationsarbeit zu delegieren, muss er dem Team den „Schmidt-Status“ verdeutlichen und klarstellen, dass die rechte Hand das Recht und die Legitimation hat, das heikle Motivationsthema anzusprechen. Zudem diskutiert er mit der Leistungsträgerin aus, wie weit deren Befugnisse gehen. Trotz dieser Legitimation ist es ratsam, dass Karin Schmidt mit Fingerspitzengefühl und Sensibilität vorgeht, um in der Beziehung zu den Kolleginnen nicht unnötig Porzellan zu zerschlagen. So ist es zum Beispiel klug, wenn sie betont, ein produktives Feedback vor allem in fachlicher Hinsicht geben zu wollen. So verdeutlicht sie den anderen Praxismitarbeiterinnen: „Es geht mir darum, euch dabei zu unterstützen, erfolgreicher zu arbeiten und bessere Ergebnisse zu erzielen.“ Zu den Selbstverständlichkeiten der Kolleginnenmotivation gehört es, sich ein deutliches Bild von der Situation zu verschaffen und den Gründen, warum z.B. bei der Kollegin im Empfangsbereich „Potenzial nach oben“ vorhanden ist, auf die Spur zu kommen. Karin Schmidts Motiva­tionsarbeit führt nur dann zu den erwünschten Resultaten, wenn sie den individuellen Ursachen bei jeder Kollegin mit individu­ellen Hilfsmaßnahmen begegnen kann. Die Kolleginnen müssen spüren, dass sie ihnen helfen will. Ansonsten bauen sie eine Abwehrhaltung auf.

Auf positive Verpackung achten

Motivation unter gleichgestellten Kolleginnen läuft immer Gefahr, als angemaßte Kritik interpretiert zu werden. In unserem Beispiel­-fall sollte Katrin Schmidt prüfen, welche Einstellung eine Kollegin dazu hat. Definiert sie selbst gutmeinte Verbesserungsvorschläge als Versuche, sie bloßzustellen? Wertet sie das Vorgehen als Einmischung oder gar als Angriff? Dann ist größte Vorsicht geboten. Katrin Schmidt sollte ihre Motivationsversuche mit einem ehrlichen Lob verbinden, der Kollegin also zunächst ihre Anerkennung für geleistete Arbeit zollen. Erst dann kommt sie auf etwaige strittige Punkte zu sprechen. Mit anderen Worten: Sie verpackt die Kolleginnenansprache möglichst positiv. Falsch wäre es zu sagen: „Warum läuft in letzter Zeit bei deinen Terminvereinbarungen so viel schief?“ Und das vielleicht auch noch im Kreis der Kolleginnen. Die Angesprochene fühlt sich dann natürlich angegriffen. Konstruktiver ist es, sie auf die Seite zu nehmen und unter vier Augen zu argumentieren: „Mir fällt in letzter Zeit auf, dass du Probleme hast bei <konkrete Situation nennen>. Was hältst du davon, zukünftig <Verbesserungsvorschlag nennen>...?“ Entscheidend ist mithin, mit der Kollegin ins Gespräch zu kommen und dabei zu erfahren, was sie bei der Entfaltung ihrer Leistungspotenziale hemmt, um alsdann anzubieten, gemeinsam auf die Suche nach einer Lösung zu gehen.

Mit Fakten und Sensibilität überzeugen

Motivatorin Schmidt sollte daher darauf achten, bei ihrer Motivationsarbeit nie im Allgemeinen zu verbleiben, sondern ihre Äußerungen auch zu be­legen: Sie benennt also immer den konkreten Grund, der sie veranlasst, als Motivatorin aufzutreten. Sensibilität ist vor allem im sprachlichen Bereich vonnöten. Keineswegs darf der Eindruck entstehen, es gehe um Zurechtweisung oder die Absicht, den Charakter der Kollegin zu beeinflussen. Wichtig ist es, im Gespräch viele Fragen zu stellen, um die Kollegin eventuell zur eigenen Einsicht zu bewegen, etwas ändern zu müssen: „In letzter Zeit lassen wir in unseren Arbeitsergebnissen nach. Woran könnte das deiner Meinung nach liegen? Was kann jeder von uns, auch du und ich, dazu beitragen, dies zu ändern?“

Für gute Vorbereitung sorgen

Katrin Schmidt bereitet ihre Motivationsarbeit intensiv vor. Sie fragt sich, welche Wirkung sie bei einer Kollegin erzielen will und welche Schritte dazu notwendig sind. Überdies berücksichtigt sie dabei die persönliche Beziehung, die sie zu ihr unterhält. Denn wenn das Verhältnis zu der Kolleghin am Empfang ohnehin angespannt ist, wird es schwierig für sie,
erfolgreiche Motivationsarbeit zu leisten. Wenn die Kollegin auf Katrin Schmidts Intervention harsch und unsachlich zu reagieren droht, ist es unbedingt notwendig, sich ganz und gar auf die Faktenebene zu beschränken und sachlich die Folgen darzulegen, die eintreten, wenn es mit der Demotivation so wei­ter­geht. Und eventuell muss doch noch der Kieferorthopäde hinzugezogen werden. Karin Schmidt muss sich zudem mit ihrer Rolle und Auf­ga­be auseinandersetzen und identifizieren. Entscheidend ist, dass sie die Herausforderung annimmt und sich selbstbewusst sagt, nicht ohne Grund mit dieser Aufgabe beauftragt worden zu sein: Der Kieferorthopäde traut es ihr zu, das Team zu motivieren. Das Bewusstsein, all dies nicht zur Profilierung der eigenen Person zu tun, sondern um die Praxis wei­terzuentwickeln, sollte für sie Grund genug sein, in ihren Motivationsbemühungen nicht nachzulassen. Neben den Gesprächen mit dem Kieferorthopäden kann sie sich überdies Hilfe von außen holen: Dazu tauscht sie sich mit Menschen aus, die ähnliche Erfahrungen gesammelt haben.

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